Wo die Wahrheit ruht
anmerken zu lassen. “Sag mir, wenn ich mich irre – es ist schon so lange her –, aber haben sich dort nicht auch ein paar Jugendliche an dem Abend rumgetrieben, als Felicia entführt wurde?”
“Zwei waren es – beides Jungs. Wie üblich bin ich hinter ihnen hergerannt, doch sie haben Angst bekommen und sind geflüchtet, so schnell sie konnten. Kurz darauf hörte ich, wie ein Wagen davonraste.”
“Hast du das damals der Polizei erzählt?”
“Klar, habe ich das. Ich weiß jetzt, worauf du hinauswillst, Matt, aber das bringt nichts. Dein Vater und seine Leute haben das ganze Waldgebiet durchkämmt. Nicht ein einziges Grundstück im gesamten Bezirk wurde ausgelassen. Sie haben nichts gefunden.
Dukes Worte fielen Matt wieder ein.
Man hätte fast glauben können, es läge Gold in diesen Wäldern vergraben.
Nein, Duke, dachte Matt. Nicht Gold. Eine Leiche.
Buzz musterte ihn. “Was ist los, Matt? Was geht dir durch den Kopf?”
Der vermutlich verrückteste Plan seiner zwanzigjährigen Berufskarriere nahm langsam in seinem Kopf Gestalt an. Er richtete seinen Blick auf Buzz, den Mann, den er im Moment am ehesten ins Vertrauen ziehen konnte. “Vertraust du mir, Buzz?”, fragte er.
Ein verschmitztes Lächeln huschte über Buzz' Gesicht. “Irgendetwas sagt mir, dass du mir keine andere Wahl lässt.”
35. KAPITEL
W eniger als eine Stunde nachdem Matt Buzzs Haus verlassen hatte, war die Nachricht schon in aller Munde. Um sie möglichst schnell zu verbreiten, hatte Buzz die Neuigkeit im Pat's verkündet, als das Pub sich gerade füllte: Er würde nun doch nicht nach Kansas ziehen. Stattdessen käme sein Bruder zu ihm auf die Farm, und gemeinsam würden sie endlich das realisieren, was er schon so lange vorgehabt hatte: die anderen zwanzig Hektar seines Farmgeländes urbar machen.
Vom anderen Ende des Tresens aus verfolgte Matt, wie Buzz seinen Text aufsagte, hin und wieder improvisierte er zwar, aber insgesamt lieferte er eine glaubwürdige Vorstellung ab.
“Was willst du denn anpflanzen?”, wollte Sam Gladstone wissen, der vor seinem Ruhestand selbst Farmer gewesen war.
“Sojabohnen. Heutzutage wollen alle Sojabohnen. Ich werde damit richtig dick Geld verdienen.”
Sam schüttelte den Kopf. “Die zwanzig Hektar urbar zu machen, ist Knochenarbeit, Buzz. Und du bist nicht mehr der Jüngste.”
“Deshalb habe ich ja auch einen Viermanntrupp angeheuert. Die übernehmen all die schweren Arbeiten – Bäume fällen, Wurzeln rausziehen und das Umpflügen.”
“Hast du denn die passenden Maschinen dafür?”
“Stehen schon bereit. Wenn sie schnell vorankommen, schaffe ich es vielleicht sogar noch, ein bisschen Roggen als Deckfrucht zu säen.”
Während Matt sein Bier schlürfte, beobachtete er aufmerksam die Gäste, um zu sehen, wer hinausgehen oder sein Mobiltelefon zücken würde. Doch niemand rührte sich. Zu schade, dass die Badger-Brüder noch nicht da waren, denn er hätte sofort auf die beiden getippt.
Matt warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war fünf Uhr. Immer noch stießen Gäste dazu, und Buzz gab weiter seine Neuigkeit zum Besten. Zeit, seinen kleinen Plan in die Tat umzusetzen.
Er leerte sein Bierglas, legte einen Zehndollarschein auf die Theke und verließ das Lokal.
Gespannt lauschte Grace Matts Plan. Bei der Vorstellung, dass er einen Weg gefunden haben könnte, die Mörder aus ihrem Versteck zu locken, spürte sie die Aufregung in ihrem Magen kribbeln.
“Das ist brillant, Matt”, sagte sie. “Aber wird es funktionieren?”
Matt lehnte sich auf die Kante von Grace' Schreibtisch. “Kein Plan, mag er auch noch so ausgetüftelt sein, hat eine hundertprozentige Erfolgsgarantie. Doch wenn mich mein Gefühl nicht täuscht und Felicia wirklich in Buzz' Wald vergraben liegt, bleibt den Mördern keine andere Wahl, als etwas zu unternehmen. Und zwar schnell.”
“Glaubst du, sie waren unter den Gästen im Pat's und haben Buzz gehört?”
“Wenn nicht, hoffe ich zumindest, dass das Gerücht bis zu ihnen vordringt. Wenn ich mit meiner Theorie richtigliege, werden sie warten, bis es dunkel wird, zur Farm fahren und nach der Stelle suchen, an der sie Felicia verscharrt haben, um sie wieder auszugraben.”
Grace erschauderte. “Grauenvolle Vorstellung.”
“Nicht grauenvoller, als sie überhaupt erst dort zu verscharren.”
“Wie willst du sie schnappen?”
“Ich werde mich verstecken und sie aus der Ferne beobachten. Sobald sie anfangen zu graben, verständige ich die
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