Wo die Wahrheit ruht
wer sie sind.”
“Das werden wir noch früh genug herausfinden.”
Denise kaute nervös an ihren Fingernägeln. “Was, um Himmels willen, machen die da? Warum stehen die beiden tatenlos rum wie zwei Trottel?”
“Sie versuchen, sich an die richtige Stelle zu erinnern.” Der Mond trat wieder hervor – groß, gelb, das vollkommene Rund eines Herbstvollmondes.
Der kleinere der Männer deutete plötzlich zum Haus hinüber.
Grace folgte seinem Blick. Im Farmhaus erlosch ein Licht nach dem anderen.
“Ist Buzz eingeweiht in Matts Plan?”, fragte Denise. “Ist er in den Plan eingebunden?”
“Nein. Matt wollte nicht riskieren, dass ihm was passiert. Ich glaube nicht einmal, dass er weiß, dass Matt die Falle heute Nacht zuschnappen lassen wollte.”
Weitere zehn Minuten verstrichen, dann schwangen sich die beiden Männer ihre Schaufeln über die Schulter und drangen tiefer in den Wald ein. Dank des Mondlichtes konnte Grace ihren Weg Schritt für Schritt mitverfolgen.
Ihr Herz hämmerte wild. Es würde nun nicht mehr lange dauern.
Neben ihr schrie Denise leise auf.
Grace wollte sie schon zurechtweisen, doch sie hielt inne, als sie den Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Freundin sah. “Was ist los?”
“Oh, mein Gott”, flüsterte Denise. “Oh, mein Gott, oh, mein Gott, oh, mein Gott!”
“Denise, um Himmels willen …”
Sie deutete hektisch auf eine der Gestalten. “
Es ist George! Es ist der Bürgermeister!”
38. KAPITEL
G race blickte schnell wieder zum Wald hinüber. “Bist du sicher?”
“Ja! Sieh dir sein Gesicht an. Da, er dreht sich gerade um.”
Denise irrte sich nicht. Der Mann in dem blauen Parka dort im Wald war der gleiche Mann, mit dem sie und Denise vor zwei Stunden vor dem Theater gesprochen und den sie um Hilfe gebeten hatten: Der Bürgermeister der Stadt – Matts guter, alter Freund.
Denise sank zu Boden. “Ich kann es einfach nicht glauben. Er war einer der Freiwilligen, die sich an der bezirksweiten Suche nach meiner Schwester beteiligt haben, hast du das gewusst?”
“Nein.” Auch Grace fehlten die Worte – sie war fassungslos.
“Und ich habe diesen Hurensohn auch noch gewählt.” Denise' Stimme klang leise und eisig. “Ich habe nicht nur für ihn gestimmt – ich habe ihn sogar noch bei seinem Wahlkampf
unterstützt.”
Sie lachte bitter. “Ihn, der vorgibt, der nette Mann von nebenan zu sein, stets hilfsbereit – genau wie Fred. Aber im Gegensatz zu Fred, der es ehrlich meint, ist George nur ein Schauspieler – und ein Mörder noch dazu”, fügte sie mit vor Wut bebender Stimme hinzu. “Gott, am liebsten würde ich jetzt da runtergehen und ihm seine verlogene Visage einschlagen.” Sie wandte den Kopf und schaute Grace an. “Glaubst du, er hat von Buzz' neuen Plänen schon gewusst, als wir im Theater mit ihm gesprochen haben?”
“Sieht so aus. Wie lange dauert so ein Stück?”
“Zwei Stunden höchstens.”
“Spätestens um zehn hat er dann wahrscheinlich das Theater verlassen, hat seine Frau nach Hause gebracht und ist unter irgendeinem Vorwand gleich wieder weggefahren. Oder er hat gewartet, bis sie eingeschlafen ist.”
“Ich könnte ihn umbringen. Mit bloßen Händen seinen dreckigen Hals umdrehen”, fauchte Denise grimmig.
“Er wird seiner gerechten Strafe nicht entgehen, Denise. Aber fürs Erste müssen wir noch stillhalten, wir wollen sie schließlich auf frischer Tat ertappen.”
“Willst du damit sagen, die Tatsache, dass sie mit Schaufeln über der Schulter durch den Wald laufen, ist nicht Beweis genug?”
“Matt wollte warten, bis sie anfangen zu graben, und genau das werden wir tun.”
Doch Denise schien es nicht mehr erwarten zu können, die Mörder ihrer Schwester zwischen die Finger zu bekommen. “Was, wenn sie sich nicht mehr an die richtige Stelle erinnern können und gar nicht anfangen zu graben?
Was, wenn sie wieder abhauen
?”
“Sie werden nicht abhauen. Soweit sie wissen, hat Buzz gleich für morgen früh die Bulldozer bestellt, schon vergessen? Sie werden zur Not die ganze Nacht lang graben, also mach dir darum keine Sorgen. Das können sie nicht riskieren.”
Grace verlagerte ihr Gewicht von einer Hüfte auf die andere. “Kannst du den anderen Mann erkennen?”
“Nein, aber bisher habe ich auch noch keine gute Sicht auf ihn gehabt.”
Der Bürgermeister und sein mysteriöser Komplize liefen noch immer ziellos herum, drehten sich ab und zu im Kreis oder blieben stehen, um eine Stelle auf dem Boden genauer
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