Wo die Wasser sich finden australien2
Küche herum, häufte Kekse auf einen Teller und schob ein Milchkännchen sowie eine Zuckerdose vor Ellen hin. Ellen nippte an ihrem schwarzen Kaffee, kniff leicht die Augen gegen den heißen Dampf zusammen und drängte Rebecca mit einem knappen Nicken, ihr mehr über den Sinn und Zweck eines Widder-Wettbewerbs zu erzählen.
Eigentlich hätte Rebecca viel lieber zu Ellen Tinker gesagt: »Bei einer dieser Shows habe ich diesen niedlichen Jungen entdeckt, der die Juniorenmeisterschaft im Bewerten gewonnen hat, Jeremy, mit Augen, für die man sterben könnte. Wir haben uns zusammen an der Schafbar besoffen … das klingt komisch, oder? Schafbaaaah … Schaf baaah«, ahmte sie ein Blöken nach. »Jedenfalls haben wir uns irgendwann draußen hinter den Toiletten geküsst und sind zuletzt in meinem Schaftransporter im Heu gelandet. Er war klein, so wie ich, und dünn, aber unglaublich süß. Ach ja. Und auf der Maranga Show habe ich Charlie Lewis getroffen, er ist einfach umwerfend, ich glaube, ich bin in ihn verliebt. Und ich glaube, er steht auf mich.«
Stattdessen erzählte sie Ellen Tinker, dass sie zwei wunderbare Jahre auf Blue Plains verbracht hatte und dass sie dank ihrer Erfahrungen als Jillaroo und Betreuerin der Böcke über eine fantastische Grundlage in den Agrarwissenschaften verfügte, auf der sie nun aufbauen wolle.
Nach diesem wenig investigativen Interview trat Ellen Tinker-Stinker mit ihrer Kamera und ihrem Ziehharmonikamund nach draußen in die Nachmittagssonne, um ein Foto von Rebecca und Alf vor dem goldgrünen Hintergrund eines verträumten Pfefferbaumes aufzunehmen.
Die Sonnenstrahlen fingen sich in Rebeccas frisch gewaschenem Haar und legten sich golden leuchtend über die weiche, faltige Haut auf Alfs breiter Schnauze.
Sogar Ellen Tinker flüsterte: »Bezaubernd«, als sie durch den Sucher auf die hübsche junge Frau und den kräftigen Widder blickte. Sie drückte auf den Auslöser und hielt Rebecca die Jillaroo mit Alf dem Widder, umfangen vom Sonnenschein auf Blue Plains, für alle Zeiten fest.
Kapitel 15
In seinem düsteren, unaufgeräumten Büro knallte Harry den Hörer auf die Gabel.
»Behämmerte Bankbeamte!« Er ballte die Faust, donnerte sie gegen den Aktenschrank und blieb dann stehen, um den Papierhaufen auf seinem Schreibtisch ins Auge zu fassen. Wieder einmal zählte Harry im Kopf die Monate, bis der Scheck des Wollhändlers eintrudeln musste. Während er schwer auf seinen Bürostuhl sackte, überschlug er im Kopf, wie viele fett gefütterte Mastochsen er noch verkaufen konnte und was die Fleischlämmer wohl einbringen würden. Der Heuverkauf würde sich in engen Grenzen halten, weil er genug Heu zurückbehalten wollte, falls ein strenger Winter ins Haus stand. Wieder und wieder rechnete er alles zusammen, drehte und wendete die Zahlen, bis er sich endgültig eingestehen musste, dass die Summe nicht ausreichte. Damit konnte er den dickbäuchigen Bankbeamten kaum zufriedenstellen. Er dachte an Rebecca und an die Worte, die sie ihm an den Kopf geworfen hatte.
»Du wirst noch alles verlieren.«
Er rieb mit dem kratzigen Ärmel seiner Wolljacke über seine Stirn. Seufzend stand er auf und ging durch den Flur zur Küche. Er schüttete kochendes Wasser in den Teekessel, der seit dem Frühstück am Ofenrand stand, und nahm sich dann eine Tasse. Gerade als er in den Wintergarten gehen wollte, kam Trudy in die Küche geeilt. In den Armen hielt sie ein Expresspaket, das sie gerade aus dem Briefkasten geholt hatte.
»Ach! Hallo, Harry! Ich dachte, du wärst draußen bei der Arbeit. Ich hab einen Stapel Rechnungen für dich dabei.« Sie warf sie vor ihm auf den Küchentisch und kramte dann in
der Schublade nach einer Schere. Hastig schnitt sie das Paket auf und zog eine große, verschweißte Plastiktasche daraus hervor, in der Vorhänge eingeschweißt waren.
»Na endlich!«, jubelte sie schrill. »Schau mal!« Sie streckte ihm das blütenbedruckte Plastikpaket hin.
»Vorhänge für das Gästezimmer! Ich habe sie per Katalog bestellt. Ich liebe diese Kataloge … für mich ist das eine ganz neue Erfahrung! Das ist einer der Vorzüge, wenn man im Busch lebt. Ich habe sie hundert Dollar billiger bekommen. Sie werden fantastisch aussehen, wenn die Maler erst durch sind. Ich habe ein ganz sanftes Gelb ausgesucht, damit wir das Zimmer später als Kinderzimmer nehmen können.« Der Gedanke an die Möglichkeit eines Babys in ihrer jungen Ehe brachte sie zum Kichern.
»Trudy.« Harry wusste,
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