Wo die Wuerfel fallen
konnte. Schon im Juli wurde er von seinem Kriegs-(und vorherigen Justiz-)minister Alexander Kerenski abgelöst, |174| der auch nur wenige Monate regierte – bis zur Oktoberrevolution.
Oktoberrevolution
Während des Ersten Weltkriegs hatte die deutsche Heeresleitung im April 1917 dem im schweizerischen Exil lebenden Revolutionär W. I. Uljanow, genannt Lenin, die Durchreise in einem plombierten Zugwaggon nach Russland ermöglicht. Man erhoffte sich von ihm eine Destabilisierung der Lage in Russland. Diese kurzfristige Hoffnung erfüllte er. Überall gab es neben den Organen der bürgerlichen Regierung Arbeiter- und Soldatenräte. Zwischen Menschewiki (der gemäßigte Flügel der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei) und Bolschewiki (Kommunisten) tobte ein Machtkampf. Am 25. Oktober 1917 stürmten bolschewistische Verbände das Winterpalais in Petrograd und verhafteten die Mitglieder der Provisorischen Regierung. »Anführer« dieser Aktion waren Lenin und der Vorsitzende des Petrograder Sowjets Leo Trotzki. Es handelte sich um einen reinen Staatsstreich, eine relativ geräuschlose Polizeiaktion – bis auf den berühmten Platzpatronenschuss des Panzerkreuzers Aurora, der verschiedenen kleinen Truppeneinheiten das Signal gab, strategische Punkte der Stadt zu besetzen. Einen Volksaufstand gab es nicht. Nach gregorianischem Kalender war der 25. Oktober bereits der 7. November. Die Benennung dieses Geschichtsereignisses als »Oktoberrevolution« ging aber von Russland aus, das zu diesem Zeitpunkt noch den julianischen Kalender hatte.
Novemberrevolution
Ende September 1918 hatte die deutsche Heeresleitung erkannt, dass der Krieg militärisch verloren war. In den letzten Oktobertagen weigerten sich die Matrosen einiger Schiffsbesatzungen daher, zu Kriegseinsätzen auszulaufen. Dieser revolutionäre Funke sprang auf ganz Deutschland über, sodass ab dem 4. November flächendeckende Unruhen zu befürchten waren. Die Reichsregierung forderte Wilhelm II. auf abzudanken, um das Schlimmste zu verhindern. Da er dem nicht nachkam, verkündete Reichskanzler Max von Baden am Morgen des 9. November eigenmächtig den Rücktritt des Kaisers. Vor allem in Berlin war die Situation in diesen Tagen extrem angespannt. Selbst die von Max von Baden |175| herbeigerufenen, als besonders zuverlässig geltenden Truppen weigerten sich, auf demonstrierende Landsleute zu schießen. Um etwaigen umstürzlerischen Maßnahmen der Linkssozialisten und Kommunisten zuvorzukommen, proklamierte der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann gegen Mittag von einem Balkon des Reichstages die Republik: »Der Kaiser hat abgedankt. Er und seine Freunde sind verschwunden, über sie alle hat das Volk auf der ganzen Linie gesiegt.« Er gab außerdem noch bekannt, dass der Sozialdemokrat Friedrich Ebert das Amt des Reichskanzlers übernommen hatte.
Nun folgten aber erst recht über den ganzen Winter monatelange Unruhen mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Vor allem die extreme Linke versuchte noch, die Macht zu übernehmen und an vielen Orten in Deutschland Räterepubliken zu bilden. Auf der politisch rechten Seite bildeten sich die republikfeindlichen Freikorps.
Schlagwörter & Propagandabegriffe zum Kriegsende
Novemberverbrecher
Am 11. November 1918 wurde in einem Eisenbahnwaggon bei Compiègne der Waffenstillstand zwischen dem Deutschen Reich und den Alliierten geschlossen. Während hierzulande am 11.11. die Jecken losschlagen, gedenkt man dieses Tages in Frankreich und in England noch heute feierlich als
Armistice-
Tag (Waffenstillstandstag), in den USA als
Veterans’ Day
. Schon im Jahr darauf wurden die deutschen Unterzeichner und die von ihnen vertretenen Parteien, vor allem die SPD, von den extremen Rechten als »Novemberverbrecher« verunglimpft.
Dolchstoßlegende
Das Schlagwort vom »Novemberverbrecher« war Teil der »Dolchstoßlegende«. Rechtskonservative, antirepublikanische Kräfte wie die Freikorpsleute, die Deutschnationalen und später vor allem die Nationalsozialisten behaupteten immer wieder, die deutsche Armee sei im Herbst 1918 »im Felde unbesiegt« gewesen und von den Republikanern »von hinten erdolcht« worden. Das Wort wurde erstmals von einem britischen General im Dezember 1918 in einem Interview in der
Neuen Zürcher Zeitung
verwendet: |176| »Die deutsche Armee … wurde von der Zivilbevölkerung von hinten erdolcht.« Die deutsche Heeresleitung, die unter den Generälen Hindenburg und Ludendorff in den letzten Wochen des Krieges
Weitere Kostenlose Bücher