Wo Elfen noch helfen - Walter, A: Wo Elfen noch helfen
Exemplare als meinen Willy.« »Einmal ein weiblicher Wal sein...«, träumt jemand. Und ein anderer schreibt: »Moby Dick werde ich nie wieder auf die gleiche Weise lesen.« Allerdings sind nicht alle so begeistert. »Ekelhaft«, schreibt Angela aus Österreich. Und Adam aus den USA wütet: »Das erste und letzte Mal, dass ich dafür bezahlt habe, Schwänze zu sehen.«
Einzig der Penis eines Homo sapiens fehlt noch in Sigurðurs Sammlung. Dann wären alle Säugetiere, die es in Island gibt, vertreten. Aber immerhin hat Sigurður vier Versprechen. Vier Spender haben ihm bereits schriftlich beglaubigt, dass sie nach ihrem Ableben ihren Teil zur Ausstellung beitragen würden. Ein Isländer, ein Deutscher, ein Engländer und ein Amerikaner, dessen Penis auf den Namen »Elmo« hört. Der allerdings sei schon etwas eigenartig, sagt Sigurður. »Der schreibt mir immer EMails über seinen Penis.« Er schüttelt den Kopf. »Manche Leute sind eben einfach verrückt«, sagt er.
Sparen
»Ich weiß, worüber du mal schreiben kannst«, sagt Gisli, als ich am nächsten Tag wieder in der Redaktion bin.
»Worüber denn?«
»Über ein deutsches Ehepaar in Selfoss. Die machen etwas, das kein Isländer macht.«
»Was denn?«, frage ich, neugierig geworden.
»Sparen«, sagt Gisli und kichert.
Ich muss lachen. Die Isländer sind tatsächlich sehr konsumfreudig. Das war mir nicht entgangen. Man sieht das nicht bloß an den Geländewagen, die durch die Innenstadt rollen. Auch an den Handys und Flachbildfernsehern. Die Isländer scheinen bei allem, was Hightech angeht, stets auf dem neuesten Stand zu sein. Die Frauen tragen außerdem die neuesten Modetrends aus Mailand oder New York. Und gezahlt wird immer und überall mit Kreditkarte. Gislis Sätze erscheinen heute, im Angesicht der Krise, die 2008 über das Land hereinbrach, natürlich ganz anders. Damals erfahre ich, dass die Isländer – anders als etwa die Deutschen – keine ausgeprägte Sparkultur oder Aufschiebementalität haben.
Das, was man machen kann, macht man sofort. Holt alles raus aus dem Moment. So musste man in Island immer leben. Man fischte nächtelang, wenn die Fischschwärme im Meer groß waren, und man holte das Heu ein, wenn es trocken war. Schließlich konnte sich die Situation jederzeit ändern und wochenlang gar nichts gehen.
Außerdem hat das Sparen in Island tatsächlich jahrelang wenig Sinn gemacht. Die isländische Währung war zu mancher Zeit so unbeständig wie das Wetter. In den 1980er-Jahren etwa war Inflation Alltag, weshalb man das Geld besser ausgab und in handfestere Dinge verwandelte. Wer Glück hatte, dem bezahlte die Inflation gar das Auto oder das Haus. Und selbst als die Krone stabiler wurde, hielt sich die Einstellung, dass Geldausgeben nichts Schlechtes ist. Diese Einstellung kommt sogar in einem isländischen Gesellschaftsspiel durch, das »Das Fischereispiel« heißt. Es ist quasi das Monopoly Islands. Und darin kommt der Satz vor: »Ein zurückgezahlter Kredit ist ein verlorener Kredit.«
Und ganz abgesehen davon ist man in Island nicht so sorgenvoll. Im Gegenteil. Man ist risikofreudig und probiert gern Neues aus – mit großem Vertrauen, dass die Sache schon irgendwie gut gehen wird. »Þetta reddast« ist ein sehr bekanntes isländisches Sprichwort und bedeutet: »Es rettet sich schon.« Das ist natürlich nicht aufs Geld bezogen, sondern vielmehr auf ein positives Urvertrauen, mit dem die Isländer durchs Leben gehen. Deshalb wagt man, statt ewig auf morgen zu warten. Baut Häuser, gründet Firmen. Alles, was geht. Als ich eine Mutter für ein Frauenmagazin befragte, was sie ihren Töchtern wünscht, sagt sie neben Vertrauen und einem freien Geist: »Ich wünsche mir, dass sie nicht immer auf die Zukunft warten und sagen: Ich werde morgen glücklich sein. Sondern alles dafür tun, dass es heute so ist.
Ich habe meinen Vater sehr plötzlich verloren. Da habe ich viel darüber nachgedacht, wie kurz das Leben sein kann. Ich erzähle meinen Töchtern auch nicht, dass sie ihr Taschengeld sparen sollen. Manchmal überrede ich sie sogar, es auszugeben. Wenn sie Geld haben und einen Wunsch – warum ihn nicht einfach heute erfüllen?« Und ich bin restlos begeistert. Vor allem davon, wie angstfrei man in Island aus dem Vollen schöpft.
Einfach machen, was dir in den Sinn kommt
»Einfach tun, was dir in den Kopf kommt und nicht zu viel darüber nachdenken. Das ist der Schlüssel zur isländischen Musik«, sagt auch Jóhannes
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