Wo geht’s denn hier ins Paradies?
Nacht zählten, ins Taxi zu verfrachten.
„Die haben mal wieder zu viel erwischt“, meinte Benny, der junge Kellner, der tagsüber Medizin studierte. „Steve, warum kannst du deine Bude nicht sauber halten?“
„Versuch ich doch. Aber kann ich die Taschen meiner Gäste kontrollieren?“ Steve zuckte mit den Schultern – und sah erleichtert zu, wie das Taxi davon fuhr.
Im Fond kuschelte sich Janine an Jonas. Doch der Mann mit dem gut geschnittenen Gesicht, dem hellbraunen Haar, das an den Spitzen blondiert war und der ein wenig an den jungen Brad Pitt erinnerte, wehrte sie ab. „Mir ist kotzelend. Lass mich.“
„Kommst du noch mit rauf?“, fragte Janine. Sie fühlte sich wieder gut, hatte Lust auf Sex. Aber Jonas, der Langweiler, schien absolut schlecht drauf zu sein.
„Ich will heim.“ Er knurrte es nur noch, drehte den Kopf zur Seite und zeigt deutlich, dass ihm nach gar nichts war, was mit Zweisamkeit zu tun hatte.
„Dann bis später. Du musst gegen Mittag am Set sein, vergiss das nicht.“ Ein kurzes Winken, dass der Mann jedoch ignorierte, dann stieg Janine aus.
Ihr waren noch vier Stunden Schlaf vergönnt. Aber – eine kleine Aufputschpille, ein gutes Make up – und niemand würde etwas von ihrem nächtlichen Ausflug mitkriegen.
Sie kam strahlend wie der Sommertag im Studio an, drehte zwei Szenen ab. Dann warteten alle auf Jonas. Doch der erschien nicht. Stattdessen kam ein Anruf aus einer Klinik. Jonas war vor drei Stunden dort eingeliefert worden.
„Kreislaufzusammenbruch infolge von Drogenmissbrauch“, erklärte der Arzt, der Sven Stevensen, den Regisseur, informierte. „Seine Wirtin hat ihn zum Glück rechtzeitig gefunden. Sie bat uns auch, Sie zu informieren.“
„Und – wie geht es ihm?“
„Er ist wieder stabil. Drei Tage muss er hier bleiben, dann kann er entlassen werden.“
„Und auch arbeiten? Verzeihen Sie, es mag Ihnen unsensibel erscheinen, Herr Doktor, aber … hier ist jede Stunde reines Bargeld.“
„Kann ich mir vorstellen. Ja, ich denke, dass Herr Steinberger dann auch wieder drehen kann. Nur sollte er endlich die Finger von den Drogen lassen. Wir hatten ihn schon mal hier. Irgendwann kann es zu spät …“
„Gut. Danke für Ihren Anruf.“ Sven biss sich auf die Lippen. Er war zornig. Auf diese unvernünftigen jungen Leute, die glaubten, mangelndes Können mit irgendwelchen high machenden Pillen kompensieren zu können. Und zornig auf sich selbst. Schließlich hatte er sich von seinem Produzenten dazu überreden lassen, Jonas für die Hauptrolle zu verpflichten. Und das nur, weil Janine bei dem Produzenten für Jonas gesprochen hatte.
„Ein verdammter Scheißladen ist das! Kungelei, wohin man sieht. Die reinste Seifenoper. Hab ich das nötig?“ Er schimpfte und tobte eine Weile vor sich hin, dabei arbeitete sein Gehirn auf Hochtouren. Und schon bald hatte er festgelegt, wie der Drehplan geändert werden konnte.
Janine war nervös. Sie machte sie Sorgen um Jonas, zumal von Sven nichts Konkretes zu erfahren war. Aber sie riss sich zusammen, versuchte, sich nicht den geringsten Patzer zu leisten. Jetzt nur nicht auch noch unangenehm auffallen! Das konnte sie sich nicht erlauben, der Regisseur war sowieso nicht allzu gut auf sie zu sprechen!
Sie gab ihr Bestes, der Tag ging dann doch noch ganz erfolgreich zu Ende. Doch bevor die letzte Szene im Kasten war, kam ein weiterer Anruf für den Regisseur.
„Kann jetzt nicht“, erklärte der dem jungen Regieassistenten, der auf sein Handy deutete.
„Es ist wichtig – es ist was mit Ingo.“
„Ingo …“ Sofort war Sven Stevensen alarmiert. Sein Lebensgefährte, der bekannte Konzertpianist Ingo Thelen, war seit Jahren herzkrank. Gerade hielt er sich in London auf. Vor der Abreise hatten die beiden Männer eine hitzige Auseinandersetzung gehabt. Sven hatte verlangt, dass Ingo sich mehr schonte, dass er mehr Rücksicht auf seine Gesundheit – und ihre Partnerschaft nahm. Eitelkeit und Egoismus hatte er ihm vorgeworfen, dabei ganz außer acht gelassen, dass der sensible Künstler sich solche Streitereien stets sehr zu Herzen nahm.
Nur ganz im Geheimen gestand sich Sven ein, dass er auch ein wenig eifersüchtig war. Nein, nicht eifersüchtig auf Ingos Weltkarriere. Eifersüchtig darauf, wie gut sein Lebensgefährte bei anderen Männern ankam. Und das, obwohl er mit seiner Halbglatze und dem kleinen Kugelbauch nun nicht gerade besonders attraktiv wirkte. Aber er hatte ein gewisses Etwas – Charme, Esprit,
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