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Wo geht's hier nach Arabien

Titel: Wo geht's hier nach Arabien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Springer
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Kontobewegung natürlich ein wenig. Alexei trifft man nie auf seinen Kreuzfahrtschiffen, er hat schließlich eine Yacht, die wahrscheinlich doppelt so lang ist wie der rostige Touristendampfer mit seinen lächerlich wenigen 900 Besatzungsmitgliedern.
    Die Zeiten, in denen Kreuzfahrten mit Luxus und Ausschweifungen verbunden waren, sind längst passé. Als Erfinder der sinnfreien Bootstouren gilt Albert Ballin, ein Hamburger Reeder, der im Jahr 1899 Generaldirektor der » Hamburg-Amerikanischen-Packetfahrt-Actien-Gesellschaft«, also der berühmten HAPAG, wurde. Die riesigen Schiffe rentierten sich nur, wenn sie möglichst schnell die Auswanderer nach Amerika brachten. Doch in den Wintermonaten waren die Wetterbedingungen auf dem Atlantik oft so rau, dass an eine Überfahrt gar nicht zu denken war. Eine neue Geschäftsidee musste her. Also schipperte seine » Kaiserin Auguste Viktoria«, damals das größte Schiff der Welt, ersatzweise im Mittelmeer herum und lief die Häfen des Orients an. Die Kreuzfahrt war geboren. Die Reichen und Superreichen hatten dabei Mordsspaß und ließen sich gleich ein paar kindische Kreuzfahrtregeln einfallen. Erstens: Wechsle mehrmals täglich die Garderobe, zweitens: Der Herr trägt von Tag zu Tag einen immer dunkleren Anzug.
    Man startete also mit dem hellgrauen Zweiteiler und kleidete sich am letzten Tag der Kreuzfahrt, als Zeichen der Trauer über das Ende der Reise, in tiefes Schwarz. Da es zwischen Grau und Schwarz nicht unendlich viele Abstufungen gibt, enden seriöse Kreuzfahrten auch heute noch meistens nach einer Woche. Albert Ballin hatte viel Freude an seinen Kreuzfahrten und wollte sie nicht durch staatspolitische Auseinandersetzungen gefährdet sehen. Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges setzte sich der auch in England einflussreiche Geschäftsmann mit aller Kraft gegen eine Eskalation ein. Gegen die Kriegstreiber hatte er keine Chance. Während des Krieges versuchte er, das Massenmorden wenigstens abzukürzen, aber die Kriegsherren hörten nicht auf ihn. Im November 1918, zwei Tage vor Kriegsende, beging Albert Ballin in seiner Heimatstadt Hamburg Selbstmord.
    Regina Halmich stiehlt Casablanca die Show. Die paar Kilo Autogrammkarten, die in einem Extrakoffer mitgeschleppt werden, sind da fast schon knapp berechnet. Die meisten Schiffsurlauber kennen die Exboxweltmeisterin aus dem Fernsehen, aus ihrer Show The biggest Loser, eine jener Fernsehsendungen, die angeblich niemand schaut, und wenn, dann nur durch puren Zufall oder weil man durch ein überraschendes Zucken im Daumen auf der Fernbedienung unabsichtlich hineingeraten ist. Auf jeden Fall ein überflüssiges Stück Fernsehgeschichte, wo um 21:15 Uhr übergewichtige Menschen vor der Glotze hocken, die Chipstüte links, das Bier rechts, und von noch übergewichtigeren Menschen vorgeführt bekommen, wie man seine Fettpfunde abtrainiert. Regina Halmich ist beliebt. Da macht es auch gar nichts, wenn sie den Kreuzfahrtgästen im unsexy Trainingsanzug die Übungen vormacht, wir kennen die Boxerin ja aus dem Playboy, nackt wie Gott sie schuf, manche fanden sie allerdings bei » Boxen im Schoko-Outfit« noch geiler.
    Und die neue Nase steht ihr auch gut.
    Ausgerüstet mit rudimentären Boxkenntnissen erobert der Kreuzfahrtpassagier Casablanca. Landgang mit Besichtigung der fünftgrößten Moschee der Welt, im Bus eine kurze Einweisung in das marokkanische Königshaus, das sich ja bis auf Muhammad, den Propheten und Gründer des Islam, zurückverfolgen lassen soll. Vor 500 Jahren war die heutige Millionenstadt ein berüchtigter Piratenstützpunkt. Bis die Portugiesen die Schnauze, ja, genauso sagt es der marokkanische Reiseführer im Bus, voll hatten von den Überfällen und die Stadt eroberten. Schlimm war es auch im Jahre 1907. Der Hafen wird ausgebaut, aber die Anwohner behaupten, durch die gottlosen Arbeiter sei der moslemische Friedhof in ehrloser Weise schlimm beschädigt worden, es kommt zu Mord und Totschlag, worauf die Franzosen ihre Marine in die Stadt schicken. Als sie mit der Eroberung fertig sind, sind fast alle Einwohner tot. Die Franzosen bleiben gleich selbst vor Ort.
    Sogar für die Cineasten unter den Urlaubern hält man Informationen bereit. Berühmtester und wohl beliebtester Sohn der Stadt sei Jean Reno, der böse Auftragskiller im französischen Thriller Leon – Der Profi. Jean Reno

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