Wo immer Du bist, Darling
fertig.«
Ohne auf seine Reaktion zu warten, donnerte sie ihm die Tür vor der Nase zu und marschierte zurück ins Bad. Auch wenn es eine gewisse Befriedigung bedeutet hätte, ihn warten zu lassen, föhnte sie sich doch eilig die Haare.
Nicht einmal zwanzig Minuten später trat Carolin wieder aus dem Zimmer, mit einer Miene, die sich jeden Kommentar verbot.
Neumeier lehnte mit verschränkten Armen an der Wand. Er musterte sie mit hochgezogenen Augenbrauen, sagte aber vermutlich mit Rücksicht auf seine Gesundheit nichts.
Sie bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick und wandte sich in königlicher Würde ab. Eher würde die Hölle zufrieren, als dass sie sich bei dem Schlipsträger entschuldigte.
Sie stiegen ins Auto und stellten einen neuen Rekord auf. Um die gewechselten Worte zu zählen, brauchte man dieses Mal keine Hand, nicht einmal einen Finger.
Auf dem Polizeirevier wurden sie bereits von Sheriff Edward Shepard und Deputy Peter Lomax erwartet.
Neugierig betrat Carolin neben Neumeier das kleine Büro. Der alternde Chief begrüßte sie und wies ihnen höflich zwei Stühle gegenüber seinem Schreibtisch vor einem massigen Aktenschrank zu.
Neumeier rückte ihr den Stuhl zurecht. Sie ließ sich nieder und musste ihre Beine schräg halten, damit sie nicht an die Holzplatte von Shepards Schreibtisch stieß. Neumeier löste das Problem, indem er seinen Stuhl einfach weiter nach hinten schob. Carolin knirschte mit den Zähnen. Sie konnte sich nicht rühren und er machte es sich bequem. Das war wieder typisch!
Die Erkenntnis, dass Oliver Neumeier aufgrund seiner Größe unmöglich ihren Platz in der schmalen Nische hätte benutzen können, löschte sie rasch wieder. So viel Fairness widersprach ihrer ungnädigen Einschätzung seiner Person.
Als alle einigermaßen Platz gefunden hatten, griff der Sheriff in die vor ihm liegende Akte und reichte Neumeier einen Ausdruck des Erpresserbildes.
Er studierte es kurz und drehte das Handgelenk so, dass auch Carolin einen Blick darauf werfen konnte. Sie schluckte und nickte stumm. Nie hätte sie gedacht, einmal ein derartiges Foto von Anja betrachten zu müssen. Schrecklich. Ihre Freundin wirkte verwahrlost, verwirrt und unsicher, schien aber wenigstens unverletzt zu sein.
»Leider kann ich Ihnen im Moment noch nicht viel Neues berichten«, sagte Edward Shepard. »Wir haben gestern Fahndungsmeldungen sowohl nach den Entführern als auch nach Miss Zimmermann herausgegeben und hoffen nun, dass Personen auftauchen, die etwas gesehen haben. Andernfalls müssen wir warten, bis sich die Geiselnehmer wieder mit uns in Verbindung setzen.«
Neumeier nickte. »Wann läuft das Ultimatum ab?«, fragte er ruhig.
Carolin drehte abrupt den Kopf. Daran hatte sie absolut noch nicht gedacht.
»Heute Mittag.« Deputy Lomax lehnte sich zurück.
»Heute!« Sie sprang erschrocken auf. »Das bedeutet, wir haben gerade mal vier Stunden Zeit, um Anja zu finden?«
Betretenes Schweigen folgte.
»Und Sie sitzen hier herum, als befänden wir uns auf einem Kaffeeklatsch? Das gibt’s doch gar nicht!«
Neumeier versuchte, sie wieder auf den Stuhl zu ziehen. »Frau Schuster, bitte setzen Sie sich.«
Mit seinen beherrschten Worten erreichte er das genaue Gegenteil, denn sie riss sich von ihm los und schlug beide Hände auf den Schreibtisch. Sie fixierte Shepard, der sprachlos und etwas unbehaglich ihren stechenden Blick erwiderte. »Was haben Sie bis jetzt außer dieser lächerlichen Fahndung eigentlich unternommen?«, fauchte sie. »Haben Sie überhaupt schon etwas unternommen? Wir müssen Hubschrauber und Suchtrupps einsetzen. Wenn Sie nicht den ganzen Tag damit beschäftigt wären, Donuts in sich hineinzustopfen …«
»Das reicht jetzt.« Neumeier stand auf und packte resolut ihren Arm. Unnachgiebig zerrte er sie mit einer an die beiden verdutzten Ordnungshüter gerichteten Entschuldigung aus dem Raum.
Carolin wehrte sich, konnte sich aber nicht befreien. Gleißende Wut explodierte in ihrem Inneren. Dieser Mann hatte gerade sein Todesurteil unterschrieben. Niemand sprang so mit ihr um. Absolut niemand!
*
Kaum hatte sich die Tür hinter ihnen geschlossen, baute sich Oliver vor Carolin Schuster auf – was bei seiner Größe von einsvierundneunzig recht beachtlich wirken dürfte. Mit einem wütenden Blick nagelte er die rothaarige Nervensäge an der Stelle fest, bevor er sie losließ.
Carolin Schuster öffnete den Mund, aber Oliver kam ihr zuvor. »Wenn Sie sich nicht
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