Wo ist Thursday Next?
sind
Sie
ersetzt worden, Flanker?«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie benehmen sich so merkwürdig. Wir haben uns nicht leiden können, aber vulgär waren Sie nie. Und ein Goliath-Lakai auch nicht. Haben Sie mal Ihr eigenes Augenlid überprüft? Einfach nur so zur Sicherheit?«
Er lachte unbehaglich, aber kurz darauf entschuldigte er sich und ging zur Toilette. Als er zurückkam, war er blass und setzte sich stumm wieder auf seinen Platz.
»Wann bin ich ersetzt worden?«, fragte er einen der Bodyguards. Ich hatte sie bisher kaum beachtet, aber jetzt, als ich genauer hinschaute, kamen sie mir vertraut vor, so als wären sie mir vor langer Zeit mal beschrieben worden. Es gab jede Menge Goliath-Typen in meinem Buch, aber der aggressive multinationale Konzern, der wegen jeder Kleinigkeit vor Gericht ging, hatte immer darauf bestanden, dass keine Namen benutzt oder realistische Beschreibungen gegeben werden durften. »Wahrung der Persönlichkeitsrechte« nannten sie das. Selbstverständlich hatten sie auch behauptet, dass nichts von dem, was in der Thursday-Next-Serie stand, jemals stattgefunden hätte, was natürlich alles andere als zutreffend war, wie Thursday mir mehrfach bestätigt hat.
»Heute Morgen«, sagte der Bodyguard, »und heute Abend werden Sie … in den Ruhestand geschickt. Sie sind das, was wir einen Day-Player nennen.«
Flanker tat so, als ob ihm das nichts ausmachte, und griff scheinbar beiläufig nach dem roten Telefon, das ihn mit der Leitstelle des Bullet-Train-Netzes verband. Aber noch ehe er den Mund öffnen konnte, beugte der andere Bodyguard sich vor und legte den Finger auf den Unterbrecher-Knopf.
»Was soll das?«, protestierte Flanker. »Selbst wenn ich nur ein Day-Player bin, habe ich immer noch einen höheren Rang.«
»Nö«, sagte der andere Bodyguard. »Sie haben hier überhauptkeinen Rang. Sie sind bloß das freundliche Gesicht von Goliath – und ich sage das ohne jegliche Ironie.«
Flanker sah erst zu mir, dann zu den Bodyguards und dann aus dem Fenster. Etwa dreißig Sekunden lang sagte er gar nichts, aber ich spürte, dass er gleich etwas tun würde.
Das Dumme war, dass die anderen das auch wussten. Flanker griff nach seiner Pistole, aber kaum, dass er den Griff in der Hand hatte, sank er plötzlich zusammen, seine Augen rollten nach hinten und dann sackte er leblos auf seinen Sitz. Es war, als ob man ihn abgestellt hätte. Der Goliath-Mann zeigte mir eine Fernbedienung mit einem einzelnen Knopf.
»Sehr nützliches kleines Gerät«, sagte er. »Allen unseren Feinden sollte man so eins einbauen. Boris? Schaff ihn weg, und dann hol Miss Next eine Tasse Tee.«
Der synthetische Flanker wurde ohne große Umstände aus dem Abteil geschleift, und der Goliath-Mann, der nicht Boris war, setzte sich auf seinen Platz mir gegenüber.
»Schöner Trick«, sagte er mit einer Stimme voller natürlicher Autorität. »Seine Feinde in dieser Art gegeneinander aufzuhetzen, das hätte die echte Thursday nicht besser gemacht. Also, wo ist sie?«
»Ich bin es selbst«, sagte ich, denn mir wurde plötzlich bewusst, dass dieses ganze Goliath-Abenteuer, so amüsant es auch sein mochte, mir kein bisschen dabei helfen würde, Thursday tatsächlich zu finden. Was ich bisher herausgefunden hatte, war ziemlich dürftig: Sie war seit einem Monat verschwunden, sie war nicht tot, und sie hatte gesagt, dass sie Lyell langweilig fand. Bei Goliath war sie offenbar nicht, deshalb verschwendete ich hier nur meine Zeit. Ich musste nach Swindon zurück.
»Sind Sie auch ein Day-Player?«, fragte ich.
»Nein«, sagte der Mann, »ich bin echt. Ich überprüfe das jeden Morgen. Ich weiß besser als fast jeder andere, dass man Goliath nicht trauen kann. So, und jetzt sagen Sie mir, wo Sie herkommen und wo Thursday ist.«
»Ich bin Thursday. Sie brauchen nicht weiter zu suchen.«
»Nein, Sie sind nicht Thursday«, sagte er. »Denn Sie haben mich nicht erkannt. Am Anfang hat mich das sehr überrascht, deshalb musste ich mich überzeugen, dass Sie nicht eine von unseren Goliath-Thursdays sind, die außer Kontrolle geraten ist. Das kommt gelegentlich vor. Obwohl wir uns intensiv bemühen, synthetische Personen ohne jede Gefühle herzustellen, dringt doch immer wieder Empathie in ihre Steuerungszellen ein. Es ist wie ein Virus. Sehr lästig. Heute Vormittag hätte Flanker Sie ohne zu zögern getötet, wenn ich es von ihm verlangt hätte, aber heute Nachmittag stirbt er bei dem Versuch, Sie zu beschützen. Wirklich
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