Wo mein Herz zu Hause ist
meisten ärgert, ist, dass ich dir eine Sekunde lang, eine verdammte Sekunde lang sogar geglaubt habe. Herrgott noch mal, ich könnte schreien vor Wut!“
Die Bienen. Sie musste zu ihren Bienen. „Fahr nach Hause, Skip“, setzte sie hinzu. „Ich brauche dich hier nicht.“ Verzweifelt bemüht, die Tränen zurückzuhalten, wandte sie sich ab.
„Verdammt, Addie.“ Skip hielt sie am Arm fest und drehte sie so heftig zu sich herum, dass sie die Rahmen fallen ließ.
Doch das merkte sie kaum, denn der wilde Ausdruck in seinen Augen hielt sie gefangen. Sie sah Sehnsucht, Verlangen und Schmerz – all die Gefühle, die sie so erfolgreich verdrängt hatte, wenn es um Skip ging.
„Ich habe dich nicht angelogen, niemals. Selbst damals nicht, auch wenn du mir das nicht glaubst. Ich wollte unser Kind. Ich wollte dich. Aber meine Eltern …“
„Ja, schön, lass uns über deine Eltern reden“, stieß sie hervor und machte sich von ihm los.
„Die Umstände damals …“
Umstände. Fast hätte sie gelacht. Der einzige Umstand lag doch wohl darin, dass die Daltons sie für nicht gut genug hielten und sich für ihren einzigen Sohn eine andere Ehefrau wünschten. Schließlich hatte Skips Vater überall herumerzählt, dass sein Sohn Karriere im Football machen würde. Einmal hatte sie gehört, wie er zu einer Kundin sagte: „Skip weiß, dass er sich dafür von allem unnötigen Ballast trennen muss.“ Sie hatte direkt hinter ihm gestanden und sofort begriffen: Der unnötige Ballast, den er meinte, war sie.
Ihr war gar nicht bewusst, dass ihr die Tränen übers Gesicht liefen, bis Skip sie liebevoll wegwischte.
„Es tut mir unendlich leid“, flüsterte er.
Doch sie schüttelte den Kopf. „Du hast kein Recht, hierher zurückzukommen und mein Leben durcheinanderzubringen. Zum zweiten Mal.“
„Aber ich konnte dir nicht fernbleiben. Nicht, nachdem ich Becky gefunden hatte. Nicht, nachdem ich erfahren hatte, dass du geschieden bist.“
Natürlich hatte er recht. Sie hätte es nie ertragen, von Becky zu erfahren und dann keinen Kontakt zu ihrer Tochter zu haben. Doch das bedeutete ja nicht, dass auch Skip ihr nahekommen musste. Ganz im Gegenteil, er stand so dicht vor ihr, dass sie gern einen Schritt zurückgetreten wäre. Aber er hatte die Finger in ihr Haar geschoben, und seine warme, etwas raue Handfläche lag auf ihrer Wange …
Sehnsüchtig sah er sie an – und sie konnte nichts anderes tun, als ruhig stehen zu bleiben und seinen Blick zu erwidern, so stark war die Magie seiner Berührung.
Und dann neigte er den Kopf und küsste sie.
Es war ein verhaltener Kuss, doch sofort stieg die Erinnerung an tausend andere Küsse in ihr auf. Der erste, der letzte und all die dazwischen: zärtlich oder ungeduldig, erotisch oder romantisch.
Dies jedoch war der erste, bei dem Addie spürte, dass Skip zögerte. Zum ersten Mal wusste er nicht, wie sie reagieren würde.
Sie wusste es ja selbst nicht.
Sie wollte ihn zurückstoßen. Und gleichzeitig die Arme um ihn schlingen.
Schließlich gewann ihr Herz, und sie legte ihm die Hände auf die Schultern, stellte sich auf die Zehenspitzen und erwiderte den Kuss.
Skip schmeckte nach dreizehn Jahren Sehnsucht, und sie konnte einfach nicht genug bekommen. Sie schlang ihm die Arme um den Hals, vergaß alles um sich herum. Und dann …
… schob er sie sanft von sich.
„Du warst immer schon eine leidenschaftliche Frau. Und ein Rätsel“, sagte er leise.
Seine Worte brachten sie schneller in die Wirklichkeit zurück als eine kalte Dusche.
„Leidenschaft ist ein großes Wort. Wir waren damals jung und Opfer unserer Hormone. Und was das Rätsel angeht, da kann ich dir weiterhelfen.“
Sie bückte sich nach den Wabenrahmen. „Ich war nie ein Rätsel. Sondern Addie Wilson, ein ganz normales Mädchen, das sich in einen Jungen verliebt hatte, der sie nicht wollte, als es hart auf hart kam. So etwas passiert ständig. Damals wie heute – ich sehe es ja bei meinen Schülerinnen. Und du wirst es bei den Jungs in deinem Team erleben. Das alte Spiel. Und jetzt setz dich in den Wagen.“
Mit den Rahmen bahnte sie sich einen Weg durch das nasse Gras.
„Verdammt, Addie, wieso kapierst du es denn nicht? Ich war nicht so wie die anderen Jungs. Für dich hätte ich alles aufgegeben. Ich hätte dich geheiratet, aber …“
„… aber du hast es nicht getan. Jetzt sei bitte ruhig. Die Bienen sind zwar heute träge, aber sie merken es, wenn ich mich aufrege, und ich bin auch nicht
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