Wo niemand dich sieht
sagte etwas, sprach aber so leise, dass ich die Worte nicht verstehen konnte. Er streichelte ihr übers Haar, beugte sich vor und gab ihr einen Kuss. Auch nachdem er sich wieder ein wenig aufgerichtet hatte, fuhr er fort, mit leiser, warmer Stimme auf sie einzureden. Ich konnte nicht sagen, ob er Spanisch oder Englisch sprach. Die Hand des Mädchens kam unter der Decke hervor und berührte ihn kurz an der Schulter.
Ich nickte Laura zu und wies auf die Bren Ten, die sie lässig in der rechten Hand hielt. Sie runzelte für einen Moment die Stirn und reichte sie mir dann zögernd. Woher hatte sie gewusst, was ich plante?
»Du übernimmst das Mädchen«, flüsterte ich ihr zu.
Wieder nickte sie. Ich ließ meine AK-47 draußen am Boden, gleich beim Eingang liegen. So leise wie möglich betraten wir das Schlafzimmer. Es roch süßlich, ein vager Rosenduft. Ich mochte ihn nicht. Fand ihn irgendwie erstickend.
Er sah nur das Mädchen, beugte sich über sie, redete beruhigend auf sie ein. Meine Stiefel knarrten. Ich erstarrte, aber er regte sich nicht. Worüber redeten sie?
Behutsam drückte ich ihm die Bren Ten ans linke Ohr. »Hallöchen«, flötete ich. » Como le va?«
Das Mädchen fuhr hoch, saß nun kerzengerade? gegen das Kopfbrett des Betts gepresst. Ihre Augen waren weit aufgerissen; sie hatte Todesangst.
Ich spürte, wie er kurz alle Muskeln anspannte und sich dann wieder entspannte. Er sagte: »Wenn ihr mich tötet, kommt ihr nie lebend hier raus.«
»Für Sie würde das keinen Unterschied machen, Molinas«, sagte Laura ruhig.
»Woher wissen Sie, wer ich bin?«
»Wen sollten sie sonst hier runterschicken?«, meinte Laura. »Sie bekamen den Auftrag, uns hier festzuhalten. Was die kleinen Spielchen betraf, die ihr euch mit uns erlaubt habt, das war Ihre Idee, stimmt’s?«
»Ein paar von den Männern sind Tiere. Ich habe euch beschützt.«
Ich warf einen Blick auf das Mädchen, das sich noch immer die Decke ans Kinn hielt. Die Knöchel ihrer schmalen Hände traten weiß hervor. Ich sagte auf Spanisch: »Du brauchst keine Angst zu haben. Wir werden dir nichts tun.«
Sie nickte langsam und sagte in perfektem Englisch: »Wer seid ihr?«
»Mein Name ist Mac. Und wie heißt du?«
»Marran.«
Molinas bewegte sich, und ich richtete sofort meine Aufmerksamkeit auf ihn. »Behalt sie im Auge, Laura.«
Ich trat noch näher und platzierte die Pistole auf die Stirn. »Sie werden uns jetzt dahin bringen, wo die anderen beiden Agenten gefangen gehalten werden.«
»Sie sind tot«, behauptete er.
»Dann sind Sie es auch.« Ich drückte ihm die Pistole an den Mundwinkel und entsicherte.
»Nicht«, stieß er erstickt hervor. »Sie sind nicht tot, ich schwör’s. Ich werde Sie zu ihnen bringen.«
»Hat man sie auch unter Drogen gesetzt, so wie mich?«
»Ja, aber anders. Es geht ihnen gut.«
»Um Ihretwillen hoffe ich, dass das stimmt. Und jetzt hoch mit Ihnen, aber schön langsam.«
»Wir sollten vielleicht das Mädchen mitnehmen«, schlug Laura vor.
Molinas warf sich auf mich, als er sich erhob, aber ich schlug ihm mit der Pistole über den Schädel. Das Mädchen stöhnte auf. Laura hielt ihr den Mund zu und drückte sie zurück ins Kissen.
Molinas ging zwar in die Knie, wurde jedoch nicht ohnmächtig. Er hielt sich stöhnend den Kopf. Ich wusste, wie er sich jetzt fühlen musste, der Bastard.
»Wenn Sie das noch mal versuchen, bringe ich Sie um.« Ich zischte es in einem bedrohlichen Flüsterton. Ich wollte nicht, dass das Mädchen noch mehr Lärm machte. Ich überlegte, ob wir sie mitschleppen sollten, entschied mich jedoch dagegen. Es würde unsere Chancen nicht erhöhen. Ich wollte gerade den Mund aufmachen, um Laura genau das zu sagen, da sah ich, dass sie bereits begonnen hatte, das Bettlaken zu zerreißen. Ich wartete auf sie, wobei ich die Bren Ten die ganze Zeit an Molinas Hinterkopf hielt. Das Mädchen war jetzt still. Tränen rannen ihr über die Wangen.
»Wer ist sie?«, fragte ich Molinas, der noch immer seinen Kopf zwischen den Händen hielt.
Er verkrampfte sich wie ein Eiszapfen im Januar. »Wenn du sie anrührst, reiß ich dir den Kopf ab, du Bastard.« Ich glaubte ihm.
Laura brauchte ein paar Minuten, um das Mädchen ordentlich zu fesseln. Mir fiel auf, wie dünn ihre Ärmchen waren. Sie waren blass, mit deutlich unter der Haut sichtbaren blauen Äderchen. Ihr wunderschönes glänzendes Haar hing ihr ins Gesicht. Laura strich es zurück, nachdem sie ihr einen Knebel in den Mund geschoben
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