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Wo Schneeflocken glitzern (German Edition)

Wo Schneeflocken glitzern (German Edition)

Titel: Wo Schneeflocken glitzern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathryn Constable
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war ihr peinlich, dass sie nicht weiter zurückweichen konnte.
    »Du rauchst?«, fragte Dimitri.
    »Nein, natürlich nicht!«
    Dimitri zuckte nur die Schultern. Anscheinend war es ihm egal, ob sie rauchte oder nicht. Er steckte die Zigarette in den Mund, zündete sie aber nicht an. Wahrscheinlich war es sowieso nur Schau – eine Requisite, die ihn älter und erwachsener wirken lassen sollte. Nach ein paar Sekunden nahm er die Zigarette wieder aus dem Mund und klemmte sie hinter sein Ohr.
    »Woher kommst du?«
    »London«, sagte Sophie. »Die Stadt mit den roten Bussen, falls dir das was sagt.«
    Dimitri nickte.
    »Also jedenfalls wohne ich jetzt dort«, räumte Sophie ein. »Früher habe ich auf dem Land gewohnt. Als mein Vater noch lebte, glaube ich …« Was in aller Welt erzählte sie da? Als ob ihn das interessierte! … Aber sie wollte mit ihm reden. Er hatte so etwas wohltuend Stilles an sich, das ihr Vertrauen einflößte. Als könne sie ihm alles sagen, ohne sich dafür schämen zu müssen.
    »Rosemary – das ist mein Vormund – hat gesagt, sie würde mir mehr über meine Eltern erzählen, wenn ich mal älter bin. Sie wollte nichts von meinem Vater wissen, sie verurteilte seine …«
    »Verurteilte? Was heißt das?«
    »Sie mochte meinen Vater nicht. Er war ein Dichter. Kein Geld, verstehst du?«
    Dimitri zuckte die Schultern, als hätte das keine große Bedeutung für ihn.
    »Rosemary glaubt, dass er meine Mutter wegen ihrem Geld geheiratet hat. Aber wenn das stimmt, muss er wirklich bettelarm gewesen sein, denn meine Mutter hatte auch kein Geld.« Sophie seufzte. »Ich fürchte mich richtig davor, noch mehr über ihn zu hören. Vielleicht ist es besser, wenn ich Rosemary nichts mehr frage und ihn einfach als meinen Dad in Erinnerung behalte, der immer lieb zu mir war und mir vorgesungen hat. Es ist komisch, aber mir dreht sich alles im Kopf, sobald ich an meine Eltern denke. Und je mehr ich mich an sie zu erinnern versuche, desto wirrer und rätselhafter wird alles. Ich weiß dann nicht mehr, was nur Geschichten sind und was Erinnerungen.«
    »Dein Vater ist tot … so wie meiner.«
    »Tut mir leid.«
    »Und deine Mutter?«
    »Meine Mutter auch.« Sophie lächelte verschmitzt. »Ich muss ganz schön leichtsinnig sein, dass ich gleich beide Eltern verloren habe!«
    »Viele Leute sind verloren gegangen«, flüsterte Dimitri. Die Kristalltropfen des Kronleuchters zitterten, als er leicht sein Gewicht verlagerte.
    »Wie heißt Kronleuchter auf Russisch?«, fragte Sophie und schnippte einen der immer noch zitternden Tropfen mit dem Fingernagel an, so wie Dimitri es vorher gemacht hatte.
    » Ljustra .«
    »Das Wort gefällt mir«, sagte Sophie. »Wie Lüster. Und es erinnert ein bisschen an Illustration – wie ein Bild in einem Geschichtenbuch. Als ob man die Zukunft voraussehen könnte, wenn man in die Kristalle schaut …« An Dimitris leichtem Stirnrunzeln merkte sie, dass er ihr nicht folgen konnte, aber irgendwie war es ihr plötzlich wichtig, sich verständlich zu machen, hier und jetzt, in dieser Kristallwolke, die Licht auf den Boden versprühte wie Raureif. Sie schnippte gegen einen anderen Tropfen, und er klimperte zart, was sie ein bisschen an Delphines helles Lachen erinnerte.
    »Ich hab auch einen, der so ähnlich aussieht wie die hier.« Fast hätte sie den Anhänger aus ihrem Ausschnitt hervorgezogen, aber plötzlich genierte sie sich. Was würde Dimitri von ihr denken, wenn er den billigen alten Glasklunker sah, den sie als Halskette trug? Also sagte sie nur: »Weil ich es schön finde, wie er das Licht verteilt.«
    Einer der Kristallstränge des Lüsters war ausgewechselt worden, das konnte Sophie sehen. Der Draht war dünner und das Glas schmutziger und grauer.
    »Die Frau oben will, dass ich sauber mache. Alle Kronleuchter putzen! Ich! Dimitri! Sind seit hundert Jahren nicht geputzt worden, sagt sie. Ist gute Strafe für mich.«
    »Strafe wofür? Was hast du gemacht?« Sophie wartete gespannt, ob er ihr erzählen würde, warum ihn die Prinzessin so angeschnauzt hatte.
    Der Junge schaute weg. »Ich mache meiste Sachen, die sie verlangt. Aber manche Sachen ich kann einfach nicht machen.«
    Sophie wollte nicht weiter nachhaken, weil ihr das unhöflich erschien. Vielleicht schämte Dimitri sich, dass die Prinzessin ihn vor Sophies Augen so unfreundlich behandelt hatte. Und wer gibt schon gern zu, dass er in Ungnade gefallen ist, weil er seinen Job nicht anständig gemacht hat?
    Eine

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