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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Sam war Joe schon seit Kindertagen ein Vorbild gewesen, er hatte keinen Hehl daraus gemacht. Es war ihm nie gelungen, mit seinen Gefühlen hinter dem Berg zu halten. Auch nicht, was Yale betraf. Er war bitter enttäuscht gewesen, als Joe ihm sagte, das Angebot komme für ihn nicht in Betracht. Er hatte versucht so zu tun, als wäre ihm das egal, aber Joe konnte man nichts vormachen.
    Seine Atmung geriet aus dem Takt, sobald er an Yale dachte und an die Möglichkeit, ein ganzes Jahr mit seinem Bruder zu verbringen. Aber daraus wurde nichts. Wie immer würde Sam kommen und Joe gehen. Nimm es nicht persönlich, sagte er sich. Das ist typisch Joe. Sams Brustkorb schmerzte. Er schob den Gedanken an Yale weit von sich, aus der Gefahrenzone. Während er eine Kette von Luftblasen ausstieß, verengten sich seine Augen. Er spähte durch das dunkle Wasser, doch alles, was er sah, waren die Spieren der
Cambria
.
    Das Wrack schaute aus wie ein Zauberwald aus zersplittertem Holz. Die Taucher schwammen in einer langen Reihe am Riff vorbei und bildeten einen Kreis um das havarierte Schiff. Es lag auf der Seite, riesig und abweisend wie ein verendeter Wal. Die Rippen seines hölzernen schwarzen Rumpfs waren nach außen gebogen, Bug und Heck liefen spitz zu. Die Masten waren abgebrochen; sie ragten wie Dornen aus dem Sand, durch tödliche Drahtschlingen mit dem Schiff verbunden. Blaufische und Lippfische schwammen ein und aus.
    Joe drehte sich nach Sam um. Er bedeutete ihm, an Ort und Stelle zu warten. Sam nickte, obwohl er Joe gerne begleitet und die Bergung aus allernächster Nähe miterlebt hätte. Aber als Taucher spielte er nicht in Joes Liga mit. Seine Arbeit erforderte keine Tauchaktionen in tiefen Gewässern, und er wusste, er hatte es allein seinem Bruder zu verdanken, dass er bei diesem Tauchgang mitkommen durfte.
    In der einsturzgefährdeten Höhle des Wracks wäre er nur im Weg.
    Joe sagte etwas zu ihm. Sam blinzelte, durch das blassgrüne Wasser spähend. Luftblasen stiegen aus Joes Mund auf. Maske an Maske mit Joe, versuchte Sam die Worte von seinen Lippen abzulesen: Black Hall.
    So ein Blödsinn. Joe sagte mit Sicherheit nicht, was Sam dachte. Er hatte Joe beim letzten gemeinsamen Tauchgang mit den Worten aufziehen, ihn in Versuchung führen wollen, das Angebot in Yale anzunehmen, sich häuslich in der Stadt niederzulassen, in der Caroline Renwick lebte. Er hatte schließlich Augen im Kopf und sah, wie Joe sich veränderte, wenn er in ihrer Nähe war.
    Black Hall. Es war ihm so vorgekommen, als ob Joe die beiden Worte wirklich gesagt hätte, aber das konnte nicht sein. Sam grinste, stieß einen Schwall Luftblasen aus und zuckte mit den Schultern, um anzudeuten, dass er ihn nicht verstand. Alles andere war reines Wunschdenken. Joe war ein einsamer Wolf, ein Pirat, ein Schatzsucher. Er würde sich weder von einer Frau noch von seinem Bruder an die Kette legen lassen.
    Joe drehte sich um und ergriff das Stahlseil. Es lief von der Winsch an Bord der
Meteor
senkrecht nach unten zum Wrack. Er würde es mit Dan an der Truhe befestigen, die durch Polstermaterial geschützt und mit Riemen umwickelt war, und das Gold hochhieven. Er schwamm in den aufgerissenen Rumpf des Schiffs. Die Taucher folgten einer nach dem anderen. Als Ingenieure, Geophysiker, Archäologen und Bergungsexperten waren sie in ihrem Element, waren mit der kniffligen Aufgabe befasst, eine Truhe mit Gold unversehrt aus dem einsturzgefährdeten morschen Holzlabyrinth herauszuholen.
    Sams Platz im Meer war ein anderer. Er war Biologe, studierte die Flora und Fauna der Meere. Sobald sich das Gold an Bord befand, würde er die nächste Maschine besteigen und auf seinen Posten im hohen Norden zurückkehren. Die Wale vor Neufundland mussten gezählt, die Robben beobachtet, der Heringsbestand geschätzt werden. Seinen Traum, gemeinsam mit Joe in Yale zu lehren, konnte er in den schlammigen Tiefen des Moonstone Reef begraben.
    Geduldig wartend, erspähte Sam Trevor einen Menhadenschwarm. Die silbrigen Schuppen der kleinen Heringsfische funkelten wie ein Feuerwerk. Ihnen folgten die Blaufische auf den Fersen, zinnfarbene Torpedos, die reinsten Fressmaschinen. Sie jagten ihre Beute mit weit aufgerissenen Mäulern. Der Biologe hielt sich reglos im Hintergrund, beobachtete das Treiben der Fische und versuchte nicht mehr daran zu denken, ob sein Bruder wirklich Black Hall gesagt hatte.
     
    In ihrem Atelier auf Firefly Hill arbeitete Skye an ihrer Skulptur von den drei

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