Wo unsere Träume wohnen
anderen Menschen. „Als wäre es nicht schlimm genug, dass wir mitten in diesem beschissenen Winter …“
„Erstens möchte ich das Wort beschissen aus deinem Mund nicht hören. Weil ich es dir verboten habe“, fügte er hinzu, bevor sie widersprechen konnte. „Außerdem habe ich es dir erklärt. Wir müssen das Haus in Ordnung bringen, damit ich Reservierungen für das Frühjahr und den Sommer annehmen kann. Wenn ich Glück habe, bringen die mir genug Geld ein, um die Fenster und die Heizung zu ersetzen. Ich hatte keine andere Wahl, Stacey …“
„Natürlich hattest du die, Dad! Niemand hat dich gezwungen, den Gasthof zu kaufen! Oder Springfield zu verlassen! Oder diese Frau, die wir nicht mal kennen, zu uns einzuladen …“
„Verdammt, Stacey, es reicht!“
Rudy erschrak über sich selbst. Er schrie seine Tochter nur selten an und hatte noch nie die Hand gegen sie erhoben. Aber wenigstens hatte er ihre Aufmerksamkeit.
Er holte tief Luft. Ein Mal, zwei Mal. „Ich weiß, dass das hier für mich eine Riesenchance ist. Aber für dich sieht es so aus, als hätte ich dein Leben ohne Grund auf den Kopf gestellt.“ Er betrachtete ihr Profil. „Liebling, von der Minute deiner Geburt an war dein Leben auch meines. In vielerlei Hinsicht ist es das auch jetzt noch. Aber manchmal darf man sich eine Gelegenheit nicht entgehen lassen …“ Er umklammerte das Lenkrad. „Ich wusste, wenn ich sie nicht nutze, werde ich es für den Rest meines Lebens bereuen.“
„Was ich davon halte, ist also unwichtig?“
„Das habe ich nicht gesagt. Natürlich ist mir wichtig, was du denkst. Gib dieser Sache eine Chance, Stace. Gib mir eine Chance. Länger als zwei Tage.“
„Wie lange?“
„Ein Jahr.“
„Ein Jahr? Das kann nicht dein Ernst sein.“
„Doch. Und wenn es nicht klappt, verkaufe ich, und wir ziehen zurück nach Springfield.“
Seine Tochter legte einen gestiefelten Fuß aufs Armaturenbrett. „Versprichst du das?“
„Ich schwöre es. Und nimm den Fuß runter.“ Mit einem dramatischen Seufzer gehorchte sie. „Also? Abgemacht?“
„Ja. Was bleibt mir anderes übrig?“
„Gut. Und jetzt zu Violet“, sagte Rudy, und Stacey ließ den Kopf nach hinten fallen. „Sie wird nicht mit dir den Schrank teilen, und ich brauche eine Köchin.“ Er warf ihr einen Blick zu. „Es sei denn, du willst um sechs aufstehen und das Frühstück für die Gäste machen.“ Entsetzt riss sie die Augen auf. „Ja, das dachte ich mir.“
„Aber sie hat Kinder, Dad“, sagte Stacey, als wäre das allein schon eine Katastrophe.
„Ja, sie hat Kinder. Na und?“
Sie verdrehte die Augen.
„Okay, Stace. Zum einen hat sie noch nicht Ja gesagt. Zum anderen … seit wann magst du keine Kinder?“
Sie starrte ihn an, als wäre er ein Außerirdischer. „Wie kommst du darauf, dass ich sie jemals mochte?“
Rudy gab nicht auf. „Mit deinen Cousins und Cousinen schienst du dich immer ganz gut zu verstehen.“
„Sicher. Die muss ich auch mögen.“
„Unsinn – du liebst die Knirpse, das weißt du. Und an Thanksgiving warst du verrückt nach der kleinen Haley.“ Genau wie alle anderen in der Familie. „Du hast fast den ganzen Tag mit ihr gespielt.“
Stacey strich sich das frisch gewaschene Haar hinters Ohr. Erstaunlich, was seine entschlossene Tochter mit einem Holzofen, einem Kessel und Wasser bewirken konnte. Das Ohr war von der Kälte gerötet, und am Läppchen baumelte die Kreole, die sie von Mia, seiner Schwester und Haleys neuer Stiefmutter, geschenkt bekommen hatte. „Haley ist ein Mädchen.“
„Und?“
„Kleine Mädchen sind süß. Kleine Jungs …“ Sie schüttelte sich.
„Du bist freiwillig mit Julian in den Waschraum gegangen, als wir im Restaurant waren.“
„Das heißt aber noch lange nicht, dass ich mit ihm zusammenleben will! Und falls es dir entgangen ist, Violet hat ernste Probleme.“
„Die größtenteils daher stammen, dass sie geglaubt hat, sie würde den Gasthof erben.“
Vor ihnen bog ein Schulbus von der Straße ab und steuerte einen roten, von hohen Bäumen umgebenen Backsteinbau aus den Sechzigerjahren an. „Genau“, sagte Stacey und starrte gespannt hinüber. „Du bietest ihr einen Job in dem Haus an, das sie erben wollte, und erwartest, dass es funktioniert? Sag mal, Dad?“
Das Kind ist entschieden zu schlau, dachte Rudy.
„Was denn?“
„Das hier kann unmöglich die richtige Schule sein. Sieh dir all die kleinen Kinder an!“
Rudy hielt auf dem Besucherparkplatz
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