Wo unsere Träume wohnen
was er hatte, in den Gasthof gesteckt. Ich könnte niemals …“ Heftig schüttelte sie den Kopf. „Nein. Das kommt nicht infrage.“
„Nun ja, ein Richter könnte vorschlagen, die Immobilie zu verkaufen und den Erlös zu teilen.“ Jim sah von Violet zu Rudy. „Wie ich höre, haben Sie das Haus bereits renoviert. Ich denke, Sie bekommen vermutlich viel mehr dafür, als Sie bezahlt haben.“
Rudy seufzte. „Wir sind noch nicht mal halb fertig. Ich bezweifle, dass der Gasthof in diesem Zustand einen Käufer findet.“
„Na gut, dann gibt es da noch eine dritte Möglichkeit.“ Jim lockerte seine Fliege. „Sie beteiligen Violet als Geschäftspartnerin, wenigstens bis der Gasthof wieder Gewinn abwirft, und danach kann jeder von Ihnen den anderen auszahlen.“
Geschäftspartner? Rudy und sie? Violet starrte auf ihre Hände, bevor sie Rudy anschaute. Er wirkte nicht annähernd so aufgebracht, wie er sollte.
„Können wir das erst unter uns besprechen?“, fragte sie den Anwalt.
„Sicher, sicher. Keine Eile. Wenn Sie mir morgen Bescheid sagen, kann ich die erforderlichen Papiere vorbereiten.“ Er stand auf.
Schweigend verließen sie die Kanzlei. „Hast du Hunger?“, fragte Rudy, als sie im Freien waren. Noch immer verwirrt sah Violet ihn an, als hätte er den Verstand verloren. Er grinste. „Es ist Mittag. Ich muss etwas essen. Komm schon.“ Er führte sie über die Straße zu Maude’s. „Ich lade dich ein.“
„Ich bekomme keinen Bissen herunter.“
„Na schön.“ Er öffnete die Tür. „Dann kannst du mir beim Essen zusehen.“
Zum Glück wurde gerade ein Tisch frei, und Darla winkte sie herüber. Einige Gäste nickten ihnen zu, als sie durch den Imbiss gingen. Violet setzte sich und starrte mit verschränkten Armen aus dem Fenster.
Darla goss Rudy einen Kaffee ein und ging davon, um seine Bestellung aufzugeben. „Was hältst du von The Phoenix?“, fragte er unvermittelt.
Violet runzelte die Stirn. „Wie bitte?“
„Der neue Name des Gasthofs. Weil wir ihn aus der Asche holen …“
„Du hättest das Testament vernichten können. Ich hätte es nie erfahren.“
Er lehnte sich zurück. „Stimmt, aber ich hätte es gewusst. Ich habe keine Sekunde darüber nachgedacht, es dir nicht zu sagen.“
„Wirklich nicht? Nicht mal eine Sekunde?“
„Nein. Nicht mal eine Sekunde.“
Violet blickte wieder aus dem Fenster. Langsam legte sich der Schock, aber nicht die Verwirrung. Dass er die Vorlesungsverzeichnisse für sie besorgt hatte, war überraschend genug, aber das hier …
„Und ich dachte, Ritterlichkeit ist mit dem Mittelalter untergegangen“, murmelte sie in ihr Wasserglas.
Rudy lachte. „Ich und ritterlich? Ich habe in letzter Zeit nur an eines gedacht. Und zwar mit dir.“ Er sah sie durchdringend an.
„Wir waren uns einig …“
„Ich bin kein Heiliger, Violet“, unterbrach Rudy sie. „Ich bleibe nur auf Distanz, weil du mich darum gebeten hast. Nicht weil ich es will. Nur damit du es weißt.“
Sie wandte sich ab, und in dem Moment berührte er mit seinem Fuß ihren. Trotz der vier dicken Schichten aus Leder und Socken spürte sie die Berührung tief im Bauch. Sie ballte eine Hand zur Faust, um sich wieder in den Griff zu bekommen. Vergeblich.
„Du weißt, dass eine Partnerschaft die einzig sinnvolle Lösung ist.“
„Obwohl …“
„Ja. Obwohl. Oder hast du eine bessere Idee?“
Violet schüttelte den Kopf. Sein Essen wurde serviert, zusammen mit einem Schokoladen-Milchshake für sie. „Den habe ich nicht bestellt.“
„Aber ich. Weil ich weiß, dass du mit Zucker im Blut besser denken kannst.“
Sie schob den Strohhalm hinein.
„Natürlich müsstest du hierbleiben. Vorläufig jedenfalls“, fuhr er fort.
„Genau wie du.“
Rudy zuckte mit den Schultern.
„Wir können immer noch verkaufen.“
„Das können wir.“ Rudy fing an zu essen. „Dazu müssten wir allerdings einen Käufer finden.“ Er biss in den Hamburger. „Außerdem bekommen wir einen besseren Preis, wenn der Gasthof schwarze Zahlen schreibt. Das Problem ist …“ Das nächste Pommes verschwand. „Ich will nicht verkaufen. Und wir müssen uns einen Namen einfallen lassen. The Vaccaro? The Kildare? The Kildaro …“
„Was ist mit Stacey?“
„The Stacey Inn? Ich weiß nicht, vielleicht …“
„Ich meine dein Versprechen. Dass ihr beide …“
„So schnell gebe ich nicht auf, Violet. Ich weiß, was ich Stacey versprochen habe, aber jetzt, da ich eine Weile hier bin …
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