verkündet! Außerdem werden da ganz offensichtlich in böser Absicht Äpfel mit Birnen verglichen.«
»Woher hat die Tussi die Informationen?«
»Bestimmt nicht aus den Akten. Gerichtsakten sind nicht öffentlich zugänglich, schon gar nicht, wenn es um Jugendliche geht.«
»Vielleicht kennt sie ja eines der Opfer«, dachte Kieferle laut nach.
Hatte er richtig gehört? Hatte Kieferle gerade Opfer gesagt?
»Wie bitte?« fragte Hannes scharf.
»Die Verurteilten, du weißt schon.«
»Nein, ich weiß nicht!«
»Reg dich nicht auf.«
»Und wie ich mich aufrege.«
»Wer ist diese Journalistenschlampe, kennst du die?«
»Nein. Wahrscheinlich hat sie Berichte von Verhandlungen zusammengesucht und verglichen, bei denen ich den Vorsitz hatte. Das ist lediglich eine Fleißaufgabe. Wenn man lange genug in Zeitungsarchiven stöbert, findet man bestimmt irgendwas, woraus sich ein verleumderischer Artikel stricken läßt, allein dadurch, daß man Dinge wegläßt.«
»Was hat sie denn weggelassen?«
»Na, zum Beispiel wenn diese Personen schon eine dicke Akte bei der Polizei hatten, ohne vorbestraft zu sein. Ermittlungsverfahren, die wieder eingestellt wurden, Berichte von Sozialarbeitern, denk nur an die Jugendlichen, die schon als Serientäter bekannt sind, ehe sie überhaupt strafmündig werden. Wenn man in einem Artikel solche Kleinigkeiten zu erwähnen vergißt oder sie nicht kennt, weil sie vertraulich behandelt wurden, dann ergibt sich natürlich ein ganz schiefes Bild.«
»Scheiße«, fluchte Kieferle. »Das riecht nach einem Komplott der Konkurrenz.«
Der Gedanke war Hannes auch schon gekommen. »Nach dem Motto: Irgendwas bleibt immer hängen«, knurrte er.
»Genau. Das wird jetzt erst mal durch alle Zeitungen wandern.«
»Na, großartig«, stöhnte Hannes. »Was soll ich machen?«
»Erst mal gar nichts. Kein Wort zur Presse. Das soll alles die Pichelstein vom Sender machen. Wir haben heute um zwölf eine Sitzung mit ihr.«
»Ich werde da sein«, sagte Hannes zerknirscht.
WENN DU GLAUBST, ICH LASSE MICH SO EINFACH ABSCHIEBEN, HAST DU DICH GEIRRT. PASS GUT AUF DICH AUF, DU …
Es folgten etliche Unflätigkeiten aus der untersten Schublade. Es war die zweite Nachricht dieser Art auf ihrer Mailbox. Die erste hatte keine Drohung enthalten, sondern nur Beleidigungen. Klara hatte die Tirade sofort gelöscht. Diese Nachricht behielt sie. Man konnte nie wissen. Gehörte diese Art Vendetta zu seinem albernen Italiener-Image? Sie mußte trotz allem grinsen. Mario, ein waschechter Sachse, dessen Mutter ein Faible für italienische Namen gehabt hatte.
Klara benutzte das Handy selten. Sie nahm es auf ihre Märsche mit, für Notfälle, hatte es dann aber nie angeschaltet. Gerade hatte sie es eingeschaltet, um zu prüfen, ob es überhaupt aufgeladen war und hatte die zwei Nachrichten vorgefunden. Karla sperrte die Mailbox. Sie wollte diese haßtriefende, sächselnde Stimme nicht noch einmal hören. Hoffentlich fiel ihm nicht ein, hier anzurufen. Ihr Festnetzanschluß hatte zwar eine Geheimnummer, aber ein rachsüchtiger Irrer war sicher zu allem fähig. Klara fuhr den Computer hoch. Nach dem Erlebnis von heute morgen war sie zu aufgekratzt gewesen, sich noch einmal hinzulegen, wie sie es sonst tat. Sie hatte zwei Eier in die Pfanne gehauen und setzte sich nun mit einer Tasse Milchkaffee vor den Bildschirm.
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[email protected]Betrifft: Mal nach dir sehen …
Liebe Klaara,
wie geht es dir, was machen die Kleinen? Sind schon groß, bestimmt. Wann ist es soweit, wohin werden sie gehen? Ich drücke dir die Hände für diese Sache. Hier in Kuusamo vergeht nun langsam das Eis, es ist Kelirikko, und alles ist wie immer: dreckig. Die Straßen sind nur noch Lehm, man kann kaum aus dem Haus. Mit dem Motorschlitten ist es auch gefährlich, weil das Eis nicht mehr überall hält. Du kennst das, Kelirikko, es nimmt kein Ende. Da war mir der Winter lieber, obwohl wir einmal – 46 Grad hatten für eine Woche. Und noch ein Neues: Es steht fest, ich werde für den Sommer in Suomussalmi arbeiten, als Tourist-Guide. Vielleicht kommst du?
In Liebe, Papa.
An :
[email protected]Von:
[email protected]Betrifft: AW: Mal nach dir sehen …
Lieber Papa,
dein Deutsch ist nicht gerade besser geworden, du mußt mehr lesen! Ja, die Zeit ist reif. Sie haben alles gelernt, was ich ihnen beibringen konnte, und noch viel mehr. Neulich habe ich einen Bericht über Rumänien gesehen, dort leben