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Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Barbaras Kleid, sondern einen schäbigen, zu großen schwarzen Pullover und schlotterige Jeans.
    »Das wäre wunderbar. Hast du schon gefrühstückt?«
    Sie nickte. Hannes schlüpfte in ein Paar Slipper und ging nach draußen. Dort erwartete ihn die nächste Überraschung: Robin, der taufrisch wie der Morgen in kurzen Sporthosen aus dem Haus gelaufen kam.
    »He«, rief er. »Schon auf? Senile Bettflucht, oder was?«
    »Was soll die Verkleidung?« brummte Hannes.
    »Wir trainieren für den Rübenlauf.«
    »Den was?«
    »Den Hiddestorfer Rübenlauf. Halbmarathon, im September. Das sportliche Ereignis in diesem Landstrich, habe ich mir sagen lassen.«
    »Und wer ist wir?«
    In diesem Moment kam Arne die Zufahrt entlang. Der Anblick des Jungbauern auf dem Rad war ausgesprochen ungewohnt. Normalerweise sah man Arne nur auf schwerem Gerät oder in seinem Pickup. Hannes schüttelte den Kopf.
    Robin öffnete die kleine Pforte neben dem Tor für Arne, der sein Fahrrad in den Hof schob.
    »Morgen, der Herr Richter. Wie wär’s mit einer Runde?«
    »Ein andermal«, versprach Hannes.
    »Lieber Waschbärbauch statt Waschbrettbauch, was?« grinste Arne. Er trug ein Schweißband um seinen wirren, blonden Haarschopf, und sein Gesicht war so gerötet, als hätte er den Marathon schon hinter sich. Neben den beiden kam sich Hannes in seinem Bademantel und den Pantoffeln wie der Bewohner eines Altenheims vor.
    Gelassen trabten sie los. Arnes Schweißfahne hielt sich hartnäckig in der frischen Frühlingsluft. Der Sturm von letzter Nacht hatte sich gelegt, es würde ein klarer, schöner Tag werden. Hannes sah den beiden eine Weile nach, wobei er wieder einmal den guten Vorsatz faßte, wieder mehr auf seine Gesundheit und seine Figur zu achten. Obwohl so eine Robe einiges kaschierte.
    Er klemmte sich die Zeitungen, die irgendwie zerfleddert aussahen, unter den Arm und ging langsam zurück über den Hof. Was würde er heute darin lesen müssen? Die Zusammenkunft gestern mittag zwischen dem Programmdirektor, dem Chef vom Dienst, der Medienbeauftragten und ihm selbst war glimpflich verlaufen. Niemand hatte ihm einen Vorwurf gemacht. Renate Pichelstein hatte in dürren Worten erklärt, was zu tun war. Für alle Fälle wurde schon mal ein Dementi verfaßt, aber fürs erste hatte man sich darauf geeinigt, nichts zu unternehmen und abzuwarten, ob die anderen Blätter das Thema aufgreifen würden. Falls ja, würden sie konkret werden müssen und reale Personen benennen, für eine richtige Schmutzkampagne waren die Anschuldigungen dieser Mia Karpounis zu vage. Nach Meinung der Medienfrau war zu bezweifeln, daß die vom Vorsitzenden Richter Johannes Frenzen Verurteilten an die Presse treten würden. Für die meisten war die damalige Strafe entweder der Beginn oder eine weitere Stufe auf der kriminellen Karriereleiter gewesen. Solche Leute scheuten im allgemeinen das Licht der Öffentlichkeit. Diese Ansicht teilte Hannes. Dennoch war er angespannt.
    Insgeheim erinnerte er sich durchaus an die aufgezählten Fälle. Zumindest bei einem der Verurteilten ahnte er, auf welchen Prozeß die Journalistin anspielte. Erdogan Öcel, der im Artikel Achmed B. genannt wurde, war einer dieser Typen, die bei Hannes noch heute ungute Gefühle auslösten, wenn er sie grüppchenweise auf den Straßen herumlungern sah. Typen, die er fürchtete, wenn er sie nicht vom Richterstuhl aus betrachten konnte. Öcel war selbst schuld gewesen am Ausgang der Verhandlung. Wenn er nur ein wenig Respekt vor der Justiz gezeigt hätte. Aber er hatte selbst vor Gericht sein großspuriges Machogehabe beibehalten und noch während der Verhandlung das Opfer seines Handyraubes so haßerfüllt und drohend fixiert, daß der beraubte Schüler im Zeugenstand verängstigt reagiert und plötzlich Zweifel geäußert hatte, den Angeklagten wiederzuerkennen. Zum Glück hatte es noch einen weiteren Zeugen gegeben, einen pensionierten Polizisten, der sich weder durch finstere Blicke einschüchtern ließ, noch durch die Drohungen, die man ihm im Flur des Gerichtsgebäudes zugeflüstert hatte. Erdogan Öcel hatte während der Verhandlung demonstrativ Kaugummi gekaut, und als Hannes ihn aufforderte, dies einzustellen, hatte er ihm mit einem Kußmund geantwortet. Hannes war nach außen hin ruhig geblieben. Nur als er das Urteil verkündet hatte, hatte sein Mundwinkel ganz leicht gezuckt. Er war mit dem Strafmaß zwei Monate über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinausgegangen.
    Der Angeklagte zeigte

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