Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
Willen nichts Narbenähnliches entdecken konnte.
    »Soviel zu Krähen«, sagte er mit Dramatik in der Stimme.
    »Was ist mit ihr geschehen?«
    »Wir wandten uns an Arne. Das ist der Bauer, dem der Schweinestall gehört. Er hat sich zuerst halbtot gelacht über die Marotten der Städter – niemand käme hier auf die Idee eine Krähe aufzuziehen –, dann setzte er dem Treiben mit einer Ladung Schrot ein Ende.«
    »Stehen Krähen nicht unter Naturschutz?« fragte Nasrin.
    »Ach, weißt du, das sieht man als Landbewohner etwas anders.«
    Für ein paar Augenblicke herrschte Schweigen. Nasrin ließ ihre Blicke in der Küche schweifen.
     »Ich sehe dir an, daß du gerne mein Gewürzregal sortieren würdest«, sagte Robin und wies auf das Brett über dem Herd, auf dem weißer Pfeffer, Salz, Curry und eine Tüte Chilischoten standen.
    »Es juckt mich in den Fingern.«
    »Ist das eine Obsession?« erkundigte sich Robin.
    »Was?«
    »Das Sortieren und Aufräumen und so. Ist das ein Tick?«
    »Wieso Tick?« fragte Nasrin verständnislos.
    »Schon gut. Tja, ein wenig Aufräumen würde hier wirklich nicht schaden«, gab Robin zu. »Irgendwann mach ich das auch mal.«
    Nasrin sagte unvermittelt: »Ich bin weggelaufen. Geflohen, wenn man so will. Deshalb habe ich auch keine Sachen dabei, also, nur ganz wenige …« Sie biß sich auf die Unterlippe.
    »Warum bist du weggelaufen?«
    »Sie wollen mich verheiraten. Mit einem Türken, mit dem ich seit meinem elften Lebensjahr verlobt bin.«
    »Mein Gott.« Robin starrte sie ungläubig an. »So was liest man sonst immer nur in der Zeitung.«
    »Ich habe ihn nur einmal gesehen, als Kind. Er muß jetzt über vierzig sein.«
    »Du willst den Mann nicht heiraten, nehme ich an.«
    »Wer möchte das schon? Einen alten Mann, den ich kaum kenne!«
    Robin nickte. »Wo wolltest du denn jetzt hin?«
    »Erst mal nur weg. Mein Flug nach Istanbul geht am 19.  April. Mein Bruder wollte mitkommen und mich zu einer Tante aufs Land bringen. Am 24. sollte die Hochzeit sein. Einen Tag vorher wollten alle nachkommen, zum Feiern.«
    »Aber du mußt doch irgendeinen Plan haben«, wandte Robin ein.
    »Zu Freunden kann ich nicht, dort finden sie mich ja gleich. Ich dachte an so ein Frauenhaus. Aber das kriegen die doch raus, wo das ist.«
    »Und was willst du jetzt machen?« fragte Robin.
    Nasrin zuckte mit den Schultern. »Wenn sie mich finden, töten sie mich. Ich habe die Familienehre beschmutzt.« Sie stand auf. »Ich möchte nicht, daß du den anderen was davon sagst.«
    »Ja, aber …«
    »Es geht keinen was an. Ich komme schon zurecht.«
    Robin sprang auf und folgte Nasrin, aber die war schon aus der Tür.
    Hannes war eben vom Hof gefahren, als Barbara aus dem Haus gestürzt kam.
    »Ist Hannes schon weg?« fragte sie Klara, obwohl das offensichtlich war.
    »Gerade.«
    »Mist. Eben hat der Kindergarten angerufen.« Sie begann zu strahlen. »Eine Erzieherin hat sich gestern bei einem Fahrradsturz die Rippen gebrochen.«
    »Großartig«, meinte Klara und setzte jubelnd hinzu: »Rippenbrüche sollen ja sehr, sehr schmerzhaft sein.«
    Aber Barbara war, wie meistens, taub für Ironie. »Ich soll für sie einspringen. Verstehst du, das ist meine Chance auf den Job.«
    »Toll«, sagte Klara, nun ehrlich erfreut. Dann ging sie einem hier nicht mehr auf die Nerven, und die Hunde konnten öfter auf dem ganzen Gelände herumlaufen. Barbara waren sie in letzter Zeit angeblich nicht geheuer.
    »Ab wann?«
    »Ab morgen schon. Ich soll heute nachmittag noch zur Teamsitzung kommen.«
    »Dann wird’s aber Zeit für eine Gesichtsmaske und ein paar Hormonpillen. Sind das Augenringe oder Lidschatten?«
    Barbara griff sich entsetzt an die Wange.
    »Echt? Habe ich Augenringe?«
    »Wie Traktorenreifen.«
    Klara amüsierte sich über Barbaras schockierten Gesichtsausdruck. Sie war so leicht zu verunsichern, und manchmal konnte Klara einfach nicht widerstehen. »War nur ein Aprilscherz«, tröstete Klara.
    »Wo ist Nasrin?« fragte Barbara.
    »Keine Ahnung. Wenn du das nicht weißt … Weißt du Barbara, egal was du hier anschleppst, du solltest es unter Kontrolle haben!«

III.
     
    »Papa, können wir bald mal wieder in den Wald?«
    Seitdem Jonas’ Vater seinem Sohn zur Beruhigung einen Lexikon-Artikel über Wölfe vorgelesen hatte, gab er keine Ruhe mehr. Jonas hatte schon einiges über Wölfe gewußt, aber manches eben doch noch nicht. Zum Beispiel, daß sie für Menschen nur gefährlich sind, wenn sie sich bedroht

Weitere Kostenlose Bücher