Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
über Ausländerfeindlichkeit in der deutschen Rechtssprechung. Sie nannte allerdings keine Namen.
    Die Tür ging auf, ein Lichtstreifen durchschnitt das Dämmerlicht der Garage. Es war Klara. Hannes mochte es nicht, wenn man ihn in seinem Refugium störte.
    »Was ist?« fragte er unfreundlich.
    Klara kam näher und strich über die blankpolierte Kühlerhaube des Mercedes.
    »Netter Wagen.«
    »Nett? Das ist ein Klassiker des Automobilbaus, eine Legende!« Er öffnete die Motorhaube. »Sieh dir das an! Dreiliter-Reihensechszylinder, der hat 215 PS und die damals weltweit erste Benzin-Direkteinspritzung. Er beschleunigt in zehn Sekunden von Null auf Hundert und fährt 260 Spitze.«
    Klara warf einen Blick auf den Motor. »Ist schon gut«, sagte sie nur.
    Hannes machte die Haube wieder zu und bot Klara einen Schemel an. Er selbst nahm auf einer leeren Bierkiste Platz.
    »Hattest du schon mal Angst vor Gewalt?« fragte Hannes.
    »Was für Gewalt? Krieg, Terrorismus?«
    »Nein, nicht so abstrakt. Ich meine, eine konkrete, greifbare Angst, verprügelt zu werden. Von Menschen, die du kennst.«
    »Meiner Mutter ist früher gerne mal die Hand ausgerutscht. Oder die Reitpeitsche.«
    Hannes hob erstaunt die Augenbrauen.
    »Gell, das glaubt man gar nicht, wenn man sie so sieht, in ihren Kaschmirtwinsets.«
    »Mein Vater war mit Ohrfeigen auch nicht zimperlich. Aber das meinte ich nicht. Hast du vor ein paar Jahren diese Sache mit den Geburtstagsprügeln mitbekommen?«
    Klara schüttelte den Kopf.
    »Eine Gruppe türkischer Schüler hat ihren deutschen Mitschülern vorwiegend an deren Geburtstagen aufgelauert und sie verprügelt. Über Monate, wenn nicht sogar Jahre ging das so. Es war eine ganz normale Schule in einer ganz normalen, niedersächsischen Kleinstadt. Das ging durch sämtliche Medien. Es wurde viel diskutiert und analysiert, wie es dazu kommen konnte.«
    »Und wie konnte es dazu kommen?«
    »Die alte Geschichte: mangelnde Integration, Sprachprobleme, dadurch schlechtere Noten. Viele bekamen zu Hause selbst Prügel von den Eltern. Und das Wichtigste: Sie waren in einem Alter, in dem sie langsam begriffen, daß sie auf der Verliererseite standen. Also schlugen sie zurück und prügelten die, die es besser erwischt hatten. Das mit dem Geburtstag hatte Symbolcharakter: ausgerechnet der Tag, an dem die deutschen Kinder zu Hause am meisten verwöhnt werden. Die Lehrer hatten übrigens angeblich alle nichts davon bemerkt.«
    »Hat das etwas mit unserem Türkinnenproblem zu tun?« fragte Klara verwirrt. Hannes schien eine ganze Weile auf einer Antwort herumzukauen, aber schließlich sagte er nur: »Ach, nein. Eigentlich nicht.«
    »Oder mit den Zeitungsartikeln über dich?« bohrte Klara, die seinen konfusen Gedankensprüngen nicht folgen konnte. Hannes schüttelte den Kopf.
    »Hast du wirklich deutsche Schläger davonkommen lassen und absichtlich die Ausländer verknackt?« insistierte Klara.
    »Das habe ich nicht«, sagte Hannes bestimmt. »Ich finde jeden Gewalttäter zum Kotzen, ausnahmslos jeden. In dem Fall Fatih B., über den du sicherlich gelesen hast, gab es vier übereinstimmende Zeugenaussagen, die ich nicht ignorieren konnte. Ich wußte schon, daß die deutschen Beteiligten keine Unschuldsengel waren, aber glaub mir, der Albaner war erst recht keiner. Er hatte zwar keine Vorstrafe, aber schon eine recht dicke Akte bei der Jugendfürsorge.«
    Klara erhob sich von ihrem Schemel und sagte. »Ich will mir dazu kein Urteil anmaßen, Hannes. Ich denke, du wirst schon wissen, ob du dir was vorzuwerfen hast oder nicht.«
    Hannes blieb sitzen, den Kopf in die Hände gestützt. Er nickte.
    »Nur eine Frage: Willst du der kleinen Türkin helfen, um den moralisch rückständigen männlichen Familienmitgliedern eins auszuwischen, oder weil du meinst, du hättest was gutzumachen?« fragte Klara.
    »Weder noch«, erwiderte Hannes, und das war nicht gelogen.
    Als Klara ins Haus kam, klingelte das Telefon.
    »Ja?« Klara meldete sich nie mit ihrem Namen, den sie nicht besonders mochte.
    »Frau von Rüblingen?«
    Sie hatte die angenehme, sonore Männerstimme täglich erwartet, dennoch bekam sie nun Herzklopfen
    »Ja, ich bin es.«
    »Hier spricht Michael Trenz.«
    »Ich weiß.«
    »Wie sieht es aus?«
    »Gut, sehr gut. Sie sind … ich würde sagen, sie sind bereit.«
    »Gut. Ich bin dabei, den Zeitpunkt festzulegen. Ich informiere mich dieser Tage bei den anderen. Wenn es so weit ist, gebe ich Ihnen Bescheid über weitere

Weitere Kostenlose Bücher