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Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Vasen und alles, was sonst noch im Weg gestanden hatte. Die Wände waren nackt und das Parkett befreit von Teppichen. Eine Birne ersetzte den Kronleuchter. Nur einige ausgesuchte Möbelstücke waren noch da: der ovale Tisch, die alte Anrichte, die Kommode mit der Marmorplatte und die Standuhr. Dazu ein wenig Geschirr. Immerhin hat sie Geschmack bewiesen, dachte Klara.
    Sie hörte Schritte im Flur, Nasrin kam herein. »Wie geht es Robin?«
    »Er schläft. Er hing sehr an den Sachen, er wird eine Weile daran zu knabbern haben. Und daß eines klar ist: In meiner Wohnung faßt du nichts an.« Sie würde in Zukunft gut auf ihre Schlüssel aufpassen.
    »Geht klar«, sagt Nasrin freundlich. »Die Kommode mit dem Marmordeckel sollte ins Schlafzimmer, was meinst du?«
    »Von mir aus.«
    Sie trugen das Möbel hinüber, und Nasrin begann, Robins Kleidung farblich geordnet einzusortieren. Klara verabschiedete sich, aber als sie schon fast aus der Tür war, rief Nasrin: »Klara!«
    Klara kehrte um. »Was noch?«
    »Heute, nachdem ihr fort wart, war ein Mann hier.«
    »Was wollte er?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe mich nicht gezeigt. Er ist um das ganze Gelände herumgeschlichen, außen, am Zaun. Erst als die Hunde gejault haben, ist er gegangen.«
    »Wie sah er aus?«
    »Unheimlich. Böse.«
    »Was soll denn das heißen?«
    »Er trug ganz schwarze Sachen.«
    »War er groß, klein, dick, dünn?«
    »Mittel.«
    »Das Haar?«
    »Schwarz. Er trug eine verspiegelte Sonnenbrille. Ich konnte nicht viel von ihm sehen.«
    »War er mit einem Auto hier?«
    »Ich habe keines gesehen.«
    »Scheiße«, murmelte Klara.
    »Kennst du ihn?«
    »Nein«, sagte Klara.
    »Ich hatte schreckliche Angst.«
    »Ach, bestimmt war es ein Paparazzo, das hatten wir schon öfter. Hin und wieder schleichen hier auch Leute herum, die einfach mal sehen wollen, wie der berühmte Fernsehrichter so lebt. Sag bitte nichts zu den anderen. Die regen sich sonst nur unnötig auf.«
    »Kommt rein, wir trinken bei mir einen auf den Schrecken«, sagte Hannes.
    Einem solchen Vorschlag war Arne selten abgeneigt, aber als gewissenhaftes Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Holtensen prüfte er vorher, ob der verbliebene Haufen keine Glut mehr in sich trug. Seine Kollegen hatten jedoch ganze Arbeit geleistet. Zum Glück hatte man die Löschzüge aus den Nachbarorten noch rechtzeitig stoppen können, man hätte sich sonst garantiert lächerlich gemacht.
    »Wenn du ein paar Kasten Bier springen läßt, werde ich anregen, daß das Ganze im Nachhinein als Übung deklariert wird. Dann gibt es auch keinen Ärger von wegen unsachgemäßer Müllbeseitigung«, meinte Arne.
    »Danke«, sagte Hannes und bat Barbara, ein paar Flaschen Merlot aus dem Weinkeller zu holen. Insgeheim war er guter Laune. Nicht nur Arne und seine neue Freundin hatten Nasrin gesehen, sondern auch die Besatzung des Löschwagens, der mit Karacho vorgefahren war. Und nun rollte ihm diese Sina auch noch den roten Teppich aus, indem sie fragte: »Wer ist denn das Mädchen, und warum verbrennt sie Robins Sachen?«
    »Nun ja«, wand sich Hannes, »sie ist wohl momentan in einer schwierigen Situation. Eigentlich sollte niemand wissen, daß sie bei uns wohnt, aber da ihr sie nun schon einmal gesehen habt …«
    Am nächsten Morgen nahm Robin jeden noch verbliebenen Gegenstand in die Hand und stellte ihn anschließend liebevoll in den Schrank. Jedes einzelne Stück hatte nun ausreichend Platz, er mußte nichts mehr stapeln. Die Wände waren kahl, die Landschaftsaquarelle hatten Ränder hinterlassen. Seltsamerweise erinnerte er sich jetzt schon nicht mehr genau daran, was auf ihnen zu sehen gewesen war. Neben der Standuhr hatte ein Berg gehangen. Der wilde Kaiser? Die Zugspitze? Das Zimmer war jetzt heller, aber das mochte am Wetter liegen. Der Ostermontag zeigte sich von seiner besten Seite, die Sonne schien durch die staubige Scheibe auf das Parkett und ließ es glänzen. Aber Robin war nicht heiter zumute. Er war wütend und er litt. So mußte seiner ausgebombten Großmutter damals zumute gewesen sein. Er hatte ihre Geschichte früher oft zu hören bekommen, es hatte ihn nie berührt. Jetzt konnte er ihren Verlust nachempfinden. Er fühlte sich wie ein Baum, dem man die Wurzeln gekappt hatte. Wie sollte er so den nächsten Sturm überstehen? War das die Strafe für sein damaliges Desinteresse? Trotz seines Kummers hatte er wider Erwarten gut geschlafen. Als er das Silberbesteck neu einordnete, bemerkte er die

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