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Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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der Nähe ihres Körpers verweilten, ehe sie sich ins Jenseits begaben. Oder blieben sie an dem Ort, an dem sie gestorben waren? Egal. Nicht, daß er ernsthaft an solche Dinge glaubte. Trotzdem hatte Barbara recht behalten: Man konnte in der Nähe eines Toten nicht gut schlafen. Er stand auf, machte überall Licht und wanderte durch die Wohnung. Als die Standuhr erst viermal, dann zwölfmal schlug, zuckte er bei jedem Schlag zusammen. Entnervt öffnete er die Tür des Uhrenkastens und hielt das Pendel an. »Gib endlich Ruhe!«
    Ohne das laute Ticken war es in der Wohnung so still wie … nein! Schluß! Hier, unter einem Dach mit dem Toten, würde er garantiert kein Auge schließen. Er schlüpfte in seine Jogginghose, zog einen Pullover über und schlich die Treppe hinunter. Das Gästehaus. Dort, umgeben von den Dingen, die Nasrin berührt hatte, die sie beim Erwachen als erstes gesehen hatte, und als letztes vor dem Einschlafen, würde er sich ihr ein bißchen nahe fühlen, dort würde er vielleicht eher Ruhe finden.
    Draußen war es windig, und es roch nach Regen. Robin wunderte sich über das Licht im Schlafzimmer von Hannes und Barbara. Hatte Barbara nicht nach Hamburg fahren wollen? Egal. Der Schlüssel zum Gästehaus lag auf dem Dachbalken über der Tür, wo er vor Nasrins Besuch auch gelegen hatte. Niemand hatte das Bettzeug abgezogen, was Robin nur recht war. Er machte kein Licht. Ja, hier ging es ihm ein wenig besser. Er bildete sich sogar ein, daß das Bettzeug nach ihr roch.
    Er war – so kam es ihm jedenfalls vor – gerade erst eingeschlafen, als er das Geräusch hörte. Er schreckte auf, lauschte. Draußen schrie irgendein Nachttier, das war alles. Er sank erneut in das Kopfkissen und schloß die Augen. Da war es wieder: ein leises Kratzen.
    Etwas Kaltes glitt seinen Rücken hinunter. Angst. Sie hinderte ihn daran, die Hand nach der Nachttischlampe auszustrekken, denn schon wieder hörte er dieses gräßliche Scharren. Wie Fingernägel auf Holz.
    Stille.
    Unweigerlich fielen ihm Geschichten über Scheintote ein, die sich die Finger an den Deckeln ihrer Särge blutig kratzten. Robin hielt den Atem an und horchte mit weit aufgerissenen Augen in das Dunkel. Das Geräusch schien von oben gekommen zu sein. Der Dachboden erstreckte sich vom Gästehaus weiter über die gesamte Länge des Schuppens und war, wenn er sich richtig erinnerte, so niedrig, daß man nur in der Mitte mit eingezogenem Kopf stehen konnte. Robin war nur einmal da oben gewesen und hatte sich später nie Gedanken gemacht, was sich dort befinden könnte.
    Er nahm seinen ganzen Mut zusammen und streckte die Hand aus, um die Lampe anzuknipsen. In diesem Moment begann das Scharren erneut. Dazu kam ein Geräusch, als ob da oben jemand kegelte. Panisch griff er nach dem Kabel mit dem Schalter und riß dabei die Lampe vom Nachttisch. Er sprang aus dem Bett, hechtete in Richtung Tür und tastete verzweifelt die Wand ab. Die Tür fand er nicht, aber wenigstens den Schalter für die Deckenlampe. Die Helligkeit blendete ihn, aber sie beruhigte ihn auch. Erneut schleifte etwas über den Boden über ihm, ja, es war über ihm, da war er jetzt sicher.
    Die Falltür. Hinter dem Ofen lehnte der Besenstiel mit dem eisernen Haken, der zu dem Riegelverschluß paßte. Anstatt sich hier in die Hosen zu machen, sollte er die Treppe ausklappen und da hinaufsteigen und nachsehen. Er hatte sich gerade dazu entschlossen, den Haken schon in der Hand, da erklang das Lachen. Ein schrilles, meckerndes, höhnisches Lachen.
    Robin ließ den Haken fallen, riß die Tür auf und rannte hinaus. Im Hof blieb er schwer atmend stehen. Scharf und schwarz hob sich das herrschaftlich verwinkelte Gutshaus gegen den Himmel im Osten ab. Es dämmerte. Er mußte wohl doch ein wenig geschlafen haben. Er war gerade an seiner Haustür angekommen, als sich diese wie von Zauberhand öffnete. Mit einem Schrei fuhr Robin zurück.
    »Herrgott, was schleichst du denn da draußen herum?« Auch Klara war erschrocken. Sie trug ihre Armeehosen und den Parka. Merlin, der als einziger die Nerven behalten hatte, tänzelte um die beiden herum.
    »Klara«, keuchte Robin und griff sich an die Brust, als drohe ein Infarkt. »Du mußt mitkommen. In dem Raum über dem Gästehäuschen. Da ist etwas.«
     »Etwas?«
    Robin schilderte die Geräusche mit drastischen Worten. »Und dann hat es auch noch gelacht«, schloß er und schauderte erneut.
    »Hast du nicht nachgesehen?«
    »Nein, verdammt. Ich habe Angst,

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