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Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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zu fehlen, insbesondere Zahnbürste und Rasierer waren da.
    »Sieht nicht nach einer Reise aus«, stellte sie fest, als sich die beiden Polizisten im Wohnzimmer trafen. Auch dort herrschte mäßige Unordnung. Die Erde der einzige Pflanze, einer Yuccapalme, war trocken, aber noch nicht ausgedörrt. Auf dem Couchtisch stand ein flacher, viereckiger Karton mit vertrockneten Resten einer Pizza, daneben eine Weinflasche mit einem kleinen Rest Merlot und ein leeres Glas.
    Die beiden gingen zur Tür, wo der Hausmeister noch immer brav und neugierig wartete.
    »Also, ich hab den schon mindestens seit Mitte der Woche nicht mehr gesehen«, platzte der Mann ungefragt heraus. »Sein Fahrrad ist ja auch nicht da, oder? Das trägt er nämlich immer hoch in seine Wohnung.«
    Die Beamtin schloß die Tür hinter sich. »Das werden Sie bitte alles noch einmal der Kripo erzählen. Würden Sie wieder abschließen?«
     Der Polizeiobermeister und seine Kollegin gingen hinter dem Hausmeister die Treppe hinunter. Im dritten Stock stand eine alte Frau in einem ausgebleichten rosa Morgenmantel im Türrahmen und musterte die Polizisten mit unverhohlener Neugier. Hinter der gegenüberliegenden Tür hörte man Kindergeplärr und eine keifende Frauenstimme. Ein Kinderwagen stand auf dem Treppenabsatz, und der Hausmeister murmelte: »Der hab ich schon hundertmal gesagt, daß das Treppenhaus freibleiben muß.«
    Im ersten Stock roch es nach angebratenen Zwiebeln, wodurch der Polizeiobermeister daran erinnert wurde, daß es schon bald Mittag war. Vor der Tür parkte der Streifenwagen halb auf dem Gehweg. Es regnete. Sie stiegen rasch ein, und der Polizist fragte seine Kollegin: »Gyros oder Pizza?«
    Am Frühstückstisch vertrocknete der Schinken, und die Eier waren längst kalt. Barbara war sorgfältig frisiert und geschminkt, und trotz des trüben Wetters trug sie ein Sommerkleid. Die intakte äußere Hülle verlieh ihr Selbstvertrauen. Ich darf nicht zulassen, daß ich hier verbauere, hatte sie heute morgen vor dem Spiegel beschlossen. Schließlich hatte sie noch etwas vor mit ihrem Leben. Hannes war noch immer nicht zurück. Was mußte er auch in aller Herrgottsfrühe joggen gehen, noch dazu mit Merlin. Endlich. Das Tor ging auf, sein Wagen fuhr auf den Hof. Sie hörte, wie er aufschloß und seine Schuhe in eine Ecke schleuderte.
    »Frühstück ist fertig.«
    Er ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Merlin ist abgehauen«, sagte er bedrückt.
    »Ach wirklich? So was! Aber was regst du dich dabei so auf?«
    »Ich hatte die Verantwortung.«
    »Ich denke, die hatte Robin.«
    »Ach, der«, sagte Hannes. Er blätterte in den Zeitungen, las die Artikel über den jugendlichen Serientäter. Dann fuhr ihm ein Adrenalinstoß durch den Körper. Im Regionalteil lautete die Schlagzeile: Grausiger Leichenfund gibt Rätsel auf . Nach wenigen Zeilen beruhigten sich seine Nerven wieder. Es war lediglich ein Bericht über den Brand in Wennigsen. In den Trümmern des Hauses in der Ökosiedlung hatte man bei den Aufräumarbeiten einen Toten gefunden, vermutlich den Sohn des Hauses, der aus den Ferien zurückgekommen und von dem Brand überrascht worden war. Die völlig verkohlte Leiche befand sich in der Gerichtsmedizin. Hannes verging dieser Tage beim Gedanken an Leichen jeglicher Art der Appetit. Er schob seinen Teller weg und sagte zu Barbara: »Es kann sein, daß demnächst die Polizei hier auftaucht.«
    »Wieso?«
    Hannes erklärte Barbara dasselbe wie vorhin Robin. Ihre Reaktion war jedoch ganz anders.
    »Hah«, sagte Barbara hämisch. »Madame hatte einen Liebhaber, wer hätte das gedacht. Aber hör mal, der Typ war doch höchstens Mitte Zwanzig.«
    »Sei nicht so spießig.«
    Barbara schwieg, aber sie brachte es nicht fertig, ihr Grinsen zu verbergen. Hannes beglückwünschte sich erneut dazu, sein Vorhaben vom Morgen nicht in die Tat umgesetzt zu haben. Aber dennoch galt es, sie bei Laune zu halten, bis die Gefahr vorüber war. Er wiederholte, was er schon Robin gesagt hatte: »Wir müssen nur den Mund halten. Du weißt von nichts. Keine Leiche, kein Verbrechen.«
    »Was habe ich davon?«
    »Wie meinst du das?« fragte Hannes alarmiert.
    Barbara sah ihn herausfordernd an. »Vor meiner Tür wurde ein Mensch erschossen, von deinem Freund. Er und seine Freundin, die dir seit neuestem sehr am Herzen zu liegen scheint, lassen die Leiche verschwinden, und du verlangst von mir, daß ich darüber schweigen soll. Und nicht nur das. Sogar lügen soll ich. Ich frage

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