Wofuer die Worte fehlen
seinen Körper. Der Seidenumhang knistert leise bei jeder Bewegung. Er genieÃt auch das leichte Gruseln, das er bei den anderen verursacht, wenn er an ihnen vorbeigeht und sein schwarzer Umhang die nackten Beine der Mädchen berührt.
Er fühlt sich stark und unbesiegbar.
Das gute Gefühl hält nicht lange. Unter der Rüstung ist es heiÃ, durch die Gesichtsmaske fällt das Atmen schwer. Er schwitzt unter dem Leder, das an seiner Haut festzukleben scheint. Und da ist dieses andere Gefühl, das er schon vor dem Spiegel in Sakuras Flur hatte und das sich immer stärker in ihm ausbreitet: Er sieht zwar aus wie Takumi, der Schwarze Ritter, aber unter der Rüstung wird er immer Masaru bleiben, der ewige Sklave Takumis.
Kristian hat die anderen im Gewühle schnell verloren; sie laufen hierhin und dahin, um alte Bekannte zu begrüÃen. Er setzt sich in die erste Reihe vor die Bühne neben einen Jungen, der über seinen Kopf eine Wolfsmaske gestülpt hat.
Nach der offiziellen BegrüÃung durch die Veranstalter geht das Programm los. Manches gefällt ihm, manches nicht, Kristian wartet auf die Rockband. Und als sie endlich auf der Bühne stehen, entschädigt das für das lange Warten. Fünfundvierzig Minuten lang hämmert der Rhythmus durch den Saal, Kristian singt lautlos mit. Er ist glücklich.
Als er danach aufsteht, um den Saal zu verlassen und nach den anderen zu suchen, fällt auf der Bühne plötzlich sein Name. Sakura hat ihn ohne sein Wissen zum Cosplay-Wettbewerb angemeldet.
Er will erst nicht auf die Bühne, aber die anderen drängen und schubsen ihn. »Du hast âne echte Chance!«, sagt Sakura. »Na los, du bist doch sonst nicht so feige!«
Widerwillig stellt er sich neben die anderen Teilnehmer. Zum Glück ist es ein original japanischer Cosplay, bei dem man im Gegensatz zu den europäischen nichts sagen muss. Es reicht, eine gute Figur zu machen.
Kristian gewinnt den Wettbewerb: zwei Eintrittskarten für das nächste Konzert von An Cafe.
»Du hattest recht!«, sagt Sakura, als sie ihm nach der Siegerehrung begeistert gratuliert. »Der Schwarze Ritter ist unbesiegbar! Nimmst du mich mit auf das Konzert?«
Der Schwarze Ritter ist unbesiegbar! Der Schwarze Ritter ist unbesiegbar! Unerträglich, wie ein Ohrwurm, den man nicht vergessen kann, hämmern die Worte in seinem Kopf. Er ist froh, als sie endlich zurückfahren. Zu Hause zieht er die Rüstung aus und legt sie ganz hinten in seinen Schrank.
Der Schwarze Ritter ist unbesiegbar! Wenn Sakura wüsste, wie gerne er unrecht gehabt hätte!
Der Talentwettbewerb für Manga-Nachwuchszeichner, zu dem Frau Bartsch alle Schüler aus ihrem Kurs angemeldet hat, findet einmal im Jahr statt. Jeder muss eine Geschichte auf acht Seiten darstellen, von hinten nach vorne zu lesen, wie die Bücher in Japan.
Sie geht von Schüler zu Schüler, lobt, verbessert, gibt Tipps. Kristians Geschichte vom Schwarzen Ritter und seinem Sklaven Masaru gefällt ihr an sich ganz gut.
»Aber das Ende! Du kannst unmöglich die Geschichte so negativ ausgehen lassen. Mangas haben immer ein Happy End.«
»Da kannst du genauso gut mit der Wand da drüben reden!«, sagt Sakura. »Kristians Ritter kann man nicht besiegen! Behauptet er jedenfalls.«
»Auf keinen Fall mit Magie!«
»Wie wäre es mit Feuer?« Mit schnellen Strichen zeichnet Sakura einen Masaru aufs Blatt, der dem von Kristian verblüffend ähnlich sieht. Zeichnen kann sie.
»Wenn der Schwarze Ritter das nächste Mal in Masarus Zimmer kommt, wird Masaru so wütend, so unendlich wütend, dass in seinem Bauch aus der Wut eine rote Feuerkugel entsteht. Hier!« Sie pikst mit dem Zeichenstift auf Masarus Bauch. »Wenn ich mal wütend werde, kommt die Wut aus dem Bauch!«
Ihre Mutter lacht laut. »Und das kommt nicht selten vor!«
Kristian lächelt nicht einmal. Bei ihm wohnen im Bauch die Schmerzen. Für Wut ist kein Platz mehr.
Sakura aber ist von ihrer Idee begeistert. »Und die Feuerwutkugelschleudert Masaru dann dem Schwarzen Ritter entgegen. Und er wird von einer Riesenexplosion verschlungen.«
»Bei Sakura muss alles explodieren â¦Â«, erklärt Frau Bartsch. »Aber sie hat recht. Es ist eine gute Möglichkeit, deine Geschichte zu beenden. Die Wut symbolisch als Feuerball. Eine Mischung aus Magie und Realität. Damit könntest du
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