Woge der Begierde
wie Verwunderung bewusst, dass sie einander nicht gut kannten … noch nicht. Sie spürte, dass er ihr nichts absichtlich vorenthielt, sondern dass er sich nur noch nicht klar darüber war, wie er ihr etwas beibringen sollte, was wahrscheinlich unschön war. Schuldgefühle machten sich in ihr breit. Sie war erst seit wenigen Minuten auf Stonegate, und sie überfiel ihn bereits mit Fragen und Vorwürfen wie eine Xanthippe. Sie entschied, dass dies ein Thema war, das besser verschoben werden sollte, und erklärte: »Wirst du es mir später erzählen?« Ein leises Lächeln spielte um ihren Mund, als sie hinzufügte: »Und auch von dem alten Earl.«
Charles lachte, nickte. »Besonders von dem alten Earl.«
Sobald Garthwaite ihnen Tee serviert hatte, stand als
Nächstes eine kurze Führung durch das Haus an. Es war ein großes schönes Gebäude, und Daphne musste sich mehrmals kneifen, um sicherzugehen, dass sie nicht träumte, während Garthwaite ihr ein Zimmer nach dem anderen zeigte, jedes geräumiger und eleganter als das davor. Dieses herrliche Haus war nun ihr Zuhause. Mit Charles an ihrer Seite würde sie den Rest ihres Lebens hier verbringen. Ihre Kinder würden hier zur Welt kommen; ein Schauer überlief sie, wenn sie sich vorstellte, wie durch die breiten Flure und die leeren Zimmer Kinderlachen und die Geräusche tobender Kinder hallten. Von Zeit zu Zeit blickte sie zu Charles, der ihr folgte, und überlegte sich, was ihm wohl durch den Kopf ging. Seine Miene war schwer zu lesen. Sie sah Stolz auf sein Heim - das erkannte sie an seinem Blick -, aber da war auch etwas, das er vor ihr verbarg, als wollte er sich selbst schützen und traute sich nicht recht, seine wahren Gefühle zu zeigen. Hatte ihm seine Stiefmutter die Liebe zu diesem Haus verdorben? Oder gab es andere Gründe? Vielleicht etwas, was mit seinem Vater zu tun hatte? Seinem Halbbruder?
Sie seufzte. Sie hatte noch so viel zu lernen über diese Familie, und es war gewiss nicht hilfreich, dass ihr Ehemann nicht gerne über sie sprach. Neugier nagte an ihr, und sie fragte sich, was es mit den unglückseligen Ereignissen auf sich hatte, die die Westons zu plagen schienen. Offenbar war seine Mutter tot. Aber was war mit seinem Vater? Charles hatte ihn nie zuvor erwähnt. Sie schnitt unwillkürlich eine Grimasse. Bis sie durch die Eingangstür von Stonegate geschritten war, hatte er auch über keinen von den anderen ein Wort verloren, sodass diese Auslassung keine echte Überraschung war. Aber sie begann sich zu fragen, wie lange es her war, dass sein Vater gestorben war. Es
konnte nicht erst vor Kurzem gewesen sein, sonst hätte er etwas gesagt. Ein schrecklicher Gedanke kam ihr. Lag der Tod seines Vaters in derselben Zeitspanne, in der John, Daniel, Sophie und … Raoul ein frühes Ende gefunden hatten? Sie erschauerte, schalt sich aber gleich darauf eine Gans und schob diesen Gedanken energisch beiseite. Viel lieber konzentrierte sie sich darauf, sich an ihrem neuen Zuhause zu freuen.
Die Zeit verflog, und bald schon wurde Daphne in ihr Zimmer gebracht, um sich zum Dinner umzuziehen. Nachdem sie im ganzen Haus den Geschmack und Stil gesehen hatte, den Charles’ Stiefmutter bevorzugt zu haben schien, war sie darauf gefasst gewesen, dass ihr Schlafzimmer ebenso kalt und förmlich aussehen würde wie der Rest des Gebäudes; sie hatte damit gerechnet, es auf den ersten Blick nicht zu mögen. Stattdessen war sie entzückt, als man sie zu einem Raum brachte, in dem eine andere Hand am Werk gewesen sein musste. Die bernsteinfarbenen Wände und die Decke in einem Cremeton verliehen dem großen Zimmer Wärme, und auch wenn die Bett- und Fenstervorhänge und die Teppiche eher männlichen Geschmack verrieten, war sie sehr zufrieden mit ihrem neuen Zimmer.
Jane hatte bereits ein Bad für sie in das angrenzende Ankleidezimmer bestellt, sodass sich Daphne kurz darauf zufrieden in das nach Nelken duftende Wasser sinken lassen konnte. Es fühlte sich dekadent auf ihrer Haut an, und die Erinnerung an Charles’ leidenschaftliche Liebkosungen letzte Nacht wurde wieder lebendig, weckte ihr Verlangen. Ihre Wangen wurden rot. Die Dinge, die sie getan hatten! Hitze, die nichts mit der Temperatur des Wassers zu tun hatte, breitete sich in ihr aus. Sie erschrak, als ihre Brustspitzen sich aufrichteten und ein drängendes Pochen zwischen
ihren Schenkeln erwachte. In ihrem Kopf schwirrten die Bilder durcheinander, wie Charles sie geliebt hatte, und als sie aus dem Zuber
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