Woge der Begierde
kehrte sie ihm den Rücken und ging zu den Felsen zurück, die die beiden Ländereien trennten. April folgte ihr hastig. Ohne
eine Miene auf seinem jungen Gesicht zu verziehen, verabschiedete Adrian sich von den beiden Männern mit einer knappen Verbeugung, ehe er hinter seinen Schwestern herging. Dank seiner langen Beine hatte er sie rasch eingeholt.
Charles schaute ihnen nach, als sie die Felsen erreichten und darüberstiegen, genoss den Anblick eines wohlgeformten Schenkels, als ein plötzlicher Windstoß die Röcke der alten Jungfer anhob. Sie fasste sogleich nach dem Stoff und hielt ihn unten zusammen. Schade - es war ein ganz reizendes Bein gewesen, und es hätte ihn nicht gestört, mehr davon zu sehen zu bekommen … und von ihr. Im Grund genommen verlieh ihr Auftauchen auf der Bildfläche hier seiner Hoffnung neue Nahrung, dass sein Besuch bei Trevillyan nicht so langweilig werden würde, von den Leichen einmal abgesehen, wie es den Anschein gehabt hatte. Erst als sie über den Felsenhaufen gestiegen waren und sich weiter entfernten, wandte er sich wieder zu Lord Trevillyan um.
»Sie hatte recht, wissen Sie«, bemerkte Charles beiläufig. »Sie waren grob und anmaßend.«
»Oh, was zum Teufel kümmert es mich, was ein Emporkömmling und eine alte Jungfer dazu von mir denkt?«, entgegnete Trevillyan, der dem entschwindenden Trio weiter nachschaute. »Wenn man bedenkt, dass Huxleys ganzes Vermögen an den Jungen gegangen ist! Ein Niemand. Und diese Schwester von ihm! Dreist wie sonst was. Wie kann sie es wagen, so mit mir zu sprechen?«
»Nun, Sie waren auch nicht gerade höflich zu ihnen, oder?«
Trevillyan starrte ihn an. »Nein, und das muss ich auch nicht zu solchen Neureichen ohne den geringsten Schliff sein.«
Charles zuckte die Achseln, von dem Thema gelangweilt. Er hatte sich nicht an seinen ursprünglichen Plan halten können, nach der Ankunft von Trevillyans Brief gleich nach Cornwall aufzubrechen. Julian und Nell hatten viel Aufhebens gemacht, als er sagte, dass er gleich wieder fortwollte, sodass er am Ende die Weihnachtsfeiertage mit ihnen verbracht hatte. Er grinste. Es war sogar sehr nett gewesen, wenn er an eine ganz besonders reizende junge Witwe dachte, die in der Nähe von Stonegate zu Besuch war, die seine Aufmerksamkeiten ein paar Wochen genossen hatte. Nach den Feiertagen war er dann aber nach Cornwall gefahren. Vor ungefähr einer Woche war er hier eingetroffen und seitdem Trevillyans Gast; in der Zeit hatte er alles darüber erfahren, wie Trevillyan in letzter Sekunde das sicher geglaubte Beaumont-Vermögen aus den Händen gerissen worden war von einem entfernten Cousin, von dem noch niemand je etwas gehört hatte. Wenn er betrunken war - was verhältnismäßig häufig der Fall zu sein schien -, wurde Trevillyan es nicht müde, sich darüber auszulassen, wie brutal seine Hoffnungen zerstört worden waren und wie verflucht ungerecht es war, dass irgendein Emporkömmling, der Sir Huxley noch nicht einmal gekannt hatte, das Vermögen geerbt hatte, das eigentlich allein ihm zustand. Da zwischen Trevillyan und Huxley wenig Liebe geherrscht hatte, hielt Charles es für eine amüsante Wendung des Schicksals, dass Trevillyan nun doch nicht geerbt hatte.
Charles richtete seine Augen wieder auf die Klippen, die sie gemustert hatten, ehe man sie unterbrochen hatte.
»Der letzte Leichnam ist hier gefunden worden?«, fragte Charles und schaute auf die Stelle, die ihm Trevillyan zuvor gezeigt hatte.
»Ja, einer der Schmuggler aus der Gegend, ein Kerl namens
Furness, hat sie gefunden - oder was von ihr übrig war. Es war ein paar Tage vor Ihrer Ankunft.« Trevillyan runzelte die Stirn. »Und ich habe ihm ein verfluchtes Vermögen gezahlt, damit er den Mund hält. Natürlich mussten Squire Renwick und der Friedensrichter Mr. Houghton informiert werden. Sie haben mir beigepflichtet, dass es am besten sei, Stillschweigen über die Sache zu bewahren. Wie ich bereits im November geschrieben hatte, gab es einen gewaltigen Aufruhr wegen des Leichnams damals, weswegen wir den neuen Fund lieber geheim halten wollten.« Er seufzte. »Wenn herauskommt, dass es einen weiteren Mord gegeben hat …«
Trevillyans frühere Schadenfreude über die Aufregung in der Gegend, bemerkte Charles, schien verschwunden zu sein, sobald eine Frauenleiche auf seinem Land entdeckt worden war. Nun, daraus konnte man ihm keinen Vorwurf machen.
»Hmm. In Ihrem Brief stand etwas von einem Leichenfund, der noch eine Weile
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