Woge der Begierde
zu vertreiben, und ein Feuer knisterte im Kamin. Draußen pfiff
der Wind ums Haus und peitschte den Regen gegen die Fenster, der grollende Donner und die Blitze schufen die perfekte Atmosphäre für eine Gruselgeschichte.
Die Beaumonts saßen verstreut im Zimmer, Adrian und April nebeneinander auf einem Sofa gegenüber von Daphne und Mrs. Darby. Charles stand am Kamin, stützte sich mit dem Arm auf das Marmorsims und schaute in die Runde. Mrs. Ketty hatte wieder auf ihrem Stuhl am Feuer Platz genommen, ihre Klöppelarbeit halb auf dem Schoß, halb auf dem Boden, während ihre Miene weiter tiefste Missbilligung verriet. Sie war nicht die Einzige, die mit der derzeitigen Lage unzufrieden war. Die paar Augenblicke, die Goodson sich im Zimmer aufhielt, um ein großes Tablett mit Erfrischungen auf den niedrigen Rosenholztisch zu stellen, wo Daphne saß, waren angespannt. Die Spannungen zwischen dem Butler und seiner Schwester waren beinahe greifbar, die Luft um sie herum schien vor Missfallen von Goodson und Trotz von Mrs. Darby zu vibrieren.
Goodson ging wieder, Geringschätzung aus jeder Pore verströmend, nachdem er sich so steif vor Daphne verneigt hatte, dass sie fürchtete, er würde in tausend Teile bersten, wenn sein Rückgrat noch ein kleines wenig steifer gewesen wäre. Sie seufzte. Morgen werde ich es wiedergutmachen, dachte sie, während sie für die Damen Tee und Charles sich selbst und Adrian Brandy einschenkte.
Daphne nahm einen Schluck Tee und schaute zu Mrs. Darby. »Sie haben vorhin ein Gespenst erwähnt, nicht wahr?«
Mrs. Darby stellte ihre Tasse mit Untertasse ab und nickte. »Ja, das habe ich.« Sie lächelte April an. »Ich fürchte, dieses Mal gibt es kein ›Ende gut, alles gut.‹ Es ist eine tragische, traurige Geschichte.«
Aprils Augen wurden groß, und sie schlug in Vorfreude die Hände unter dem Kinn zusammen. »Wie herrlich. Bitte fangen Sie an.«
»Es war«, begann Mrs. Darby mit ernster Stimme, »während der blutigen Herrschaft Marias I., und Sir Wesley und sein Neffe und Erbe John standen bei dem Aufruhr auf verschiedenen Seiten.« Mrs. Darby erklärte, dass Sir Wesley keine Kinder hatte und John der einzige Sohn seines jüngeren Bruders Edward war. Sir Wesley, insgeheim ein Anhänger Roms, hatte lange auf die Rückkehr des wahren Glaubens nach England gewartet, aber Edward, der im zweiten Jahr von Marias Herrschaft 1555 gestorben war, und sein Sohn John waren leidenschaftliche Anhänger Heinrichs VIII. und der protestantischen Religion. Edward und Sir Wesley waren daher erbitterte Feinde - selbst als Kinder schon hatten sie sich ständig gestritten und über jede Kleinigkeit gezankt. Als sie älter wurden, wurde der Graben zwischen ihnen tiefer, und Edwards Ehe mit einer reizenden jungen Erbin setzte jeder Hoffnung ein Ende, dass sich die Männer je wieder versöhnen könnten. Sir Wesley, rasend vor Eifersucht und Neid, war davon überzeugt, dass sein Bruder absichtlich genau die Frau verführt und geheiratet hatte, die er selbst hatte haben wollen, und ihn so um eine eigene Familie und einen Erben von seinem Blut gebracht hatte.
Mrs. Darby machte eine kleine Pause, um einen Schluck Tee zu nehmen, und Adrian erklärte: »Wenn das nicht dem Fass den Boden ausschlägt! Ich begreife nicht, warum Sir Wesley nicht einfach eine andere heiraten konnte. Wenn Sie mich fragen, so war es seine eigene Schuld, dass er keinen Sohn hatte. Kein Grund, seinem Bruder die Schuld daran zu geben.«
»Aber vielleicht wollte er keine andere«, hauchte April. »Johns Mutter war vielleicht seine einzige wahre Liebe.«
Adrian warf ihr einen aufgebrachten Blick zu. »Quatsch! Du hast wieder welche von diesen albernen Büchern von Minerva Press gelesen, was?«
»Das hat sie selbstverständlich nicht!«, entgegnete Miss Kettle scharf. »Als ob ich das erlauben würde.«
Der schuldbewusste Ausdruck auf Aprils Miene sprach jedoch eine ganz andere Sprache, aber da sie Miss Kettle keinen Anlass liefern wollte, ihre Schwester zu schelten, sagte Daphne rasch zu Mrs. Darby: »Bitte sprechen Sie doch weiter.«
Mrs. Darby nickte. »Man sagt, dass Sir Wesley im Ruf stand«, begann sie wieder, »ein kalter, hartherziger und gefühlloser Mann zu sein. Seine Pächter fürchteten ihn, und allgemein hielten seine Nachbarn nicht viel von ihm, da wenige seine brutale Art schätzten. Edward dagegen wurde allgemein bewundert und geachtet, und dafür hasste Sir Wesley seinen Bruder nur noch mehr. Zwischen den beiden war
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