Wogen der Sehnsucht
immer noch mit eisernem Griff festhielt, hob sie die andere und legte sie sanft an sein Kinn.
„Das glaube ich nicht“, murmelte sie.
Danach hätte er nicht mehr sagen können, wer von ihnen sich zuerst bewegte, aber plötzlich lagen ihre Münder aufeinander, und ihre Finger gruben sich in seine Arme, ihre Brüste pressten sich gegen seine Brust. Sie küssten sich mit einer Wildheit, die in einem krassen Gegensatz zu ihrer sanften Art stand und die seine Erinnerungen an jene zauberhafte Nacht im Turm zerstörte.
Sie war alles. Alles, was er wollte, alles, was er brauchte, in genau dem Moment, in dem er es am meisten brauchte – auch wenn es ihm selbst nicht wirklich bewusst gewesen war. Ihr Mund lag jetzt hart und hungrig auf seinem und begegnete dem brutalen Drängen seines Kusses mit einer Leidenschaft und einer Wildheit, die seiner ähnelte.
Aber er war es, der sie von sich schob und sich aufrichtete, der die Barrikaden seiner Selbstbeherrschung wieder errichtete.
„Dann machst du dir etwas vor“, sagte er heftig und wandte sich ab, damit er die Verwirrung in ihren Augen nicht sehen musste und auch nicht das gebrochene Versprechen ihrer vollen, geröteten Lippen.
„Du verwechselst Lust mit etwas Tieferem und Bedeutsamerem. Du bist eine wunderschöne, begehrenswerte Frau – hostias , ich gehe hundert Mal pro Tag mit dir ins Bett, wenn du das willst, und ich werde es lieben, das zu tun. Aber dich werde ich nicht lieben. Das muss dir klar sein.“
Sie lehnte an der Wand im Flur und hielt ihren Handrücken vor ihre geröteten Lippen. Darüber waren ihre Augen geweitet und schimmerten voller Gefühle.
„Aber was, wenn ich damit nicht leben kann?“, flüsterte sie.
„Dann respektiere ich das. Ich werde dich nicht anrühren. Ich bin kein Monster.“ Sein Tonfall wurde härter. „Aber ich bin ein Mann. Ich kann der Versuchung nicht ewig widerstehen. Du musst vorsichtig sein, Lily; wenn du mit dem Feuer spielst, dann wirst du dich verbrennen. Du hast die Wahl, was für eine Art Ehe wir beide führen werden.“
„Eine Ehe ohne Liebe oder eine Ehe ohne Liebe und ohne Sex.“ Sie machte ein Geräusch irgendwo zwischen einem Lachen und einem Schluchzen. „Da zwischen soll ich mich entscheiden?“
Er seufzte schwer. „Nicht ganz. Du kannst dich auch dafür entscheiden, mich aus deinem Leben und dem deines Kindes herauszuhalten.“
Ihr Gesicht lag halb im Schatten, aber er sah eine einzelne Träne glitzern, die leise über ihre Wange glitt. Ihre Hand legte sich instinktiv über ihren Bauch, und sie schüttelte langsam den Kopf.
„Nein. Ich will, dass mein Kind einen Vater hat, aber ich werde mich für dieses Privileg nicht prostituieren“, sagte sie mit ausdrucksloser Stimme.
Tristan zuckte hilflos mit den Schultern. „Okay. Es ist deine Entscheidung.“ Er wandte sich ab und ging durch die Haustür zurück zu seinem Auto. „Ich melde mich bei dir mit den Einzelheiten deiner Reise nach Barcelona, sobald ich sie habe.“
Während er davonfuhr, blickte er sich noch einmal kurz um und sah ihre Silhouette vor dem Licht im Flur. Schuldgefühle stiegen wie Magensäure seine Kehle hinauf, und er fluchte laut.
Warum ließ Lily sich von ihm so behandeln?
Er hatte ihr den einzigen Ausweg gezeigt, der ihm einfiel, aber sie hatte sich stur geweigert, ihn zu nutzen. Er hatte ihr die Chance gegeben, zu gehen und ein normales Leben zu führen, aber sie wollte sie nicht ergreifen.
Warum?
Als er vor einer roten Ampel halten musste, bemerkte er das gefaltete Papier auf dem Beifahrersitz und öffnete es. Lily Alexander , las er. Geburtsort: Brighton, England. Mutter: Susannah Alexander. Vater: unbekannt.
Das war es also, dachte er und lachte verzweifelt auf. Das erklärte die Leidenschaft, mit der sie vorhin gesprochen hatte. Ich wer de nicht zulassen, dass mein Kind ohne einen Namen aufwächst. Ohne eine Identität , hatte sie gesagt, als wäre keinen Vater zu haben das Schlimmste, was einem passieren konnte.
Tristan fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht, als die Ampel grün wurde, und trat unnötig heftig aufs Gas.
Ihre Naivität war beinahe rührend, wenn sie nicht so gefährlich gewesen wäre.
Jeder war ein Opfer seiner eigenen Vergangenheit, dachte er verzweifelt.
Und er fragte sich, wie lange er noch verbergen konnte, wie sehr er ein Opfer seiner eigenen war.
7. KAPITEL
Lily schwebte den Mittelgang der wunderschönen alten Kirche herunter, als befände sie sich in einem Traum.
Hinter dem weißen
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