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Wohin das Herz uns trägt

Wohin das Herz uns trägt

Titel: Wohin das Herz uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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rumstehen, ja. Wir sind ja keine Freunde mehr und so.«
    »Ach, hol‘s der Teufel. Dann sind wir eben wieder Freunde.« Sie streckte die Hand aus. Er schüttelte sie, half ihr dann allerdings auf die Füße. »Das tat echt weh«, stellte sie fest und klopfte sich den Staub von der Hose.
    »Sah auch so aus.«
    Cal hielt immer noch ihre Hand. »Das reicht, großer Bruder«, sagte Ellie. »Ich fall nicht noch mal um.«
    »Sicher?«
    »Halbsicher.« Sie machte sich los. »Danke fürs Heimbringen. Ich seh dich dann morgen Punkt acht auf dem Revier. Die DNA findet eine Entsprechung. Das hab ich im Urin.«
    »Könnte auch der Tequila sein.«
    »Alter Schwarzseher. Gute Nacht.« Sie torkelte zur Treppe und erwischte gerade noch rechtzeitig das Geländer.
    Im Nu war Cal an ihrer Seite.
    »Hey.« Sie runzelte die Stirn, als er sie am Arm packte. »Ich dachte, du bist schon weg.«
    »Nein, ich bin hier.«
    Sie sah ihn an. Da sie bereits die erste Stufe erreicht hatte, während er noch unten stand, waren sie jetzt etwa auf einer Augenhöhe, so nah, dass sie sehen konnte, wo er sich morgens beim Rasieren geschnitten hatte. Und sie erkannte auch die Narbe am Kinn. Die stammte aus dem Sommer, als sie zwölf geworden waren. Sein Vater war mit einer kaputten Bierflasche auf ihn losgegangen. Ellies Vater hatte ihn daraufhin ins Krankenhaus gebracht.
    »Warum bist du eigentlich so nett zu mir, Cal? Ich hab dich in der Highschool wie Dreck behandelt.« Das stimmte. Als sie einen Busen bekommen, sich die Augenbrauen gezupft und ihre Akne überwunden hatte, war alles anders geworden. Auf einmal hatten die Jungs sie bemerkt, sogar die Footballspieler, und im Handumdrehen hatte sie Cal hinter sich gelassen. Er hatte ihr deswegen nicht mal ein schlechtes Gewissen gemacht.
    »Alte Gewohnheiten sind schwer abzulegen. Vermutlich deswegen.«
    Sie trat einen Schritt zurück, eine Stufe höher. Das reichte, um etwas Distanz zwischen ihnen zu schaffen. »Warum trinkst du eigentlich nie mit uns?«
    »Ich trinke doch.«
    »Ich weiß. Aber ich hab dich gefragt, warum nie mit uns.«
    »Jemand muss euch doch heimfahren.«
    »Aber das bist immer du. Macht es Lisa nichts aus, dass du unsretwegen die ganze Nacht unterwegs bist?«
    Er sah ihr unverwandt ins Gesicht. »Ich hab dir doch gesagt, sie ist dieses Wochenende nicht da.«
    »Sie ist immer weg.«
    Er antwortete nicht. Aber nach einer Minute hatte sie sowieso vergessen, worüber sie geredet hatten.
    Stattdessen dachte sie auf einmal wieder an Alice und dass sie nicht vorwärtskamen. »Ich werde ihre Familie wahrscheinlich nicht finden, oder?«
    »Du hast doch immer Mittel und Wege gefunden, das zu kriegen, was du willst, Ellie. Damit hattest du nie ein Problem.«
    »Ach ja? Und was ist dann mein Problem?«
    »Dass du immer die falschen Sachen wolltest.«
    »Oh, vielen Dank.«
    Er sah enttäuscht aus. Als hätte er sich gewünscht, dass sie etwas anderes sagen würde. Sie konnte sich aber überhaupt nicht vorstellen, was das sein konnte. Wenn sie nüchtern gewesen wäre, hätte sie es vielleicht erraten.
    »Bitte sehr. Soll ich dich morgen früh abholen?«
    »Ist nicht nötig. Ich lasse mich von Jules oder Peanut fahren.«
    »Okay. Bis dann.«
    »Bis dann.«
    Sie sah ihm nach und hörte, wie die Haustür hinter ihm ins Schloss fiel.
    Wieder wurde es ganz still im Haus. Mit einem tiefen Seufzer brachte sie die schmale, viel zu steile Treppe hinter sich. Oben wollte sie eigentlich nach links abbiegen, zum Elternschlafzimmer - das jetzt ihres war aber ihr Kopf funktionierte per Autopilot und steuerte sie direkt in ihr altes Zimmer. Erst als sie sah, dass beide Betten belegt waren, merkte sie, dass sie die falsche Tür genommen hatte.
    Das Mädchen war wach und beobachtete sie. Als die Tür geöffnet wurde, hatte sie geschlafen, da war Ellie ganz sicher. »Hallo, Kleines«, flüsterte sie und zuckte zusammen, weil sie als Antwort ein leises Knurren bekam.
    »Ich würde dir nie wehtun«, sagte sie und zog sich rückwärts zur Tür zurück. »Ich wollte nur helfen. Ich wünschte ...«
    Ja, was wünschte sie sich? Sie wusste es nicht. Wenn sie darüber nachdachte, war das das eigentliche Problem ihres Daseins, jetzt und schon immer - sie hatte nie gewusst, was sie sich für ihr Leben wünschen sollte, bis es zu spät war.
    Sie wollte zu gern versprechen, dass sie die Familie des Mädchens finden würden, aber sie glaubte nicht daran. Nicht mehr.
    * * *
    Wie die Frühjahrsschneeschmelze ein Flussufer langsam

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