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Wohin das Herz uns trägt

Wohin das Herz uns trägt

Titel: Wohin das Herz uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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von dem versteht, was ich ihr erzähle. Und dann - peng! Anscheinend habe ich irgendwas Falsches gesagt. Heute Abend höre ich mir die Aufnahme an, womöglich gibt die mir einen Hinweis.« Sie warf einen Blick auf das Mädchen. »Armes Ding.«
    »Wir sollten Sie ein bisschen saubermachen. Die Kratzer auf Ihrer Wange sind ziemlich tief, und Gott weiß, was für Bakterien sich unter den Fingernägeln Ihrer kleinen Patientin tummeln.«
    Da konnte Julia kaum widersprechen.
    Als sie den Korridor hinuntergingen, merkte sie erst richtig, wie sehr ihr Kopf schmerzte. So sehr, dass ihr immer noch schwindlig und ein bisschen schlecht war. »Ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der sich so schnell bewegen kann. Fast wie eine Katze.«
    »Daisy Grimm schwört ja auch, dass sie auf den Ahornbaum im Stealth Park geflogen ist.«
    »Trägt Daisy immer noch Freds Asche mit sich herum?«
    »Ja.«
    »Fred ist gestorben, als ich in der siebten Klasse war. Muss ich noch mehr zu diesem Thema sagen?«
    Max führte sie in einen freien Untersuchungsraum. »Setzen.«
    »Sind Sie im Nebenberuf auch noch Lehrer?«
    Er grinste. »Bitte setzen Sie sich. Ich muss mir Ihre Verletzungen ansehen.«
    Julia war zu schwach, um Einwände vorzubringen, also nahm sie auf dem Rand des Tischs Platz. Unter ihrem Hinterteil raschelte Papier. Außer ihrem Atem war sonst nichts zu hören.
    Seine Berührung war erstaunlich sanft. Sie hatte ihn sich ungeschickter, ein bisschen unsicher vorgestellt. Immerhin war das hier eigentlich Schwesternarbeit.
    Sie zuckte zusammen, als er das Antiseptikum auftrug.
    »Entschuldigung.«
    »Sie können nichts dafür.« Er war zu nah. Sie schloss die Augen.
    Aber da spürte sie seinen Atem auf ihrer Wange, ein Luftzug, der nach Kaugummi roch.
    Schnell machte sie die Augen wieder auf. Er sah sie an und blies dabei sanft weiter auf ihre Kratzer. Ihr Herz setzte einen Schlag aus. »Danke«, sagte sie und zuckte zurück, versuchte allerdings ein Lächeln. Ach, um Himmels willen, Julia. In der Gegenwart attraktiver Männer hatte sie sich schon immer unwohl gefühlt.
    »Tut mir leid.« Er sah überhaupt nicht danach aus. »Ich wollte nur helfen.«
    »Danke. Mir geht‘s gut.«
    Er schraubte Tuben und Fläschchen wieder zu und verstaute alles im Arzneischrank. Als er sich ihr erneut zuwandte, hielt er wenigstens ein bisschen mehr Distanz. »Sie sollten den Rest des Tages freinehmen. Ellie soll auf Sie aufpassen. Gehirnerschütterungen ...«
    »Ich kenne die Risiken, Max, und auch die Symptome, ich habe bestimmt keine Gehirnerschütterung. Aber ich werde trotzdem vorsichtig sein.«
    »Es würde nicht schaden, wenn Sie sich eine Weile hinlegen.«
    Sie sah, wie er lächelte, als er hinlegen sagte, und das überraschte sie auch nicht. Ganz ohne Zweifel gehörte er zu den Männern, die in jedem Gespräch irgendwelche sexuellen Anspielungen hörten. »Das kleine Mädchen verlässt sich auf mich, Max. Ich muss zur Polizeistation und dann in die Bibliothek, aber ich werde es gemütlich angehen lassen.«
    »Wie komme ich nur auf die Idee, dass Sie gar nicht wissen, wie man das macht?«
    Sie verzog das Gesicht. Was er gerade gesagt hatte, überraschte sie jetzt doch, denn sie hatte ihn nicht zu der Kategorie Männer gerechnet, die eine Frau wirklich verstanden. Zu denen, die Frauen liebten, ja. Zu denen, die sie ausnutzten, zweifellos. Aber zu denen, die sie verstanden - nein. Philip beispielsweise hatte so gut wie keine Intuition besessen. »Bin ich so leicht zu durchschauen?«
    »Durchsichtig wie Glas. Wie kommen Sie denn zur Polizeiwache?«
    »Ich rufe Ellie an. Sie kann ...«
    »Wie wäre es, wenn ich Sie mitnehme?«
    Julia rutschte behutsam vom Untersuchungstisch. Inzwischen fühlte sie sich schon wieder etwas stabiler. Gerade wollte sie antworten: »Das ist nicht nötig«, als ihr Blick in den Spiegel fiel.
    »Ohh.« Sie ging näher heran. Vier hässliche, nässende Klauenspuren zogen sich über ihre linke Wange. Die Haut begann bereits anzuschwellen, und es sah ganz so aus, als würde sie morgen mit einem blauen Auge aufwachen. »Die Kleine hat mich ja ordentlich erwischt.«
    Er drückte ihr eine Tube mit antibiotischer Salbe in die Hand. »Halten Sie die Wunde ...«
    »Ich weiß. Danke.« Sie steckte die Salbe in die Tasche.
    »Kommen Sie. Ich bringe Sie zum Revier.« Zu guter Letzt gab sie ihren Widerstand auf, folgte ihm aus der Tür und verließ Seite an Seite mit ihm das Krankenhaus.
    Ein wenig auf Abstand, versteht sich.

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