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Wohin das Herz uns trägt

Wohin das Herz uns trägt

Titel: Wohin das Herz uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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schlafende Kind hoch. Ganz selbstverständlich schlangen sich ihre Arme um seinen Hals, sie barg das geschundene Gesicht an seiner Brust. Ihre schwarzen Haare fielen seitlich herab, fast bis auf seine Oberschenkel.
    Er wusste ganz genau, wie er sie halten musste. Wieso war das für ihn nach so vielen Jahren immer noch so selbstverständlich wie Luftholen?
    Ellie ging voraus und schaltete das Verandalicht an.
    Max trug das Mädchen zum Haus, Julia ging neben ihnen her.
    »Du bist in Sicherheit«, sagte sie leise zu dem schlafenden Kind. »Wir sind jetzt draußen im Freien, vor dem Haus meiner Eltern. Du bist in Sicherheit, das verspreche ich dir.«
    In diesem Augenblick heulte tief im Wald ein Wolf.
    Max blieb stehen, Julia ebenfalls.
    Peanut bekreuzigte sich. »Mir ist überhaupt nicht wohl bei der ganzen Sache.«
    »Ich hab hier draußen noch nie einen Wolf gehört«, sagte Ellie. »Es kann aber nicht ihrer sein, der ist drüben in Sequim.«
    Das Mädchen stöhnte.
    Der Wolf heulte erneut ein lang gezogener Klagelaut.
    Julia berührte Max an der Schulter »Kommen Sie, Max, bringen wir sie rein.«
    Schweigend durchquerten sie das Haus, die Treppe hinauf, ins Schlafzimmer. Max legte das Mädchen aufs Bett und deckte es fürsorglich zu.
    Peanut sah nervös zum Fenster, als wäre der Wolf draußen im Garten und wartete auf eine Möglichkeit, zu ihnen einzudringen. »Sie wird versuchen zu fliehen. Das da draußen ist ihr Wald.«
    Sie dachten alle das Gleiche. So unmöglich es klang, das Kind gehörte viel eher in die grüne Wildnis als in dieses behagliche Haus.
    »Folgendes müssen wir besorgen, und das möglichst schnell«, sagte Julia. »Gitterstäbe am Fenster, und zwar ziemlich eng, sodass sie aus dem Fenster sehen, aber nicht hinausklettern kann, und einen Riegel für die Tür. Außerdem müssen wir jedes Stück glänzendes Metall mit Klebeband abdecken - den Wasserhahn, die Klospülung, die Griffe an der Kommode, alles außer dem Türknauf.«
    »Warum?«, fragte Peanut verwundert.
    »Ich glaube, sie hat Angst vor glänzendem Metall«, antwortete Julia. »Und wir brauchen eine Videokamera, so unauffällig wie möglich. Ich muss aufzeichnen, wie es ihr geht.«
    »Ich dachte, du hast gesagt, wir dürfen keine Bilder machen«, wandte Ellie ein.
    »Ja, wegen der Sensationspresse. Aber die Aufnahmen sind für mich, ich muss das Mädchen ja rund um die Uhr beobachten, und zwar sieben Tage die Woche. Außerdem brauchen wir Verpflegung. Und jede Menge große Zimmerpflanzen. Ich möchte eine Ecke des Zimmers in einen Wald verwandeln.«
    »Wo die wilden Kerle wohnen« , zitierte Peanut.
    Julia nickte, ging dann zum Bett hinüber und setzte sich neben das Mädchen.
    Max folgte ihr, kniete sich neben dem Bett auf den Boden und kontrollierte Puls und Atmung der Kleinen. »Normal«, stellte er fest und setzte sich auf die Fersen zurück.
    »Wenn sich ihre Gedanken und ihr Herz doch auch so einfach ablesen ließen wie ihre Vitalfunktionen«, seufzte Julia.
    »Dann wären Sie arbeitslos.«
    Zu seiner Überraschung lachte Julia laut.
    Sie sahen sich an.
    Die Nachttischlampe flackerte, das Mädchen auf dem Bett stieß einen weinerlichen, verzweifelten Laut aus.
    »Hier geht etwas sehr Seltsames vor«, sagte Peanut und trat einen Schritt zurück.«
    »Lass das bitte«, sagte Julia leise. »Sie ist doch bloß ein Kind, das etwas Schreckliches durchgemacht hat.«
    Peanut schwieg.
    »Wir sollten in die Stadt fahren und uns Holz aus dem Sägewerk besorgen«, schlug Ellie vor.
    Max nickte. »Ich kann die Gitterstäbe noch schnell anbringen, bevor meine Schicht im Krankenhaus beginnt.«
    »Gut. Danke«, sagte Julia. Als die anderen weg waren, blieb sie noch eine Weile auf dem Bett sitzen. »Hier bist du in Sicherheit, Kleines. Das verspreche ich.«
    Sie sagte es immer wieder, und ihre Stimme war dabei so sanft wie ein Streicheln. Aber eines wusste sie ganz genau.
    Dieses Mädchen hatte keine Ahnung, was es bedeutete, in Sicherheit zu sein.
    Der schlechte Geruch und das weiße zischende Licht, das den Augen wehtut, sind weg. Langsam öffnet Mädchen die Augen, voller Angst, was sie sehen wird. In den letzten Tagen hat sich viel zu viel verändert. Es ist, als wäre sie in das dunkle Wasser gefallen, in den Teich im tiefen Wald, von dem Er gesagt hat, dass dort Dadraußen anfängt.
    Diese Höhle ist anders. Alles hat die Farbe von Schnee und von den Beeren, die sie im Frühsommer pflückt. Draußen ist es Morgen, das Licht im Raum ist

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