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Wohin das Herz uns trägt

Wohin das Herz uns trägt

Titel: Wohin das Herz uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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begreifen.«
    »Was soll ich begreifen?«
    Stumm blickte er auf sie herunter, so lange, dass sie sich irgendwann fragte, was er eigentlich sah. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Ich geh jetzt lieber. Wir sehen uns dann morgen auf der Arbeit.«
    »Geh nicht weg, solange du so sauer bist.«
    An der Tür blieb er stehen und drehte sich noch einmal um. »Sauer?« Seine Stimme senkte sich. »Ich bin überhaupt nicht sauer, Ellie. Aber woher sollst du das auch wissen? Die einzigen Gefühle, die du wirklich verstehst, sind deine eigenen.«
    Dann war er weg.
    Ellie trank ihr Bier aus und machte ein zweites auf. Als auch das leer war, hatte sie Cals dramatischen Abgang bereits vergessen. Sie hatten im Lauf ihrer Freundschaft schon viele Auseinandersetzungen und Debatten ausgefochten. Wichtig war nur, dass morgen wieder alles in Ordnung war. Cal würde sie anlächeln, als wäre nichts passiert. So war es zwischen ihnen schon immer gewesen.
    Schließlich begab sie sich nach oben. Vor dem alten Mädchenzimmer blieb sie stehen, machte dann zögerlich die Tür auf und ging hinein.
    Das Mädchen schlief friedlich, und obwohl sie jetzt aussah wie ein ganz gewöhnliches Kind, hatte sie sich doch immer noch so eng zusammengerollt, als müsste sie sich vor der grausamen Welt schützen.
    »Wer bist du, Kleines?«, flüsterte Ellie und spürte wieder die ganze Last der Verantwortung. »Ich finde deine Familie, das schwöre ich dir.«
    * * *
    Vor vierzig Jahren, als das Rose Theater gebaut wurde, hatte es am Stadtrand gestanden. Die Älteren nannten die Gegend immer noch »Back East«, und als der Spitzname aufgekommen war, schien die Azalea Street wirklich weit weg zu sein. Aber inzwischen lag sie praktisch mitten in der Stadt. Um das Kino herum gab es kleine eingeschossige Wohnhäuser, die man in den holzreichen Jahren für die Arbeiter im Sägewerk errichtet hatte. Gegenüber befand sich die Bücherei und ein Stückchen die Straße hinunter die neue Eisenwarenhandlung. Der Sealth Park, wo das Mädchen das erste Mal gesichtet worden war, lag nur einen Katzensprung von hier.
    Jeden Freitagabend ging Max allein ins Kino. Zuerst war viel über diese sonderbare Gewohnheit getuschelt worden, und häufig waren ganz »zufällig« Frauen aufgetaucht, die ihm gern Gesellschaft geleistet hätten, aber mit der Zeit hatte man sich daran gewöhnt. Wenn etwas den Anschein von Routine hatte, waren die Einwohner von Rain Valley zufrieden.
    Max winkte dem Kinobesitzer zu, der an der winzigen Süßwarentheke stand und die Päckchen und Schachteln neu arrangierte. Zum Plaudern blieb er lieber nicht stehen, denn er wusste, dass jedes Gespräch unweigerlich bei der Schleimbeutelentzündung landen würde, an der der Mann seit Längerem litt.
    »Hey, Doc, wie hat Ihnen der Film gefallen?«
    Max drehte sich nach links und entdeckte Earl und seine Frau Myra. Auch sie waren jeden Freitag im Kino und kuschelten sich auf ihren Sitzen aneinander wie Teenager. »Hallo, Earl, hallo Myra. Schön, Sie zu sehen.«
    »Das war ein toller Film«, stellte Earl fest.
    »Dir gefällt doch jeder Film«, lachte Myra. »Vor allem die Liebesgeschichten.«
    Sie gingen nebeneinander nach draußen. »Wie geht die Suche voran?«, fragte Max.
    »Es ist kein Kinderspiel, so viel ist sicher. Das Telefon klingelt in einer Tour, und es gibt so viele Hinweise, dass wir kaum nachkommen. Es gibt so viele verlorene kleine Seelen da draußen, dass es einem das Herz brechen könnte. Aber wir werden rausfinden, wer die Kleine ist. Chief Barton ist fest entschlossen.«
    »Ja, Ellen Barton ist eine tolle Frau«, sagte Myra.
    Max musste unweigerlich grinsen, denn Myra ließ keine Gelegenheit aus, um Ellie zu erwähnen. Anscheinend hatte die ganze Stadt erwartet, dass Ellie und Max sich ineinander verlieben würden. Für die kurze Dauer ihrer Affäre hatte die Gerüchteküche den Atem angehalten. Und noch jetzt glaubten ein paar hartnäckige Romantiker wie Myra, dass es eine Fortsetzung geben würde. »Ja, das ist sie, Myra.«
    Inzwischen standen sie auf dem Weg, der vom Kinoportal zum Gehweg führte. Der Abend war unerwartet trocken, und die Kinobesucher schlenderten gemütlich plaudernd zu ihren Autos.
    Langsam löste sich die Menge auf. Ein paar Grüppchen fanden sich noch auf dem Gehweg zusammen, Nachbarn, die sich noch ein bisschen unterhielten. Der Klang ihrer Stimmen erfüllte die ruhige, saubere Luft. Auch Earl und Myra machten sich auf den Heimweg.
    Ein Auto nach dem anderen fuhr

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