Wohin die Liebe führt
entschuldigen mich - ich muß wieder in mein Büro.«
Nora und der Fremde nickten. Miss Jennings ging.
»Steh nicht so da, Dani«, sagte Nora unfreundlich. »Setz dich doch.«
Gehorsam setzte sich Dani hin. »Was wollte sie von dir?«
»Sie wollte nichts von mir. Wir wollten mit ihr sprechen.«
»Worüber?« Danis Stimme klang mißtrauisch.
»Über dich. Du scheinst ihnen ziemlich viel Ungelegenheiten zu machen!«
Dani sah ihre Mutter einen Augenblick fest an, dann musterte sie den Fremden. »Wer ist der Mann?« fragte sie kurz.
»Dani!« Noras Stimme klang entsetzt. »Hast du keine besseren Manieren?!«
»Hier nicht«, sagte Dani ungeduldig. »Hier hat man keine Zeit für Manieren. Wer ist er?«
Nora sah ihn vielsagend an. »Dies ist Doktor Weidman, Dani. Ich habe ihn gebeten, dich anzusehen.«
»Wozu?«
»Zu deinem eigenen Besten. Denn anscheinend bekommen sie hier nicht heraus, was eigentlich mit dir ist.«
»Ach so. Willst du noch einen Kopfbohrer zuziehen?«
Jetzt war Nora unverhohlen ärgerlich. »Er ist Psychiater, Dani.«
»Ich mag nicht mit ihm sprechen.«
»Du mußt!« sagte Nora energisch.
»Warum, Mutter? Denkst du, ich bin nicht normal?«
»Was ich denke, spielt keine Rolle, Dani. Wichtig ist, was die andern denken. Sie können dich für lange Zeit wegschicken.«
Dani beobachtete noch immer genau das Gesicht ihrer Mutter. »Für mich ist nur wichtig, was du denkst, Mutter. Glaubst du ernstlich, mit mir stimmt etwas nicht?«
Nora erwiderte ihren forschenden Blick, dann atmete sie tief. »Ich denke das natürlich nicht, Kind«, sagte sie. »Aber.«
»Dann werde ich nicht mit ihm sprechen.«
Der Arzt stand auf. Er lächelte. »Ich glaube nicht, daß Sie Grund zur Besorgnis haben, Miss Hayden. Miss Jennings hat einen ausgezeichneten Ruf, und ich glaube, Sie können sich auf ihr Urteil absolut verlassen.« Er wandte sich an Dani. »Es könnte nicht schaden, kleines Fräulein, wenn Sie Miss Jennings etwas mehr Vertrauen schenkten. Dabei kann Ihnen nichts anderes passieren, als daß sie Ihnen hilft.«
Er machte eine kurze Verbeugung und ging.
Schweigend sahen sie sich an. »Hast du einen Nickel, Mutter? Ich möchte mir ein Coke holen.«
Nora sah sie geistesabwesend an. Dani wußte, daß sie an etwas ganz anderes dachte. Das tat sie immer, wenn sie diese Miene aufsetzte.
»Einen Nickel, Mutter!« wiederholte sie leise.
Nora machte ihre Handtasche auf. »Kannst du wohl eine Tasse Kaffee für mich bekommen?«
»Sicher, Mutter.«
Dani stand auf und ging zur Küchentür. »Hallo, Charley! Kann ich eine Tasse Kaffee für meine Mutter bekommen?«
Ein glänzendes dunkles Gesicht erschien in der Tür. »Klar, kannst du, Dani.«
Dani brachte den Kaffee zum Tisch, dann ging sie sich ihr Coke holen. Nora steckte sich eine Zigarette an. Dani sah sie an, und Nora schob ihr mit einem zögernden Seufzer das Päckchen hinüber. Dani nahm eine Zigarette und zündete sie an.
»Ich dachte, du hältst nichts von diesen Kopfbohrern, Mutter.«
»Ich weiß nicht mehr, wovon ich etwas halten soll.«
Dani sah die Mutter neugierig an. Das sah ihr gar nicht ähnlich. Gewöhnlich hatte Nora über alle Dinge sehr verschiedene Meinungen. Nora nippte an dem Kaffee und verzog das Gesicht.
Dani lachte. »Nicht ganz so wie der Kaffee zu Hause, Mutter.«
»O nein«, sagte Nora. Sie sah ihre Tochter an. »Ist das Essen ebenso schlecht?«
»Nein, das ist ganz ordentlich.«
»Ich habe die Briefe gelesen, die du an Rick geschrieben hast«, sagte Nora leise. »Warum hast du mir nichts davon gesagt?«
Dani spürte, wie ihr das Blut heiß in die Wangen stieg. »Daran hab’ ich nicht gedacht. Ich hatte es vergessen.«
»Hätte sie jemand anders in die Hände bekommen, so wäre das sehr schlimm geworden. Ich. ich wußte nicht, daß. daß das schon so lange ging«, sagte Nora gepreßt.
Dani fühlte, wie sich ihre Kehle zusammenzog. Schweigend sah sie ihre Mutter an.
Nora senkte rasch die Augen. »Wann hat es angefangen?«
»Damals in Acapulco. Erinnerst du dich? Als du nach San Francisco fliegen mußtest? Damals.«
»Das hättest du mir sagen müssen, Dani. Was hat er mit dir gemacht?«
»Er hat nichts mit mir gemacht, Mutter«, sagte Dani fest. »Ich habe ihn verführt.«
Nun stiegen Nora die Tränen in die Augen. »Warum, Dani -warum?«
»Weil ich’s wollte, Mutter. Weil ich es satt hatte, immer das kleine Mädchen zu spielen.«
Sie schwieg, starrte auf ihre Mutter und zog an ihrer Zigarette. »Ich
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