Wolf inside (German Edition)
Macht. Wie mächtig? Laut der Akte war er zu allem fähig, seine Organisation schreckte vor keinem Verbrechen zurück.
Und er hatte ein Kind. Einen Sohn. Den wollte er so sehr, dass er die Mutter gefangen gehalten hatte. Warum? Ich gab mir selber die Antwort. Laut Thomas gab es keine jungen Dämonen. Machte das Sandro zu etwas ganz Besonderem? Besonders genug, ihn in seine Gewalt zu bringen? Anscheinend! Ich malte ein kleines Strichmännchen. Mit kleinen Hörnern, Sandro.
Auf Raimondos andere Seite malte ich Victoria, im Kleid. Was wusste ich über sie? Sie wird schwanger, trotz Pille, die dämonische Saat war aufgegangen. Sie taucht unter, kaum dass der Sprössling da ist, und bleibt siebzehn Jahre verschollen. Bei Junior wird die befürchtete Erbkrankheit diagnostiziert, nur Mom kann was dagegen tun. Und Zufall über Zufall! Just in dem Moment taucht Mom wieder auf? Zwar noch nicht persönlich, nur als Versprechen, aber die Möglichkeit, dass sie helfen kann, ist greifbar nah!
Da konnte ich doch nur verächtlich schnauben. Wer wollte denn da wen verarschen? Mir drängte sich eine Frage förmlich entgegen: Wer wusste noch von der medizinischen Möglichkeit, Sandro zu heilen? Außer Cruiz. Den malte ich auch, mit einem Knackarsch und einem beeindruckenden Oberkörper, ganz an den Rand. Er hatte auch diese mysteriöse Krankheit, über die er nichts sagen wollte. Das verband ihn mit Sandro. Ich zog eine Linie zwischen den beiden und hatte eine teuflische Idee. Was, wenn ich an die Krankenakten herankam?
Was, wenn ich erst einmal seine Akte lesen würde, wies ich mich zurecht. Vielleicht stand etwas darüber drin.
Ich musste mich wieder auf die Frage, wer von der Heilung der Krankheit wusste, konzentrieren. Also.
Konnte das Raimondo sein, der seine Brut zurück haben wollte? Und die Mutter als fetten Köder präsentierte?
Angenommen, nur mal angenommen, Raimondo gelang es, seinen Sohn in seine dämonischen Pfoten zu bekommen. Wollte er, dass Sandro das Blut seiner Mutter bekam und gesund wurde? Oder wollte er das eher nicht? Und noch eine Frage fiel mir ein. Eine, bei der ich bei näherer Betrachtung nicht genau wusste, ob ich eine Antwort haben wollte.
Ich hatte ein bisschen im Internet rumrecherchiert. Und dabei war mir aufgefallen, dass wir an Sandros Geburtstag, am sechzehnten Oktober, Vollmond hatten.
Und nun, hier die One-Million-Dollar-Frage: Was passiert mit einem erbkranken Halbdämon in einer Vollmondnacht?
Sofort spielten sich Horrorszenarien in meinem Kopf ab, die sich alle irgendwie mit dieser Thematik beschäftigten.
Ich sag ja, ich wollte keine Antwort!
Nachdem ich noch ein wenig aufgeräumt hatte, wurde es Zeit für mich zu fahren. Ich trat hinaus auf die Veranda, atmete noch ein paar Mal tief ein und aus, versuchte ein bisschen frische Luft zu tanken. Nicht mal zum Angeln war ich gekommen, und das bedauerte ich wirklich. Hinten im Bach standen oft ein paar richtig gute Forellen. Hätte gerne eine davon gefangen.
Ich legte die Hand über die Augen, die letzte Herbstsonne ließ das bunte Laub aussehen, als stünde es in Flammen. Ich sah hinauf in den Himmel, kein Regen in Sicht. Gut für mich, denn ich fuhr nicht gerne so lange Strecken bei Regen.
Von Fiffi war nichts zu sehen. Während ich die Treppe herunter kam, pfiff ich einmal laut durch die Zähne. Und da war er, trottete gemächlich aus dem Wald heraus. Wieder einmal war ich von seiner Größe und seinen geschmeidigen Bewegungen beeindruckt. Er sollte mir gegen die Dämonen helfen? Na dann! Laut und falsch begann ich, den Kampf des Toreros zu pfeifen.
*
Als ich so gegen elf in meine Wohnung kam, war es, als sei ich nie weg gewesen. In der Küche stand noch das Geschirr rum, im Wohnzimmer Gläser und Teller mit angetrockneten Resten, der Bengel hatte sich anscheinend Pizza bestellt. Eigentlich hatte ich vorgehabt, eine größere Runde zu joggen, es wäre echt mal wieder nötig gewesen. Doch angesichts dieses Chaos beschloss ich, ein bisschen sauber zu machen. Meine Mom hatte schließlich keinen Dreckbären großgezogen.
Mit Staublappen und Sauger bewaffnet stürmte ich also das Wohnzimmer und begann den Kampf gegen Staub und Unordnung. Nicht ohne passende Musik, versteht sich.
Danach machte ich mich über die Küche und das Bad her. Als es wieder überall glänzte, suchte ich noch meine dreckige Wäsche zusammen und stopfte alles in die Maschine. Ich war gerade dabei, im Gästezimmer das Bett abzuziehen, als das Telefon
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