Wolf inside (German Edition)
große, gut gebaute Männer in teuren Anzügen. Jetzt erst registrierte ich, dass Cruiz sich ziemlich in Schale geworfen hatte. Und nicht nur das, er war rasiert und beim Friseur gewesen. Was hatte er vor, und was wollte er von mir? In der ganzen Aufregung hatte ich glatt vergessen, ihn danach zu fragen.
„ Also, raus mit der Sprache, wo ist meine Sekretärin? War sie im Rettungswagen? Sie rief mich an, erwähnte ihren Enkel. Was ist mit Billy Ray?“
Bullenbeißer hielt kurz seine Marke hoch „Bob Leach, Mordkommission. Mr. McBride, nehme ich an. Ihre Sekretärin ist auf dem Weg ins St. Marys Hospital, sie wurde angegriffen. Ihr fehlt nichts Ernsthaftes, nur ein paar leichtere Verletzungen und ein übler Schock. Aber ihr Enkel, William Raymond Hicks, wurde ermordet. Hier in Ihrem Büro.“ Er zeigte hinter mich.
Das zog mir fast die Beine weg. Billy Ray, ermordet in meinem Büro? Wieso? Und wieso wurde Rosie angegriffen?
„ Wo waren Sie heute Morgen?“, rief Allison nun förmlich von der Tür her, bevor ich meine Gedanken in Worte fassen konnte.
„ Ich? Du … verdächtigst doch nicht ernsthaft mich? Rosie war meine Sekretärin, Billy Ray hat oft Botengänge für mich erledigt.“ Ich war nicht wirklich überrascht. Dass Allison mir das zutraute, hatte seine Gründe. Leach machte ihr ein Zeichen, sie zuckte nur mit den Schultern und wandte sich wieder Cruiz zu.
Aus dem Raum, in dem Billy Ray immer gesessen hatte, kam die weiß vermummte Gestalt eines Tatortermittlers. Er hielt eine Beweismitteltüte in der Hand und reichte sie Leach. Hinter der Tür, auf der Erde, konnte ich die Beine des Jungen liegen sehen. Sie hatten ihn noch nicht freigegeben. Helles Blitzlicht flammte auf, der Coroner schoss Fotos von der Leiche.
„ Hier. Das fanden wir da auf der Erde.“ Der Ermittler zeigte in den Kopierraum. „Auf dem Zettel sind die Fingerabdrücke des Toten. Ziemlich frisch.“
Ich reckte meinen Hals und versuchte, etwas zu erkennen. Leach hielt mir die Tüte hin. „Kennen Sie jemanden, auf den die Beschreibung passt?“
Als ich die wenigen Zeilen las, konnte ich nur mühsam einen bösen Fluch zurückhalten.
Gesucht wegen schweren Diebstahls! Schwarzhaariger Junge, Alter ca. 18 Jahre. Wer hat ihn gesehen? Größe ungefähr 5½ Fuß, schlank.
Achtung! In seiner Begleitung befindet sich ein Wolf. Wer einen oder beide gesehen hat, meldet sich unter folgender Telefonnummer.
Für Hinweise, die zu seiner Ergreifung führen, sind $1000 ausgesetzt.
Die Zahl war eingekreist, auch die Telefonnummer. Der Zettel selber war stark zerknittert, so als sei er oft in eine Hosentasche gestopft worden. Ich prägte mir die Telefonnummer ein, vielleicht konnte ich Näheres über sie erfahren.
„ Äh, nein, tut mir leid“, antwortete ich schnell. „Diese Beschreibung passt wahrscheinlich auf Dutzende von Jungs. Und ein Wolf, der wäre mir aufgefallen.“
Shit, Shit, Shit!
Wie kam Sandros Beschreibung auf den Zettel, und wer hatte die verteilt? Raimondo? Wahrscheinlich einer seiner Männer. In seinem Auftrag. Das war kein offizielles Fahndungsplakat, sollte aber wie eines aussehen. Und was wollte Billy damit? Ich wusste, er hatte Sandro gesehen. Und auch den Wolf. War er tatsächlich so schlau gewesen und hatte die beiden erkannt? Wollte er die Belohnung? Warum? Er hatte den Morgen, als wir hier ankamen, mit seiner Granny gestritten. Was hatte sie ihm an den Kopf geworfen? Ah, ja. ‚Für so einen Gangster arbeitest du nicht.’ Wer war dieser Gangster? Fragen über Fragen, auf die ich keine Antwort hatte.
Ich sah zu Cruiz rüber, der immer noch neben der Tür stand und sich leise mit Allison unterhielt. Hin und wieder machte sie sich Notizen in ihr kleines Heft. Sie lächelte ihn an, warf ihm bewundernde Blicke zu, kurz, sie flirtete mit ihm. Stirnrunzelnd sah ich zu, wie er sich anhimmeln ließ.
Leach nahm mir die Tüte wieder ab und reichte sie dem Tatortermittler. „Sir, wir müssen Ihre Mandantenakten einsehen. Gibt es unter Ihren Mandanten jemanden, der sauer auf Sie war? Oder auf Ihre Sekretärin?“
Sauer auf mich war ständig jemand. Seit ich für die Agentur Kinder zurückholte, bekam ich hin und wieder auch Drohungen, von Daddys, die ich erwischt hatte. Bis jetzt hatte ich mir darüber noch nie Gedanken gemacht. Ich hatte eine Idee, konnte ich Leach damit erstmal auf eine andere Spur locken?
„ Können wir in mein Büro? Dort kann ich Ihnen zeigen, was Sie sehen wollen.“
Leach sah den Ermittler an,
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