Wolf Shadow Bd. 8 - Tödlicher Zauber
können hier freier sprechen als woanders, wenn es das ist, was du meinst.« Aber sein Blick flog kurz zu ihrem Fahrer. Scott war professionell genug, es sich nicht anmerken zu lassen, aber er konnte jedes Wort ihres Gesprächs hören.
Sie nickte, um ihm zu zeigen, dass sie verstanden hatte. Er wollte nicht, dass sie in Scotts Anwesenheit über Harmagedon und die Schatteneinheit sprachen. Dabei wusste er zumindest darüber längst Bescheid. »Ich denke an die Clanmacht der Wythe.« Instinktiv legte sie die Hand auf ihren Bauch. »Die Dame muss gewusst haben, was sie tat.«
Rule war nicht der Einzige im Wagen mit einer Clanmacht. Lily hatte ebenfalls eine. Sozusagen.
Sie war kein Rho. Sie war kein Lupus und würde es nie sein können, deshalb konnte sie die Macht in ihrem Inneren nicht nutzen. Alles, was sie damit tun konnte, war, sie so schnell wie möglich loszuwerden … was sicherlich am Dienstag passieren würde, wenn sie das Clangut der Wythe in Upstate New York besuchten.
Letzten Monat hatten Lily und Rule seinen Freund Brian aus den Fängen Friars, eines Sidhe-Fürsten und seinen bösartigen Elfendienern befreit. Doch sie waren zu spät gekommen: Brian war durch die Experimente des Sidhe-Fürsten so geschwächt gewesen, dass er gestorben war – ohne Thronfolger. Mit seinem Tod wäre die Clanmacht verloren gewesen, was das Ende seines Clans bedeutet hätte, dessen Mitglieder entweder sterben oder wahnsinnig würden. Was vermutlich auch den Tod einiger Menschen bedeutet hätte, denn ohne seinen Clan kam ein Lupus nicht gut klar.
Durch ihre Gabe konnte Lily Magie absorbieren, auf dieselbe Weise wie Drachen. Als Brian gestorben war, hatte sie diese Energie aufgenommen – und irgendwie hatte die Dame der Lupi dafür gesorgt, dass sie die Clanmacht nicht nur absorbierte, sondern sie in ihrem Inneren bewahrte, intakt und unerreichbar. Es verschaffte ihr ein ständiges pelziges Kitzeln.
Meistens war es, als müsste sie ihren Dickdarm kratzen. Oder aufstoßen.
Sie war die Bewahrerin der Clanmacht, kein Rho. Die Wythe brauchten einen Rho, doch im Moment blieben ihnen nur die Clanältesten. Normalerweise waren diese informelle Berater des Rhos, Männer und manchmal auch eine Frau, die Vertrauensposten bekleideten wie Leiter des Kinderhorts, Sicherheitschef oder Leiter einer wichtigen Firma, die dem Clan gehörte.
Walt McDonald war der Älteste dieses Ältestenrats. Bevor er sich zurückgezogen hatte, um die Meierei des Clans zu führen, was er jetzt seit zwölf Jahren tat, war er vierzig Jahre lang Anwalt gewesen. Er war einhundertsieben Jahre alt, Herrgott noch mal, und fragte Lily bei jeder Kleinigkeit um Rat. Als wenn sie wüsste, wie mit einem zwanzigjährigen Lupus zu verfahren war, der seinen Wandel nicht unter Kontrolle hatte! Als ob sie sich mit Wasserrechten auskannte! Oder mit den tausenderlei anderen Dingen, derentwegen er sie anrief.
Doch nicht mehr lange. Wenn die Dame schon so einfach eine Clanmacht in sie hineinstopfte, würde sie sie ja wohl auch wieder herausholen und an den rechtmäßigen Inhaber weitergeben. Sie mussten nur den richtigen Wythe-Lupus finden. Am Dienstag würde sie der gesamte Clan empfangen, da würde doch wohl einer unter ihnen sein …
Rule drehte ihre Faust um und bog sanft ihre Finger auf.
Sie blickte ihn an. Auf diesem Abschnitt der Straße war es trotz der immer wieder aufblitzenden Straßenlaternen dunkler, trotzdem sah sie, wie sich seine Mundwinkel hoben. Ihre Blicke trafen sich.
Rule hatte ihr etwas verheimlicht. Etwas Wichtiges. Das traf sie tief. Doch er hatte sich nicht verstellt. Nicht absichtlich. Hätte sie es nicht trotzdem merken müssen? Hätte sie nicht spüren müssen, dass da ein Geheimnis zwischen ihnen war? War sie zu beschäftigt gewesen, um es zu bemerken? Mit ihrem verletzten Arm, ihrer Arbeit, Friars Verschwinden, dem Großtreffen der Clans, für das nun endlich ein Datum festgelegt war, der Frage, ob der Muskel nachwuchs, dem pelzigen Kitzeln in ihrem Bauch und den Komplikationen, die es mit sich brachte, der kommenden Hochzeit, dem …
Okay, ja, sie hätte es merken müssen. Aber vielleicht sollte sie dieses Mal nicht so streng mit sich sein.
Leicht, ganz leicht, malte Rule mit dem Daumen einen Kreis in ihr Handinneres.
Sie kannte seinen Körper so gut. Sie wusste, was in seinem Kopf vorging … manchmal. Dann wieder war er ihr ein Rätsel. Dann war es, als würde sie sich durch dichten Nebel vorantasten. Wie gut konnte man jemanden
Weitere Kostenlose Bücher