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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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ihn nach Kräften pflegte, und dem Arzt, der am dritten Tag erschienen war, hatte er keinen Menschen zu Gesicht bekommen.
    Es spielte keine Rolle. Selbst wenn ein Wunder geschah und er mit dem Leben davonkam - wofür es wenig Anzeichen gab -, so hatte sein Leben jeden Sinn verloren. Es gab nichts mehr, wofür zu leben und beten sich noch gelohnt hätte. Wenn ihn überhaupt noch etwas wunderte, so nur die Tatsache, daß man ihn nicht sofort getötet hatte. Doch Bressers Frau brachte ihm gute, reichhaltige Mahlzeiten, und anders als Katrin zuvor wurde er nicht in Ketten gelegt und in ein finsteres Loch geworfen, sondern erwachte aus seinen Fieberträumen in einem weichen, sauberen Bett. Es war die Lagerstatt, die er in Katrins Zelle hatte schaffen lassen. Ihr Kerker war nun sein Gefängnis. Man hatte lediglich wieder die Bretter vor dem Fenster angebracht.
    Maria kam oft, aber sie sprach kein Wort mit ihm. In den ersten Tagen hatte Tobias mehrmals versucht, ein Gespräch mit ihr zu beginnen, ohne daß sie reagiert hatte. Vermutlich hatte man es ihr strikt verboten, mit ihm zu sprechen. Vielleicht lauerte sogar ein Wächter und belauschte sie. So ver-362
    gingen diese zehn Tage in fast vollkommener Dunkelheit und absolutem Schweigen.
    Aber am elften Tag kam der Graf.
    Tobias hatte geschlafen und wieder von Katrin geträumt: ein wirres Durcheinander von Bildern und Gefühlen, Eindrücken und Lauten, das von dumpfer Verzweiflung und einem ziellosen, schmerzhaften Zorn erfüllt war. Plötzlich rüttelte jemand unsanft an seiner verletzten Schulter. Tobias öffnete stöhnend die Augen und blinzelte, im ersten Moment fast blind durch das nicht mehr gewohnte Licht einer Kerze.
    Unsicher setzte er sich auf, hob die Hand schützend über die Augen und versuchte die Gestalt zu erkennen, die ihn geweckt hatte. Im allerersten Moment begriff er nur, daß es nicht Maria war. Dann gerannen die tanzenden Schatten vor seinen Augen zu einer Gestalt, die Augenblicke später auch ein Gesicht gewann: das schmale, jugendliche Gesicht des Grafen, dessen Augen mit einer Mischung aus Mitleid, Bedauern und ärgerlichem Zorn auf ihn herabsahen.
    »Theowulf«, sagte Tobias matt. »Seid Ihr gekommen, um mich zu töten?«
    »Es ist jemand gekommen, der mit Euch sprechen will«, sagte Theowulf mit harter Stimme, ohne auf Tobias' Worte einzugehen.
    »Euer Lehnsherr?« fragte der Mönch leise. »Der Teufel?«
    Theowulf runzelte die Stirn, schwieg aber. Er trat einen Schritt zurück und machte eine Handbewegung. Tobias richtete sich mühsam auf. Er bewegte sich sehr vorsichtig. Die Wunde war recht gut verheilt, und doch schmerzte sie noch.
    »Könnt Ihr gehen?« fragte Theowulf, als Tobias umständlich aufstand.
    Tobias nickte grimmig. »Ja«, sagte er. »Euer Mann war ein Stümper. Er hat mich nicht besonders schwer verletzt.«
    Theowulf seufzte. Aber er sah eher traurig als verärgert aus. »Ihr seid ein solcher Narr, Pater Tobias. Ich habe mich in Euch getäuscht.«
    »Ich nicht«, antwortete Tobias eisig. »Ich hatte gleich das Gefühl, daß Ihr nicht der seid, für den Ihr Euch ausgebt.«
    Theowulf ignorierte die Worte. »Warum habt Ihr das nur 363
    getan?« murmelte er kopfschüttelnd. »Alles wäre gut ausgegangen, hättet Ihr getan, was ich Euch vorgeschlagen habe.
    Aber nun gibt es nichts mehr, was ich noch für Euch tun kann.«
    »Ich denke, Ihr habt bereits genug für mich getan.«
    »Wenn Ihr glaubt, daß Euer Spott angebracht ist, so täuscht Ihr Euch«, antwortete Theowulf ernst. »Ihr habt alles verdorben, Ihr verdammter Idiot.«
    »So?« Tobias versuchte zu lachen, aber er brachte nur einen krächzenden Laut heraus. »Wohin bringt Ihr mich? In den Wald, um mich neben dieser armen Frau zu verschar-ren? Oder habt Ihr Euch die Mühe gemacht, ein besseres Versteck für meine Leiche zu finden?«
    »Ihr täuscht Euch, Pater Tobias«, antwortete Theowulf ruhig. »Ich bin kein Mörder.«
    »Oh, natürlich nicht«, erwiderte Tobias spöttisch. »Es war sicherlich nur eine Verkettung schrecklicher Zufälle, nicht wahr? Wahrscheinlich seid Ihr bei der Hilfe, die Ihr den armen Leuten hier angedeihen lassen habt, so verarmt, daß Ihr und Eure Männer Euch keine Kleidung mehr leisten konntet, sondern die Schädel von Toten nehmen mußtet, um Euch gegen die Kälte und den Wind zu schützen.«
    Theowulf seufzte. Aber er antwortete nicht mehr, sondern wandte sich um und ging zur Tür. Geduldig wartete er, bis Tobias ihm folgte, ließ ihn an sich

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