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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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ihre feisten Oberschenkel, die von blauen Adern wie ineinander verbis-senen Würmern bedeckt waren. Katrins Brüste waren klein und fest, mit dunklen, harten Spitzen, die sich aufstellten, wenn sie im kalten Wasser badete.
    Ja, er sah ihr gerne zu, wie sie im Fluß ein Bad nahm, manchmal stundenlang, während er am Ufer saß und aufpaßte, daß sie niemand überraschte. Vielleicht war es der Reiz des Verbotenen, der es so aufregend machte, denn meist taten sie dann hinterher die Dinge, von denen er im Hause des Vater nichts erzählte.
    Auch der wortgewaltige Bettelmönch sprach von diesen verbotenen Dingen, sprach von Verdammnis und fleischlichen Gelüsten mit düsteren, unheilschwangeren Worten, die Tobias jedoch eher faszinierten, als sie ihn abstießen und die ihm nicht die Spur von Angst einjagten, was sie ja eigentlich sollten.
    Der Prediger war eine seltsame Erscheinung: groß, sehr groß, hatte er schmale, nach vorne gebeugte Schultern, als schleppe er eine unsichtbare Last mit sich herum, und dürre Hände, deren Finger sich wie die Beine fleischfarbener Spinnen unentwegt und hektisch bewegten, wenn er sprach. Sein Gesicht war schmal und ausgezehrt. Die Augen lagen tief in den Höhlen und hatten dunkle faltige Säcke. Seine Wangen waren von Narben zerfurcht, und unter den Schatten eines langen Bartes nisteten dunkle Schatten, wie von einer gerade überstandenen Krankheit oder einem langsamen Siechtum, das seinen Körper vielleicht schon seit Jahren von innen heraus aufzehrte. Seine Stimme war ein hohes Fisteln, schrill geworden im Laufe der Jahre. Seine Augen, unter buschigen Brauen verborgen, blickten mit einem niemals verlöschenden Zorn in die Welt, als erfülle ihn alles, was er sah, mit Ekel und Bitterkeit. Und zumindest einige der Zuhörer, die ihn in einem weiten Halbkreis umstanden, schienen durchaus beeindruckt von dem, was er sagte, wie ihre betretenen Mienen verrieten.
    Vater Hegenwald aber, der Pfarrer, der sich unauffällig 69
    unter die Zuhörer gemischt hatte, sah nicht besonders beeindruckt aus, fand Tobias. Schon eher zornig. Er beobachtete ihn schon eine ganze Weile, und ihm war nicht entgangen, daß der Ausdruck auf seinem Gesicht finsterer wurde, je länger er dem Lamento des Mannes in der Bettlerkutte lauschte.
    Und obwohl Hegenwald weder sein Priestergewand trug noch sich in irgendeiner anderen Art ausgewiesen hatte, schien der Bettelmönch irgendwie zu fühlen, daß er hier mehr als einen x-beliebigen Neugierigen vor sich hatte, denn sein feurig zorniger Blick ruhte des öfteren auf Hegenwald.
    Tobias verfolgte dieses sonderbare Duell zwischen den beiden Gottesmännern mit einer Mischung aus Heiterkeit und Verwirrung. Er hatte bis zu diesem Tag sein Dorf niemals wirklich verlassen und hatte immer angenommen, daß die Kirche eine einzige, große Gemeinschaft war, zwischen deren Mitgliedern vollkommene Übereinstimmung herrschte. Daß dies nicht so war - und das bewiesen die Worte des Mönchs und die Blicke, die Hegenwald dem Prediger zuwarf -, verwirrte ihn.
    Katrin begann ungeduldig an seinem Arm zu zerren. Sie wollte zum Fluß gehen. Ganz offensichtlich langweilte sie die finstere Predigt des Mönchs. Aber Tobias schüttelte vehement den Kopf. Er wollte noch nicht gehen. Dieser Fremde mit dem kranken Gesicht und den Spinnenfingern faszinierte ihn.
    ». . . lasset ab von euren weltlichen Gütern, von Besitz und Eigentum, denn diese Dinge sind des Teufels!« rief er gerade mit seiner schrillen, eindringlichen Stimme. Seine Hände vollführten dabei Bewegungen, als schleudere er seine Worte förmlich um sich. »Und ich sage, entsaget all diesen Verlockungen Satans und der Hölle, denn nur wer völlig frei ist von weltlichem Besitz, der kann sich ganz dem Herrn hingeben. Satan aber lauert überall, in jedem Ding, jedem Wort, ja, jedem unschuldigen Gedanken.«
    »Laß uns gehen«, sagte Katrin mit leiser Stimme.
    »Ich will ihn hören«, antwortete Tobias. Er versuchte, sie abzuschütteln, aber Katrin zog noch heftiger an seinem Arm.
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    »Ich mag ihn nicht«, sagte sie. »Er ist mir unheimlich und macht mir Angst.«
    Vielleicht war es, weil sie so laut gesprochen hatte, vielleicht geschah es auch nur aus Zufall - aber plötzlich wandte sich der Bettelmönch um und starrte Tobias aus seinen kalten, durchdringenden Augen an. Das Herz des Jungen machte einen erschrockenen Satz, als der Zeigefinger des Wanderpredigers sich hob und direkt auf Katrin und ihn deutete; in einer Geste, die nichts

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