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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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fünfmal sehr tief und langsam ein.
    Es half, wenn auch nicht besonders gut. Die frische Luft schien ihn eher müde zu machen als zu erquicken. Und jeder Schritt fiel ihm schwer.
    »Ihr seht erschöpft aus, Pater«, fuhr der Wächter fort.
    »Warum legt Ihr Euch nicht ein wenig hin und schlaft. Ich wecke Euch, sobald der Graf und die anderen zurück sind.«
    »Ich bleibe nicht«, antwortete Tobias halblaut.
    »Aber der Graf sagte . . .«
    »Ich muß zurück«, unterbrach ihn Tobias.
    Der Mann zögerte noch einen Moment. Auf seinem Gesicht war deutlich der Kampf zu sehen, der sich in seinem Inneren abspielte - zum einen die Angst vor Theowulf, der augen-scheinlich sehr eindeutige Befehle erteilt hatte, was Tobias'
    weitere Behandlung anging, zum anderen aber auch der Respekt vor dem Mönch. Schließlich siegte die Furcht vor der geistlichen Macht. »Wie Ihr befehlt, Herr«, sagte er. Gleichzeitig winkte er zwei Männern zu, die sich auf der Stelle her-umdrehten und zu den Pferdeställen auf der anderen Seite des Burghofes gingen. »Diese beiden werden Euch begleiten.«
    »Das ist nicht nötig«, widersprach Tobias. »Ich finde den Weg.«
    »Aber der Graf hat darauf bestanden, daß Ihr Begleitung habt«, beharrte der Wächter.
    »Dann sagt ihm, daß ich es abgelehnt habe«, widersprach Tobias.
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    Der Mann zögerte einen Moment. »Er wird sehr zornig sein, wenn er das hört, Pater«, sagte er. »Und er ist nicht für seine Geduld bekannt.«
    »Er wird Euch schon nichts tun«, murmelte Tobias. Er war einfach nur müde. Selbst zu müde, um über die Worte des Mannes nachzudenken. Das einzige, was ihn noch auf den Beinen hielt, waren das sichere Wissen, daß er gehen mußte
    - ohne auch nur zu ahnen, woher dieses Wissen kam -, und seine Verabredung mit Derwalt. Er hatte auch die Panik in den Augen des Zimmermanns nicht vergessen, als er ihm zugeflüstert hatte, in dieser Nacht nicht auf dem Schloß zu bleiben.
    »Bitte überlegt es Euch, Pater«, sagte der Torwächter. Der Ton in seiner Stimme verriet Angst.
    »Der Graf wird -«
    »Der Graf wird überhaupt nichts«, unterbrach ihn Tobias grob. Er versuchte, in den Sattel zu steigen, schaffte es nicht und mußte abermals die Hilfe des Knechtes in Anspruch nehmen.
    »Sagt ihm«, fuhr er fort, als er schließlich auf dem Rücken des Tieres saß und sich schwankend festhielt, »daß ich ausdrücklich darauf bestanden habe, unverzüglich und allein nach Buchenfeld zurückzureiten. Und sagt ihm auch« fügte er nach einer kleinen Pause hinzu, »daß ich über seinen Vorschlag nachdenken und ihm die Antwort in zwei Tagen zukommen lassen werde.«
    Der Mann wollte abermals widersprechen. Er griff nach den Zügeln des Pferdes, aber Tobias streifte seine Hand ab und lenkte das Tier zum Tor.
    Der Wächter rannte ihm nach und rief irgend etwas, aber Tobias war einfach zu müde, um es zu verstehen. Fast auf dem Hals des Pferdes liegend und mehr schlafend als wach, ritt der Mönch durch das Tor.
    Er schien wirklich im Reiten zu schlafen, denn das nächste, was er wieder wahrnahm, war, daß er sich mitten im Wald befand, auf dem schmalen, an allen Seiten von dornigen Büschen eingeschlossenen Weg, über dem sich die Kronen der uralten Eichen wie ein Dach vereinten.
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    Vom Schloß und den Männern war nichts mehr zu sehen oder zu hören, und die einzigen Laute, die er außer dem Rauschen des Windes in den Baumwipfeln überhaupt wahrnahm, war das Getrampel seines Pferdes. Er begriff plötzlich, daß er keine Ahnung hatte, wo er sich befand, aber noch bevor dieses Begreifen in Schrecken umschlagen konnte, teilten sich die Büsche vor ihm, und er erkannte die Schatten eines weitläufigen Bauerngehöftes in der Dunkelheit. Das Pferd, das ja Temser gehörte, hatte ganz von selbst nach Hause gefunden und ihn ohne sein Zutun zu seinem Stall geführt.
    Pater Tobias richtete sich im Sattel auf und reckte sich.
    Seine Augen brannten noch immer, und der schlechte Geschmack in seinem Mund war so stark geworden, daß er ihm nun fast Übelkeit bereitete. Und doch fühlte er sich ein wenig wohler. Im Schloß des Grafen wäre er fast zusammen-gebrochen, jetzt war er nur noch müde.
    Und auch dieser letzte Rest von Müdigkeit verflog, während das Pferd sich gemächlich seinem Stall näherte. Er spürte jetzt die Kälte wieder, die sich über den nächtlichen Wald gelegt hatte, und er bekam Durst und Hunger. Er hoffte, daß auf dem Hof nicht schon alles schlief. Sobald er mit Derwalt geredet und sich

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