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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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nichts erkennen. Es war stockdunkel, sodass er nur erfühlen konnte, wo er war.
    In seinem Rücken spürte er das harte Gitter, über das er geklettert und gestürzt war. Der Boden, auf dem er saß, war irgendwie glitschig, verschmiert und roch übel, wie Ammoniak. An seiner Seite ragte eine massive Wand empor. Er tastete blind und spürte Steine und Fugen. Dann hörte er wieder das schrille Ziepen, das überlagert wurde von einem Flattern und sich von ihm weg bewegte, in die Tiefe des schwarzen Raumes. Dieses Mal kam es von unten, aus der Richtung, wo er seine Füße vermutete. Zudem spürte er seinen Knöchel, wie er pochte und schmerzte. Aber da war noch etwas anderes. Irgendetwas leckte mit dünner Zunge an der Stelle, wo ihn der Dobermann erwischt hatte. Er nahm die Hand zurück, griff in die Hosentasche und suchte nach seinem Feuerzeug.
    Die Flamme erhellte nicht viel, erzeugte aber einen Aufruhr, als hätte er ein Pulverfass gezündet. Wie Steine fielen Fledermäuse vom Himmel und flüchteten schwirrend und ziepend aus dem verhassten Licht. Kilian legte die Arme schutzsuchend über seinen Kopf, zog die Beine an und duckte sich eng ans Gitter. An ihm vorbei, von ihm weg schossen sie zielgenau auf die rettenden Ausgänge zu, ohne dass nur eine ihn berührte. Der Krach jedoch, den sie dabei anstellten, war ohrenbetäubend.
    Der Spuk dauerte nicht lange. Kilian wartete noch ein wenig, bis er sich erhob. Er wollte sichergehen, dass er nicht noch einmal die Heerscharen des Teufels herausforderte. Er stand unter Schmerzen auf und fasste sich an den verletzten Fuß. Er war angeschwollen, schien aber nicht gebrochen. Vorsichtig setzte er ihn auf und belastete ihn. Ein Stich durchfuhr sein Bein und endete geradewegs in seinem Schädel, sodass er aufschrie. Wiederholt belastete er den Fuß, bis er sich an den Schmerz gewöhnt hatte.
    Erneut ließ er das Feuerzeug aufflammen. Der Boden, auf dem er stand, war überzogen mit Fledermauskot. Knochen und kleine Skelette knackten wie Salzstangen, als er vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte. Er war einige Schritte vorangekommen, als der Gang nach rechts abknickte. Er folgte ihm, bis aus einem Schlitz in der Wand ein schmaler Lichtkegel hereinfiel. Er bückte sich und sah hindurch.
    Das Mondlicht erhellte den breiten Weg ausreichend, sodass er die Burgmauer und dahinter einen Teil der vom Nebel eingehüllten Stadt erkannte. Wenn er vom Halsgraben in das Scherenbergtor gestiegen war, dann musste er in der gleichnamigen Galerie sein, an sich eine unterirdische Kasemattenanlage mit Schießscharten. Sie war nahezu kreisrund im Burggraben angelegt und endete an den der Stadt zugewandten Türmen. Auf der Seite, auf der er sich befand, musste sein Weg am Marienturm enden. Er ging weiter und stieß nach hundert Schritten auf einen Ausgang, der ihn nach oben in den inneren Burghof führte. Er öffnete die Tür nur ein Stück und schaute hinaus.
    Er sah flanierende Burgfräuleins, Marktfrauen, die ihre Waren anpriesen, Landsknechte, die Bauern in den Kerker trieben, und musketenbeladene französische Soldaten. Eingerahmt war die Szenerie von Fackeln und Scheinwerfern, die ihr farbiges Licht von einem der Kräne über den Dächern herunterstrahlten und den Innenhof abwechselnd in ein tiefes Blau und ein dunkles Rot tauchten.
    Posaunen erschallten und kündeten von einem baldigen Beginn des Schauspiels. Auf einer Bühne nahmen die geladenen Staatsgäste um den Burgherrn herum Platz, der eine weiß-blau ausgeflaggte Loge für sich in Anspruch nahm. Das Wappen davor zeigte den mächtigen und furchtlosen bayerischen Löwen.
    Kilian suchte die zum Teil in mittelalterlichen Kostümen verkleideten Gäste zu erkennen. Unter allen stach der große, breitschultrige John Frankenheimer heraus. Er trug die Uniform eines Schwedenkönigs und hielt sich im äußeren Bereich der Bühne auf, die zum Randersackerer Turm wies. An seiner Seite nahm Galina in einem ausladenden Kleid, das einer Madame Pompadour zur Ehre gereicht hätte, Platz. Schröder, im Amtsrock eines Hofmarschalls, dirigierte die Sicherheitsleute, die einheitlich als Landsknechte verkleidet an den Seiten des Burghofes Position bezogen hatten. Doch nirgends konnte er Thomas oder Otter erblicken. Entweder waren sie im vorgelagerten Echterhof oder in einem der Gebäude verschwunden.
    Eine Feuerwerksrakete wurde abgefeuert, und das Spektakel war eröffnet. Posaunen erklangen erneut, und der Zeremonienmeister pochte mit seinem goldenen

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