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Wolfsdunkel -7-

Wolfsdunkel -7-

Titel: Wolfsdunkel -7- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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ließ die Vorhänge flattern. Einen Moment mal …
    Das Fenster hatte in meinem Traum offen gestanden, aber ich dachte, dass es geschlossen gewesen wäre, als ich ins Bett gegangen war.
    Langsam drehte ich den Kopf in die Richtung.

21
    „Hab keine Angst.“
    Ich setzte mich ruckartig auf, hangelte nach der Decke und zog sie mir bis unters Kinn, und das, obwohl ich die Stimme als auch den Mann erkannte, dessen mitternächtliche Silhouette das Mondlicht nachzeichnete, das durch mein offenes Fenster fiel.
    „Was tust du hier?“ Meine Furcht hatte sich in Wut verwandelt. „Wie bist du reingekommen?“
    „Das Fenster stand offen.“
    Stirnrunzelnd versuchte ich, mich zu erinnern. Stimmte das? Vielleicht. Aber …
    „Dies ist der erste Stock.“
    „Denkst du, jemand könnte nicht trotzdem hereingelangen, wenn er es unbedingt wollte?“
    Exakt das hatte ich gedacht. Das Haus war nach Art alter Häuser groß, mit hohen Decken, wodurch das erste Stockwerk beträchtlich höher über dem Erdboden lag als bei den meisten modernen Gebäuden. Es gab kein bequem erreichbares Abflussrohr in der Nähe meines Fensters.
    „Du kannst nicht an der Außenwand hochgeklettert sein“, beharrte ich. „Völlig ausgeschlossen.“
    „Offensichtlich nicht ausgeschlossen, sonst wäre ich nicht hier.“
    Sein Akzent wurde schwerer, seine Worte förmlicher, was mich daran erinnerte, dass Englisch weder seine Muttersprache noch seine einzige Sprache war.
    „Warum bist du gekommen? Hast du Josh gefunden?“
    Er zögerte, dann seufzte er. „Nein.“
    „Keine Spur von ihm?“
    „Die Bluttropfen aus seiner Nase führten zu seinem Wagen.“ Er spreizte die Hände.
    „Nicht wichtig. Grace wird sich morgen um ihn kümmern.“
    „Männer wie er … Sie wissen, wie man sich Ärger vom Hals hält.“
    „Dieses Mal nicht.“
    Er legte den Kopf schräg, und das Mondlicht spiegelte sich so hell in dem Kreuz an seinem Ohr, dass es mich fast blendete. „Warum hast du ein Kruzifix als Ohrring?“
    Seine Lippen formten ein Lächeln. „Warum nicht?“
    „Die meisten Katholiken tragen ein Kreuz um den Hals.“
    „Ich sagte, dass wir als Katholiken getauft wurden.“
    „Aber ihr seid nicht wirklich welche?“
    „Was sollten wir sonst sein?“
    „Ständig beantwortest du eine Frage mit einer Gegenfrage.“
    „Was ist daran verwerflich?“
    „Es lässt dich schuldig wirken.“
    „Mir war nicht bewusst, dass du mich irgendeines Vergehens verdächtigst.“
    „Ich betreibe nur Konversation.“ Was sollte ich auch sonst tun, wenn mitten in der Nacht ein Mann durch mein Fenster geklettert kam?
    Tatsächlich wusste ich, was ich tun sollte , und zwar besonders in seinem Fall; was ich hingegen nicht wusste, war, ob ich mich dazu schon bereit fühlte.
    Malachi schien meine Unsicherheit zu spüren, denn er verharrte weiter am Fenster, lehnte sich sogar dagegen – die personifizierte Ruhe, von der nicht der Hauch einer Bedrohung ausging.
    „Wir eigneten uns immer schon die Symbole der Menschen an, die das Land um uns herum bewohnen“, erklärte er.
    „Warum?“
    „Um Hetzjagden auf uns zu vermeiden.“
    „Heutzutage wird niemand mehr wegen seiner religiösen Überzeugung gejagt.“
    Er lächelte mich an, wie ein Vater sein geliebtes, aber törichtes Kind anlächeln würde. „Meinst du, wenn die Bewohner hier wüssten, dass wir dem Mond und dem Feuer huldigen, würden sie so bereitwillig zu unseren Vorstellungen kommen und uns ihr hart verdientes Geld geben?“
    Vermutlich nicht. Aber …
    „Sie würden keine Hetzjagd auf euch veranstalten.“
    „Du hast selbst gesehen, was in der Apotheke mit Sabina passiert ist.“
    Das hatte ich.
    Schweigen senkte sich über uns. Ich fühlte seinen Blick auf mir, und das, obwohl ich gerade die Mondstrahlen betrachtete, die durch das Fenster auf meine zerwühlte Decke fielen.
    „Claire?“
    Ich schaute auf und wurde hypnotisiert von dem, was ich in seinen Augen las. Er begehrte mich, aber er würde nicht den ersten Schritt unternehmen. Der musste von mir kommen.
    Darin lag Macht, Kontrolle, Stärke – alles, was mir von Josh Logan geraubt worden war. Ich wollte es zurück.
    Heute würde ich es mir zurückerobern, indem ich Malachi eroberte.
    In Wahrheit hätte mich dieser Mann in Angst und Schrecken versetzen müssen. Er hatte Josh die Nase gebrochen, ihn einfach so in die Luft gehoben und wie eine Puppe geschüttelt. Malachis Körperkraft war nicht nur meiner überlegen, sondern auch der jedes Menschen, den

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