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Wolfsdunkel -7-

Wolfsdunkel -7-

Titel: Wolfsdunkel -7- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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glauben, dass ich mir zu einem Zeitpunkt wie diesem darüber Sorgen machte, aber irgendjemand musste es schließlich tun. Und vermutlich gehörte es zu meinem Job.
    Ein Heulen ertönte aus dem Wald und stieg zum hellen Silbermond empor. Ich stand auf der Terrasse und wartete auf ein zweites, aber es erfolgte keins.
    Wenige Minuten später läutete es an meiner Haustür; ich ging nach drinnen und verriegelte die Glasschiebtür hinter mir.
    Grace stand in Uniform auf meiner Türschwelle, allerdings war ihre Bluse falsch geknöpft, und ihre Schnürsenkel waren nicht gebunden. Auch hatte sie ihre Haare nicht zu einem Zopf geflochten, sodass sie ihr offen bis zur Taille fielen, wodurch sie jünger aussah als sonst. Vielleicht hatte sie schon geschlafen.
    „Ich kann es nicht erwarten, den Kerl zu verhaften“, verkündete sie. „Wo ist er?“
    „Weg.“
    „Verarsch mich nicht, Claire; es ist spät.“
    „Ich wünschte, ich würde dich verarschen. Wir hielten ihn für bewusstlos, kehrten ihm den Rücken zu – und Abrakadabra war er weg. Malachi hat sich auf die Suche nach ihm gemacht.“
    Ihre Augenbrauen zuckten nach oben. „Malachi, hm?“
    Ups!
    „Es käme mir dumm vor, wenn nicht sogar undankbar, ihn nach allem, was er für mich getan hat, beim Nachnamen zu nennen.“
    „Na schön.“ Grace griff nach ihrem Schultermikrofon. „Ich werde Logan zur Fahndung ausschreiben lassen.“
    „Nein. Tu das nicht.“
    „Claire.“ In ihrer Stimme lag ein warnender Unterton. „Du wirst diesen Wichser strafrechtlich verfolgen lassen. Nach dieser Sache heute kriegen wir ihn definitiv wegen tätlichen Übergriffs dran.“
    „Das werde ich. Versprochen. Aber könnten wir das mit der Fahndung bleiben lassen? Ich glaube wirklich nicht, dass Lake Bluff oder, was das betrifft, ich die Aufmerksamkeit brauchen, die das mit sich bringen würde. Können wir es wenigstens so lange unter Verschluss halten, bis das Festival vorbei ist?“
    Grace sah mir forschend ins Gesicht. „Meinetwegen. Ich werde morgen früh das Atlanta Police Department informieren. Sie können ihn verhaften, ohne Aufsehen zu erregen.“
    „Danke. Ist für morgen alles organisiert?“ Grace guckte mich verständnislos an. „Die Jagd nach dem Wolf?“, half ich ihr auf die Sprünge.
    „Ja, natürlich. Ich habe allen Bescheid gesagt, nachdem du weg warst.“ Sie schaute auf die Uhr und zog eine Grimasse. „Wir treffen uns um vier am Lunar Lake.“
    „Kurz bevor du aufgetaucht bist, habe ich ein Geheul gehört.“
    Sie hob den Kopf. „Wo?“
    Ich zeigte in Richtung Berge.
    „Bist du sicher?“
    „Nein.“
    Anstatt erwartungsgemäß verärgert zu reagieren, nickte Grace. „Man kann nicht orten, woher so ein Heulen kommt, es sei denn, man wäre selbst ein Wolf. Und zwei Tiere können nach einem ganzen Dutzend klingen.“
    „Aber eines klingt auch nur wie eines, richtig?“
    „Richtig.“
    „Und eines ist das, was ich gehört habe.“
    „Das ist gut. Wir brauchen kein ganzes Wolfsrudel dort draußen. Ich müsste die Naturschutzbehörde informieren.“ Sie blickte missmutig drein. „Das würde ich, wenn möglich, gern vermeiden.“
    Niemand machte sich viel aus der Jagd- und Fischereipolizei – alias DNR oder Naturschutzbehörde –, die Jäger am allerwenigsten. Wahrscheinlich, weil das Erlegen von Tieren aus einer Zeit stammte, als Jagd und Fischerei noch das Überleben der Menschen sicherten, und die von einem nostalgischen Pioniergeist beseelten Jäger von heute verstimmt reagierten, wenn man versuchte, ihnen Vorschriften zu machen.
    „Wird Cartwright zurückkommen?“, fragte Grace. „Du solltest ihn lieber in die Sache einweihen und ihn warnen, dass wir morgen in dem Areal suchen werden.“
    „Das habe ich schon.“
    „Und?“
    „Er sagte, solange ihr bei Sonnenuntergang verschwunden seid, gibt er euch seine Erlaubnis.“
    „Ich denke nicht, dass ich seine Erlaubnis brauche.“
    „Der Vertrag“, erinnerte ich sie.
    „Zwingende Umstände hebeln einen solchen Vertrag aus. Es treibt sich ein möglicherweise tollwütiger Wolf in den Wäldern herum. Cartwright wird sich damit abfinden müssen.“
    „Bist du sicher? Vielleicht sollte ich Catfish einen Blick auf den Wisch werfen lassen.“
    Catfish Waller war der letzte verbliebene Anwalt in Lake Bluff. Es gab nicht viel Bedarf an juristischem Rat in einer Kleinstadt, die vom Tourismus lebte. Natürlich kamen gelegentlich Körperverletzungsdelikte oder Nachbarschaftsstreitigkeiten vor, aber die

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