Wolfsfieber - Band 2
gegen meine Vernunft und mein unliebsames Versprechen. Aber ich tat es nicht. Ich fühle mich plötzlich taub und schwer. Auch Jakov schien zu bereuen, dass er dieses heikle Thema angeschnitten hatte.
„Ihr werdet schon noch einen Weg finden“, nuschelte Jakov unbestimmt. Wir waren heftig darum bemüht, zuversichtlich zu nicken, aber ich konnte mir nur ein trauriges Lächeln abringen, das Jakov verdächtig musterte. Ich hatte plötzlich Angst, dass mich mein Herzschlag oder etwas anderes verraten hatte. Doch keiner sagte etwas in dieser Richtung. Plötzlich hatte ich es eilig, hier hinauszukommen, und sah gekünstelt auf die Uhr.
„Wir sollten gehen. Ich muss noch einiges an Arbeit erle-digen“, schob ich ein, bevor ich Istvan am Arm zog.
„Na gut, dann bis zum nächsten Mal. Bin schon gespannt, welches Carepaket es dann sein wird. Klamotten und Bücher hab ich ja jetzt genug“, lachte er, bevor er hinzusetzte: „Ich könnte ein Auto gebrauchen. Eine Camaro würde mir auch gefallen. Oder ein roter Flitzer vielleicht.“
„Übertreib es nicht“, schalt ihn Istvan brüderlich, bevor er wieder seine distanzierte Zurückhaltung einnahm und mit mir zu den Valentins hinüberging, die von den neuesten Entwicklungen im Zusammenleben mit Jakov berichteten: Woltan genervt, Serafina, sichtlich um Freundlichkeit bemüht, Valentin zufrieden und Marius erfreut, da er jetzt ein neues Opfer beim Pokern gefunden hatte.
Zwei Tage später nutzte ich die herrlichen Sonnenstrahlen des Juni, um mein Auto zu waschen. Ich war damit schneller als erwartet fertig und wartete nur noch darauf, dass es endlich dunkel würde, was jetzt immer länger dauerte, denn dann würde Istvan vorbeikommen. Er war es auch, den ich erwartete, als es an der Tür klopfte, die ich ohne zu zögern aufmachte. Doch vor mir stand, ich erstarrte förmlich bei seinem Anblick, mein Bruder Viktor. Mit einem breiten Lächeln und mit seinem fröhlichen, hellen Gesicht grinste er mich an, während ich es nicht fertigbrachte, sein Lächeln zu erwidern.
„Ich dachte, ich komme lieber persönlich vorbei. Offenbar sind drei Nachrichten nicht genug, dich dazu zu bringen, mich zurückzurufen“, schalt er mich halb ernst, halb feixend, ganz nach seiner, unserer Art.
„Oh, verdammt! Das Essen!“, sagte ich und schlug mir dabei auf den Kopf. Ich hatte es vollkommen vergessen. Bei aller Geheimniskrämerei, Jakov, meinen Jobs und Istvan war Viktors Angebot, wieder einmal zum Essen vorbeizukommen, völlig untergegangen.
„Es tut mir wirklich leid. Ich hoffe Paula ist nicht allzu sauer. Irgendwie hab ich es total vergessen“, gestand ich lieber gleich.
„Nicht so schlimm. Sie wusste nur nicht, ob sie dich doch noch mit einplanen soll oder nicht. Es kommen auch ein paar Arbeitskollegen von uns.“ Das klang nach einer größeren Sache als ursprünglich geplant. Auf so etwas hatte ich absolut keine Lust oder darauf, dass Paula wieder einmal versuchen könnte, mich mit einem ihrer oder Viktors Kollegen zu verkuppeln. Ich war, auch wenn niemand davon wissen durfte, bereits vergeben, auf jede Art und Weise, wie eine Frau nur vergeben sein konnte.
„Ich will dir eigentlich nicht schon wieder absagen, aber ich hab noch soviel Arbeit bis dahin zu erledigen, dass ich es nicht schaffen werde. Wirklich“, murmelte ich und sah ihn flehend an, was bei Viktor manchmal Wirkung zeigte.
„Na gut. Das versteh ich ja. Aber was zur Hölle ist in letzter Zeit mit dir los? Du, die Zuverlässigkeit in Person, schaffst es nicht einmal mehr zurückzurufen oder mal vorbeizuschauen. Wann warst du eigentlich das letzte Mal bei uns, ohne Einladung?“, fragte er etwas gekränkt und mit einem leichten Vorwurf in der Stimme.
„Mea culpa, mea maxima culpa“, lamentierte ich mit einer schuldbewussten Miene, was Viktor ungewollt zum Lachen brachte.
„Ich verspreche dir, Bruderherz, irgendwann in nächster Zeit überfalle ich euch beide und dann darfst du auch den Film aussuchen, selbst wenn es der schlimmste Actionfilm aller Zeiten ist.“ Er verzog abwägend den Mund, während ich die unter-gehende Sonne hinter ihm deutlich wahrnahm. Ihm war nicht entgangen, dass ich ihn nicht hereingebeten hatte. So wie er die Autoschlüssel in der Hand hielt, wusste ich aber, dass es sich nur um einen kurzen Stopp handelte, was mir mehr als recht war. Istvan würde bald hier auftauchen. Das Timing von Viktor war schon immer schlecht gewesen.
„Also gut“, meinte ich fast abweisend. „Dann
Weitere Kostenlose Bücher