Wolfsfieber - Band 2
Augen, „niemals werde ich einer Menschenseele außerhalb dieses Raums davon erzählen“, schwor ich ihm.
„Das weiß ich doch, Joe“, flüsterte er ernst.
„Aber Istvan, wieso denkst du, dass ich es jetzt wissen muss?“, wollte ich von ihm wissen. „Deshalb“, sagte er erzwungen ruhig und holte dabei ein Messer unter dem Tisch hervor, das er sehr vorsichtig am Holzgriff anfasste. Die Klinge war seltsam. Sie schimmerte dunkel und war eher rau als glatt. Eine Stahlklinge war das nicht.
„Ein Bleimesser!“, stöhnte ich laut. „Nach allem, was du mir gerade begreiflich machen wolltest …, ausgerechnet ein Bleimesser!“ Ich suchte nach einer Antwort in seinen Augen, fand aber nur ruhige Entschlossenheit darin.
„Valentin ließ es für dich machen. Ein großer Vertrauensbeweis, wie du dir sicher vorstellen kannst!“ Ich nickte schwer.
„Willst du es nicht nehmen?“
Ja, keine Ahnung. Will ich etwas in die Hand nehmen, das Istvan mit ein paar Metallpartikeln das Leben kosten könnte? … Eher nicht! Streng schüttelte ich den Kopf. Streng und entschlossen packte er meine Hand und drücke mir das Messer in die Handfläche.
„Da …“, zischte er. „… gehört es hin!“
„Was soll das heißen?“
„Das soll heißen, wenn Farkas, Dimitri oder sonst einer von meinesgleichen dir so nahe kommt, wie ich es jetzt bin, und du dich bedroht fühlst, dann nimmst du es und jagst es ihm mitten ins Herz“, sagte er mit vollem Ernst. Ich starrte ihn mit aufgerissen Augen an. Hatte Istvan mir tatsächlich gerade gesagt, ich solle jemanden töten ? Wie groß musste seine Angst sein, mich zu verlieren, wenn er so drastisch wurde? Ohne Umschweife.
„Willst du das wirklich?“, fragte ich ihn zweifelnd.
„Ja! … Aber sei verdammt vorsichtig damit. Benutz es nur, wenn du dir absolut sicher bist“, warnte er mich mit besorgtem Gesicht.
„Das werde ich“, versprach ich ihm, legte das Bleimesser, soweit der Tisch es zuließ, weg von ihm und umarmte ihn fest, aber voller Angst.
24. Hitzewelle
„Heiß wie die Hölle“ war für mich bisher nur irgend so ein dummer Spruch gewesen. Doch jetzt, wo diese extreme Hitzwelle über uns gekommen war, wusste ich verdammt genau, was man damit sagen will. Es bedeutet, dass es schon frühmorgens derart stickig und heiß ist, dass man nicht einmal mehr atmen kann. Es bedeutet, derart zu schwitzen, dass man am liebsten mehrmals am Tag die Klamotten wechseln möchte, die man ohnehin schon kaum auf der Haut erträgt. „Heiß wie die Hölle“ war das Motto, unter dem die letzten beiden Tage gestanden hatten, und noch war kein Ende in Sicht. Der Einzige, der von dieser Qual verschont blieb, war der Mann an meiner Seite, der Werwolf, der vollkommen ungerührt weiterhin seine Jeans trug, während ich in meinen Shorts schwitzte, was das Zeug hielt. Istvan hatte sogar sein Haus mit Ventilatoren ausgestattet, um es mir angenehmer zu machen. Das Dumme war nur, es war kaum mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. So vergingen die Tage und ich war zu erledigt von der Hitze, um geradeaus denken zu können. Wenigstens meine Aufträge konnte ich dank dem Bleimesser wieder ohne Bewachung alleine bestreiten. Ich hatte sogar ein ziemliches Zwangsverhalten entwickelt, was die Aufbewahrung dieser Wunder-Todeswaffe betraf. Zuerst wickelte ich sie in einen hauchdünnen Seidenstoff und dann kam das ganze Paket in ein ledernes Halfter. Auf diese Weise konnte ich es verhindern, dass sich Istvan, Jakov oder einer der Valentins zufällig daran schnitt, sollten sie aus welchem Grund auch immer in meiner Tasche wühlen.
Die Augusthitze war mir auch aus einem anderen Grund verhasst. Normalerweise ist es ein tolles Gefühl, jemandem körperlich nahe zu sein, dessen Temperatur um die vierzig Grad liegt. Doch jetzt war es anstrengend, genauer gesagt atemberaubend, im wahrsten Sinn des Wortes. Sofort als Istvan das -mitbekommen hatte, reduzierte er jegliche Zärtlichkeit auf ein Minimum, obwohl ich geschworen hätte, dass er genau das nicht wollte. Immerhin waren meine ungeliebten Blutergüsse endlich so gut wie verblasst und ich wollte nicht wegen einer Wetterkapriole meinen Liebhaber verlieren, schon gar nicht, weil er noch soviel mehr war als das. Langsam, aber sicher wurde es zu einer bittersüßen Folter, das Bett mit ihm zu teilen, um zu schlafen . Ganz abgesehen davon, dass man bei dieser Affenhitze noch nicht mal nachts wirklich schlafen konnte .
Ich wünschte mir
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