Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
Vom Netzwerk:
neigte ich meinen Kopf, damit er seinen berührte. Meine Hand streichelte das kurze Haar in seinem Nacken. Ich konnte fühlen, wie er davon Gänsehaut bekam. Das half besser als alles anderer auf der Welt. Ohne ein weiteres Wort stand ich auf, winkte allen kurz zu und kletterte mit Istvan auf meinen Fersen ins Zelt. Dort war es dunkel, merkwürdig eng, aber gemütlich. Ich ließ mich einfach auf die beiden auseinandergefalteten Schlafsäcke in der Mitte fallen und zog an Istvans -T-Shirt, bis seine Brust genau über mir war. Mit einem leichten Druck in sein Kreuz brachte ich ihn zu mir herab. Er senkte seinen Kopf auf meine Brust. Sofort begannen seine Finger abwechselnd über meinen Bauch und meinen Unterarm zu streichen, zu kreisen. Die kleinen, kribbelnden Wellen, die er damit -auslöste, bewirkten, dass ich mich entspannte und die Müdigkeit, die ich lange unterdrückt hatte, zum Vorschein kam. Machte er das mit Absicht? Denn egal, wie sehr ich auch gegen meine schweren -Lider ankämpfte, Istvans Berührung war stärker als mein Wille, wach zu bleiben. Ohne dass ich es wollte, schlummerte ich immer wieder ein. Jedes Mal wenn es mir gelang, die Augen wieder aufzuschlagen, nahm er die Berührungen mit gesteigerter Intensität auf, bis ich letzten Endes nicht mehr anders konnte, als die Augen erneut zu schließen. Aber ich hatte bereits angefangen, auf seinem Rücken dieselben kreisenden Bewegungen nachzuahmen. Auch sein Atmen wurde gleichmäßig und flacher, bis er zusammen mit mir einschlief.
     
    Ich wurde wach, als ich hörte, wie Seiten umgeblättert wurden. Automatisch streifte mein Arm über meinen Bauch, aber das, was dort sein sollte, war weg. Erschrocken fuhr ich hoch. Istvan saß im Schneidersitz in einer Zeltecke und hatte eine Campinglampe mit schwachem Licht vor sich gestellt. Als er mich ansah, legte er sein Notizbuch zur Seite und lächelte schwach. Aber diese Geste kam zu spät. Ich hatte schon den grüble-rischen, dunklen Ausdruck auf seinem Gesicht entdeckt, den er jetzt zu überspielen versuchte.
    Doch bevor ich darauf reagieren konnte, rieb ich mir den Schlaf aus den Augen. Ich wollte ihn fragen, warum er nicht mehr schlief, aber als ich zur Frage ansetzte, wurde ich abgelenkt. Es war mitten in der Nacht, und abgesehen von dem leisen Blätterrauschen im Hintergrund waren nicht die geringsten üblichen Waldgeräusche zu hören, egal wie sehr ich mich darauf konzentrierte.
    „Es ist wieder so still“, sagte ich beklommen.
    „Der Wald schweigt, weil so viele von uns hier sind …“
    „Glaub mir, du möchtest nie mit mir in den Zoo!“ Unglaub-lich, aber es zuckte tatsächlich gefährlich in seinen Mundwinkeln.
    „Ich habe gesehen, wie die Nachbarskatze auf dich reagiert hat. Ich kann’s mir vorstellen.“
    Sofort lachten wir beide, was ihn wieder zu mir zog. Er umarmte mich und lachte kopfschüttelnd, während er sich an mich schmiegte.
    „Kannst du nicht schlafen?“, fragte ich ihn wieder ernst.
    „Nein, überhaupt nicht. Und du? Wieso schläfst du nicht weiter?“
    Ich schenkte ihm einen Das-kann-wohl-nicht-dein-Ernst-sein-Blick , bevor ich mich wieder aufsetzte. Der Schlaf war vorbei. Definitiv. Wieso las er bei diesem schwachen Licht in seinem Notizbuch? Istvan wirkte sehr nachdenklich, fast schon bedrückt. Bedachte man, was uns bevorstand, war das irgendwie verständlich, doch ich wollte es trotzdem wissen. Ich irrte mich, denn es ging anscheinend nicht nur um das, was sowieso offensichtlich war. Es ging um mehr.
    „Etwas stimmt doch nicht. Was ist mit dir?“ Wollte ich die Antwort darauf wirklich wissen? Er atmete tief ein und aus, nahm sein schwarzes Buch wieder in die Hand, nur um es wieder wegzulegen. Er schob es zur Seite und blicke mich direkt an. Verstörend eindringlich.
    „Ja, du hast recht. Etwas macht mir Sorgen, abgesehen von allem anderen …“
    „Was denn?“, fragte ich leise, vielleicht hörte jemand zu.
    „Sein Rudel, die Jüngeren vor allem … ich meine … bin ich wirklich in der Lage, einem von ihnen absichtlich das Leben zu nehmen?“ Er schnaubte kurz. „Farkas? Ohne zu zögern. Dimitri oder Vladimir? Sollten sie auch nur in deine Nähe kommen …“ Seine Augen brannten, als er den Satz unvollendet ließ. Ich bekam Gänsehaut von seiner unverhohlenen Wut. „Aber die jungen, verwirrten Burschen, die keine Ahnung haben, worum es hier geht und was Farkas ihnen antut, was er ihnen alles weggenommen hat … kann es richtig sein, sie dafür zu bestrafen?

Weitere Kostenlose Bücher