Wolfsfieber - Band 2
seine hassglühenden Augen nicht mehr von mir. Lieber hätte ich mich übergeben, als länger in diese kalten Augen zu starren. Aber ich konnte einfach nicht wegsehen. Es war schrecklich. Dann lachte er laut und boshaft auf, als wäre es sein größtes Vergnügen im Leben, mich vor Angst leiden zu sehen. Den Wunsch, mein Messer in die Hand zu nehmen, konnte ich kaum noch zügeln. Aber Serafina warf mir einen schnell warnenden Blick zu, den ich sofort verstand. Noch bevor sie sich wieder umdrehen konnte, stürzte sich der bleiche Dimitri auf die dunkle Schönheit. Ich schrie tonlos auf, als ich es sah, und wurde von Marius hinter seinen breiten Rücken gezerrt.
„Bleib dicht hinter mir!“, brummte er durch zusammengebissene Zähne. Ich gehorchte und hielt mich an seinem Hemd fest. Dimitri schlug hart auf Serafina ein. Sie konnte ihn abschütteln, doch dann hatte es auch noch Vladimir auf sie abgesehen, von dem ich gedacht hatte, er würde Serafinas Lage ausnutzen, um mich und Marius zu schnappen. Doch anscheinend war der Plan ein anderer. Es sah aus, als wollten sie Serafina den Rest geben, vor unseren Augen, damit ich genau wüsste, was auf mich zukommen würde. Ich war mir von dem Moment an sicher, als beide Serafina hochzogen und Vladimir ihr fest in den Bauch trat. Dann zeigte er mit dem Finger auf mich und spuckte in meine Richtung. Dafür brauchte ich keine Übersetzung. Es hieß: Du bist die Nächste! Sieh dir gut an, was wir mit dir machen werden!
Nur würde ich nicht durchhalten. Ich hatte nicht Serafinas wölfische Stärke oder Selbstheilungskräfte. Bei mir würde es noch viel schlimmer aussehen. Ich krallte meine Finger in Marius’ Rücken und versuchte nicht zu schreien, weil ich Serafinas schrecklichen Anblick nicht ertrug. Marius hatte irgendwann angefangen, diese Bestien wild zu beschimpfen. Es brachte ihn fast um, dass er Serafina nicht helfen konnte, weil er Istvan versprochen hatte, niemals von meiner Seite zu weichen, egal, was geschehen würde. Aber das war zu viel. Wir konnten doch nicht zusehen, wie Serafina zu Tode geprügelt wurde. Sie demütigten sie. Es war schrecklich. Mit hartem Knall schickten sie sie auf den Boden, nur um sie dann wieder an den Haaren hochzuziehen. Gegen beide hatte sie keine Chance. Auch wenn sie sich wehrte wie verrückt. Aber egal, was sie tat, es war nicht genug. Jeder ihrer Kratzer an ihnen verheilte sofort und die meisten ihrer Schläge gingen ins Leere. Ich hatte genug. Keine Sekunde länger konnte ich mir diese grausame Vorstellung ansehen. Marius war so geschockt seine Serafina, die er mit aufgezogen hatte, misshandelt zu sehen, dass er nicht bemerkte, als ich losließ und hinter seinem Rücken hervorschlich. Ich versuchte nicht nachzudenken und die Gelegenheit auszunützen, als sich beide über die halb bewusstlose Serafina beugten, um sich ihr Werk anzusehen. So schnell ich als Mensch nur konnte, stürmte ich auf Dimitris Rücken zu und versetzte ihm einen unerwarteten Stoß, der ihn nur leicht schwanken ließ. Als er entdeckte, dass ich es war, die es gewagt hatte, ihn anzugreifen, schubste er mich nur ein einziges Mal mit der flachen Hand an der Schulter. Es genügte, um mich gegen einen zwei Meter entfernten Stamm prallen zu lassen. Ich keuchte auf, als meine Knochen knackten. Marius wich sämtliche Farbe aus dem Gesicht. Er begriff schnell, doch Vladimir war schneller und verwickelte ihn in ein Handgemenge, damit er mir nicht helfen konnte. Serafina lag bewegungslos auf dem Waldboden und ich kniete vor einem schnaufenden Dimitri, dessen wässrig blaue Augen auf mich herabsahen. Für ihn war ich weniger als nichts. Es stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Und jetzt war er bereit dieses Nichts endlich loszuwerden. Ungestüm packte er meine Schulter. Ich schrie auf. Zuerst presste er mich gegen den Stamm, dass ich dachte, das Holz müsste aufspringen, bevor er mich mit beiden Händen über den Kopf hob und auf den Boden warf. Instinktiv versuchte ich mich abzurollen, aber der Aufprall nahm mir die Luft. Auf allen vieren kroch ich von ihm weg. Er machte sich nicht mal die Mühe, seine Schnelligkeit ins Spiel zu bringen. Langsam und tödlich ging er auf mich zu. Er hatte alle Zeit der Welt, um mich zur Hölle zu schicken. Ich sollte jede Sekunde davon miterleben. Aber ich hatte anderer Pläne. So als würde ich aufgeben, rollte ich mich auf den Blättern winselnd zusammen und wartete auf ihn. Dimitri stand über mir und sein fast kahl geschorener
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