Wolfsfieber - Band 2
allzu großen Hoffnungen zu machen, sagst du so etwas und meine Fantasie geht völlig mit mir durch. Ich kann mich kaum noch beherrschen“, schnaubte er, als würde ich es ihm absichtlich schwerer machen. Dann zog er mich erneut an sich, machte aber den Eindruck, als würde es ihm jetzt wieder schwerer fallen, mich um sich zu haben.
„Wie meinst du das? Was mach ich denn falsch? Ich möchte doch nur bei dir sein“, schluchzte ich und hatte Angst, dass unser Wiedersehen eine schlimme Wendung nehmen könnte.
„Nein, nein. Du machst gar nichts falsch“, wandte er schnell ein und schüttelte heftig den Kopf.
„Du verstehst mich falsch. Ich möchte dir, wenn du so etwas sagst, ganz nahe sein. Aber ich weiß einfach nicht, ob es schon möglich ist. Ich muss vernünftig sein, damit ich dich nicht verletze. Es fällt mir schwer, es zuzugeben, vor allem in diesem Moment, aber das Problem ist leider nicht verschwunden. Ich weiß immer noch nicht, nicht wirklich, wie man es kontrolliert. Obwohl ich jetzt verhindern kann, dass es mich jetzt beherrscht. Bisher jedenfalls“, gab er nur widerwillig zu. Ich hätte am liebsten aufgeschrien, als mir klar wurde, dass Farkas, der Dämon-Vater, der ihm das angetan hatte, eine noch viel schlimmere Saat des Übels in Istvan gepflanzt hatte, als ich bisher vermutet hatte.
„Woher weißt du, dass es noch da ist?“, wollte ich von Istvan wissen und versuchte, meine Frage so unbeeindruckt wie möglich klingen zu lassen. Er zögerte mit seiner Antwort. Er rang nach den richtigen Worten.
„Eigentlich will ich dich nicht damit belasten, aber es hat mit deiner Abreise zu tun“, begann er und wurde von mir unterbrochen.
„Abreise? Ich bitte dich. Nenn den Teufel beim Namen. Meine gemeine und niederträchtige Flucht!“, wandte ich mit übertriebenem Sarkasmus und einer gehörigen Portion Ekel vor mir selbst ein.
„Joe, tu dir das nicht an. Wir beide haben Dinge getan, die wir bereuen, die nicht ganz nobel waren“, versuchte seine Honigstimme mich zu besänftigen.
„Hmpf. Das sehe ich anders“, war alles, was ich dazu meinte. „Erzähl erst mal weiter“, forderte ich. Jetzt sprach er schnell, manisch, wie im Fieber.
„Nachdem du abgefahren bist, erinnere ich mich nicht mehr richtig an die erste Vollmondnacht. Ich muss wohl die ganz Nacht gerannt sein. Erst als ich am Morgen aufgewacht bin, ist mir wieder alles eingefallen und der Schmerz kam mit ganzer Wucht. Ich wünschte, ich könnte dir das ersparen. Aber nur so verstehst du es. Als es mir wieder bewusst geworden ist, bin ich sofort nach Hause gelaufen. Ich hatte nicht erwartet, dass es mich so umhauen würde. Mein Haus, ohne dich. Zuerst dachte ich, ich würde mich zusammenreißen. Doch als ich ins Wohnzimmer kam und die Sachen sah, die du zurückgelassen hattest, da bin ich vollkommen ausgerastet. Ich hab alles kurz und klein geschlagen. Meine Wut und Frustration übernahmen die Kontrolle über mich und je mehr ich wütete, desto größer wurden mein Selbsthass und meine Schuldgefühle. Nur deshalb konnte ich es über mich bringen und sogar den Frost-Band zerstören. Ich wollte schon auf die Schallplatten losgehen, da sah ich mein Spiegelbild. Joe! Ich erkannte mich kaum wieder. Diese irisierend grünen Augen eines Halb-wolfes! … Das war nicht ich! Das war das Monster. Ich bekam Panik, als es mir klar wurde. Doch dieses Bewusstsein war notwendig. Nur so konnte ich mich damit auseinandersetzen, es so weit im Zaum halten, dass ich die Schallplatten unberührt ließ. Bevor ich noch mehr verwüsten konnte, rannte ich aus dem Haus, zurück in den Wald. Erst als ich bis zur Erschöpfung gelaufen war, ließ der Zerrstörungstrieb endgültig nach. Ich hatte es einigermaßen unter Kontrolle. Ich dankte Gott dafür, dass du nicht in der Nähe warst!“
Er schloss die Augen und versuchte die Erinnerung, die er gerade noch für mich heraufbeschworen hatte, wieder zu verscheuchen.
Wie immer fühlte ich seinen Schmerz, als wäre er ein Teil von mir. Die Verbindung war nicht im Mindesten schwächer geworden, ganz im Gegenteil. Jetzt da ich wenigstens im Ansatz wusste, wie es ist, ein Monster in sich zu haben, konnte ich seine Ohnmacht noch besser nachvollziehen.
„Ich hatte so für dich gehofft, dass wir es für immer besiegt hätten“, flüsterte ich resigniert und umarmte ihn dabei schwach.
„Ich hatte das Gleiche für dich gehofft“, gab er zu und erwiderte meine Umarmung ebenso zögerlich. Der traurige Unterton in
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