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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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seiner Stimme war schrecklich. Wir versuchten uns gegenseitig zu trösten.
    „Schon in Ordnung. Das ist nicht so schlimm“, log ich in edler Absicht. „Wir finden einen Weg damit umzugehen, solange wir nur …“
    „… zusammen sind“, vollendete er meinen Satz und küsste mich auf die Stirn, die jetzt wieder etwas kühler geworden war.
    Es musste noch immer mitten in der Nacht sein. Etwa drei oder vier Uhr morgens, schätzte ich grob. Ich fröstelte jetzt ein wenig trotz Istvans Nähe.
    „Wir sollten hier nicht länger frieren“, wandte er ein und blickte dabei auf meine Gänsehaut.
    „Wir?“, sagte ich irritiert und lächelte leicht. Als könnte er die Kälte auch nur ansatzweise fühlen.
    „Wie auch immer. Zeit vom Turm zu kommen. Im Lager wartet ein Zelt auf dich. Das hält wenigstens den Wind von dir fern“, meinte er und strich über meine vom Wind zerzausten Haare. Istvan sprang auf und hielt mir seine Hand entgehen, die ich annahm. Dann zog er mich sanft hoch.
    „Weigerst du dich eigentlich noch immer, von mir getragen zu werden?“, fragte er nun mit seinem wiedererstarkten, schiefen Grinsen. Was führte er bloß im Schilde?
    „Kommt darauf an“, schickte ich voraus und wartete auf seine Reaktion.
    „Sagen wir mal, ich hätte es ziemlich eilig, dich auf mein Lager zu betten, und möchte den Weg dazu entscheidend abkürzen. Wärst du dann bereit, deine Bedenken einmal beiseite-zulassen?“, fragte er weiter und sein schiefes Lächeln wurde immer breiter. Beinahe überlagerte es seinen angegriffenen Zustand.
    „Für dich mache ich eine Ausnahme!“, verkündete ich und lehnte meine Stirn an seine.
    „Gut“, kommentierte er meine Entscheidung und schmunzelte weiter.
    Blitzschnell war er zur Brüstung gesaust und winkte mich zu sich. Ich gehorchte, auch wenn meine müden Beine zitterten. Dann, ich konnte es kaum fassen, kletterte Istvan über die Brüstung, stand nur noch auf seinen Zehenspitzen auf dem Holzvorsprung. Ich starrte ihn fassungslos an, als mir dämmerte, was er mit mir vorhatte.
    „Versuch über die Brüstung zu klettern. Ich werde dich sichern, keine Sorge“, sagte er besänftigend. Ich bekam Herzklopfen, eine völlig andere Art davon. Er hörte es und -versuchte, darauf einzugehen.
    „Es wird dir nichts passieren. Vertrau mir!“, verlangte er und diese Bitte ließ meine Zweifel in Rauch aufgehen. Ich ging zu ihm und kletterte mit zaghaften Bewegungen über die Brüstung. Die ganze Zeit sicherte seine rechte Hand meinen Körper. Als ich es über das Geländer geschafft hatte, war sein Arm bereits um meine Hüfte geschlungen.
    „Klettere auf meine Rücken und halt dich so gut fest, wie du nur kannst!“, erklärte er mir und sein warmer Arm half mir dabei. Ich klammerte mich an seine Schultern und presste mich ängstlich gegen seinen Rücken. Mein Atem entwich nur zittrig. Ich erinnerte mich daran, dass mir irgendjemand mal erzählt hatte, dass man in schwindelerregenden Höhen niemals nach unten sehen sollte. Doch jetzt handelte ich meiner Vernunft zuwider und starrte auf den weit entfernten Boden unter mir. Der Schwindel folgte auf dem Fuß. Ich schlang meine Beine noch enger um Istvans Hüfte. Das Blut rauschte in den Ohren. Es musste für ihn noch lauter und unerträglicher sein als für mich. Ich wollte kein Feigling sein, aber gegen diese Urangst kam ich nicht an.
    „Du klingst nicht gut. Sollen wir doch nicht springen?“, fragte er besorgt.
    „Nein, keine Chance. Wir ziehen das jetzt durch. Außerdem möchte ich bestimmt nicht wieder zurückklettern müssen“, sagte ich mit schwacher, aufgebrachter Stimme.
    „Gut festhalten! Es geht los“, warnte er mich und begann seine Finger von der Brüstung zu lösen.
    Mit einer einzigen fließenden Bewegung sprang Istvan mit mir auf dem Rücken in die Luft. Zuerst wurden wir nach oben gepresst, doch dann fielen wir schnell mit einem zischenden Luftstrom um uns nach unten. Der eigentliche Fall dauerte nicht lange. Doch es war genug, um meinen Magen zu heben und zu senken. Auf dem beunruhigenden und zugleich aufregenden Fall breiteten sich meine langen Haare wie ein Cape über unseren Köpfen aus. Der kurze, berauschende Sturz kam mir erst richtig ins Bewusstsein, als Istvans Füße bereits den Boden berührten. So kam mein geräuschloser Aufschrei fast zu spät. Istvan ging noch nicht einmal merklich in die Knie. Ich hatte zwar schon oft gesehen, wie er als Wolf von Stein zu Stein sprang, aber noch nicht, dass er als Mensch

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