Wolfsfieber - Band 2
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Gott, was für ein vernichtender Gedanke. Ich ertrug diesen Schwebezustand nicht. Ich musste seine Stimme hören, auch wenn sie mich anschrie oder im Zorn sprach.
„Istvan“, flehte ich seinen Namen „sag doch etwas!“
Ich flüsterte meine verzweifelte Bitte, auf die ich jedoch keine Reaktion bekam. Er wirkte völlig paralysiert.
„Bitte sag etwas! Rede mit mir!“, bat ich mit trockenen Tränen in der Stimme. Ich war außer mir.
„ Verdammt , sprich mit mir! Schrei mich an!“, forderte ich lautstark und hob meine Hand in seine Richtung. Doch bevor ich ihn erreichte, streckte er seinen Arm an mir vorbei – nein – er schnellte auf mich zu, an mir vorbei. Mit einem lauten Knall landete seine offene Hand an der Holzwand hinter mir und er brachte sein Gesicht ganz dicht an meines. Ich fuhr erschrocken zusammen, war aber genauso aufgebracht, einfach weil er mir endlich so nahe gekommen war.
Der Knall seiner peitschenden Handbewegung war noch nicht verklungen, da erwachten Istvans Stimme und seine Emotionen wieder zum Leben.
„Du. Hast. Mich. Verlassen. Wie konntest du …“, schrie er mir ins Gesicht und verstummte schnell wieder. Er bebte vor Zorn und hervorpreschenden, gekränkten Gefühlen. Sein Kiefer war stark angespannt. Seine Augen? Ein einziges grünes Flammenmeer. Istvan konnte kaum atmen vor Zorn. So hatte ich ihn noch nie gesehen. So viel Blöße erlaubte er sich sonst nie, besonders nicht, seit der Vorfall geschehen war. Ich hatte seine Mauer tatsächlich durchbrochen. Seine Augen brannten förmlich. Er war wunderschön. Sogar im Zorn überwältigte mich seine Gegenwart.
„Istvan, ich wollte nicht … ich habe nie aufgehört, dich zu lieben. Ich liebe dich, hörst du. Über alles. Deshalb bin ich zurück. Deinetwegen“, beichtete ich ihm und fixierte seinen Blick, während mir das Herz bis zum Hals schlug, bei jedem einzelnen Wort meines Geständnisses.
Da kam es zurück. Das Erkennen zeichnete sich in seinem Gesicht ab. Er hörte nicht nur mein Liebesgeständnis oder dass ich die Wahrheit sprach. Er hörte ebenso, wie ich jedes Wort mit meinem Herzrhythmus untermalte.
Im ersten Moment dachte ich, er würde mich umarmen. Das alleine ließ wieder die wilde Gefühlsspirale in mir erwachen. Doch dann schlang sich seine freie Hand um meine Hüfte, riss mich an seinen warmen Körper und er krachte zusammen mit mir gegen die Holzwand, während seine Augen, seine Lippen immer näher auf mich zu kamen. Obwohl alles wahnsinnig schnell ging, mich fast überwältigte, hatte ich das Gefühl, als würde Istvan ewig auf mich zustürmen. In der Sekunde, als sich seine sengenden Lippen auf meinen Mund pressten, wäre ich beinahe in die Knie gegangen. Nur sein fester Griff verhinderte meinen Absturz, obwohl ich jetzt fiel. Ich fiel, aber das Gefühl war schön, weil ich nicht alleine ins Bodenlose stürzte. Zusammen mit Istvan war der Fall ein heißer Vulkanausbruch. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich war auf einen langen, zähen Kampf eingestellt gewesen, an dessen Ende mich vielleicht eine hoffnungsvolle Umarmung erwarten würde und nicht ein alles verzehrender Kuss, der mir drohte, das Herz aus der Brust zu sprengen. Ich rang nach Luft, konnte dabei aber nicht die Lippen von Istvan nehmen. Wir bewegten unsere Lippen gemeinsam in einem warmen Tanz der verschlungenen Münder und Zungen. Ich vergrub meine wild suchenden Hände in seinen wirren Haaren.
Nur mit viel, sehr viel Überwindung zog ich Istvan von mir weg, weit genug, um ihn etwas wissen zu lassen. Doch er interpretierte mein Vorhaben falsch und zog sich sanft von mir zurück. Das allmähliche Loslassen verursachte körper-liche Schmerzen, so als würde ich ein Pflaster gewaltsam von meiner Haut reißen. Aber er ließ mich nicht vollkommen los, wofür ich ein erleichtertes Seufzen ausstieß. Sein rechter Arm blieb noch leicht um meine Hüfte geschlungen. Das gab mir den Mut zu sagen, was ich zu sagen hatte, auch wenn mich das Grün seiner Augen noch immer berauschte. Ich versuchte mich zu konzentrieren, so gut ich konnte, und verdrängte den Gedanken, dass dieser Kuss für ihn vielleicht nur eine impulsive Reaktion gewesen war, nicht mehr.
„Siehst du! Die Welt ist nicht untergegangen“, hauchte ich außer Atem.
„Was? Wie meinst du das?“, fragte er verwirrt und ebenso atemlos.
„ Du hast mich geküsst“, lamentierte ich, während ich abwechselnd auf ihn und mich zeigte. „Und die Welt steht noch. Wie erklärst du dir
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