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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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roch
    ich schon an seiner Spur. Aber ich verstehe die ganze Sache
    nicht. Das Einzige, was ich sicher weiß, ist, dass du Schreck-
    liches nur wegen mir durchmachen musstest. Das ist das
    Einzige, was Sinn ergibt“, sagte er vor sich hin und sah da-
    bei bedrückt zu Boden. Er hatte nun wieder diese schuld-
    bewusste Stimme, die mir Angst machte.
    „Hör auf damit! Wenn du erst weißt, worum es geht, wirst
    du sehen, dass es nur einen Mann gibt, der daran Schuld
    hat, und der heißt Farkas, verstanden?“, warf ich ein und
    machte klar, dass ich nicht bereit war, seine Selbstzerflei-
    schungsattacken zu dulden.
    Als wir am Ende des Weges ankamen, sahen wir, dass der
    versteckte Wagen, den Istvan zuvor gesehen hatte, bereits
    weg war. Er diente Farkas und seinem Helfer vermutlich als
    Fluchtauto.
    „Ich weiß, du hast dich bisher immer geweigert, von mir
    getragen zu werden, auch wenn das viel schneller gegangen
    wäre, aber ich kann dich nicht allein zurücklassen, um das
    Auto zu holen. Das kannst du gleich vergessen. Also muss
    ich dich tragen!“, sagte er und machte, schon allein durch
    seinen festen Blick, klar, dass es zu diesem Thema keine Dis-
    kussion geben würde.
    „Na gut. Aber wir lassen das hier nicht zur Gewohnheit
    werden. Ich bin schließlich ein großes Mädchen!“, merkte
    ich an und hob meine Arme zum Zeichen des Einverständ-
    nisses.
    „Du kannst wohl immer Witze machen. Selbst nach einer
    Nacht wie dieser“, sagte er und schüttelte verwundert den
    Kopf. Dann nahm er mich in die sehr warmen Arme und
    lief, als wäre der Teufel hinter uns her. Vorbei an der hin-
    teren Seite des Sees zu einem Waldpfad, den ich gar nicht
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    kannte. Er führte direkt von Rohnitz über die Forstwälder zu
    dem Wald hinter meinem Haus. Während des ganzen Laufs
    musste ich meine Arme ganz fest um seinen Hals schlin-
    gen, um bei dieser Geschwindigkeit nicht hinunterzufallen.
    Ich ließ auch größtenteils meine Augen geschlossen, da mir
    von den vorüberziehenden Bäumen, den verschwommenen
    Streifen von Braun und Grün nach meiner schlaflosen Nacht
    ganz übel wurde. Er ließ mich erst dann wieder hinunter, als
    wir schon in meinem Garten standen. Istvan hatte sorgsam
    darauf geachtet, dass niemand uns zusah. Vor der Hinter-
    tür des Wintergartens wurde mir wieder bewusst, was noch
    vor mir lag, welche schwierigen Wahrheiten ich ihm noch
    gestehen musste. Ich wurde von einer Minute zur anderen
    ganz schweigsam und bedrückt. Natürlich nahm Istvan so-
    fort Notiz davon. Er fragte mich aber nicht danach. Er ver-
    mutete bestimmt, es hätte mit meinen Erlebnissen in der
    Tal-Mühle zu tun, und wollte mich nicht ausfragen, ehe ich
    selbst davon anfing.
    Ich ging nun ohne ein weiteres Wort ins Haus, den
    Schlüssel hatte ich noch immer im Parka, und ließ ihm
    die Tür offen, damit er mir folgen konnte. Wir standen im
    Wohnzimmer, wo wir noch nie zusammen gewesen waren,
    und ich hatte gleich so ein unbestimmtes Gefühl, dass ich es
    ihm hier niemals sagen könnte. Dieser Ort war viel zu sehr
    mit Familienerinnerungen verbunden, um Enthüllungen von
    solchen Schreckensgeschichten zuzulassen. Ich ging schnell
    aus dem Zimmer, ohne Erklärung, warum ich plötzlich so ge-
    hetzt und durcheinander war. Er ließ mir meinen Freiraum.
    Ich konnte aber ständig seinen besorgten, prüfenden Blick
    auf mir fühlen. Das machte alles noch schwieriger für mich.
    Ich musste einen kurzen Augenblick allein sein, um wieder
    zu mir zu finden, um ein paar Gedanken ordnen zu können.
    „Macht es dir etwas aus, wenn ich dich kurz allein lasse?
    Ich könnte sterben für ein paar frische Klamotten und ein paar
    Spritzer kaltes Wasser“, fragte ich ihn und versuchte mich in
    einem warmen Lächeln, das mir nur gezwungen gelang.
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    „Natürlich nicht. Ich warte in der Küche auf dich. Zieh
    dich um und lass dir Zeit dabei. Kann ich mir ein paar Sa-
    chen von deinem Bruder borgen? Ich werde diesmal be-
    stimmt nicht weggehen!“, stellte er nochmals klar.
    Ich nickte schwach und ging die Treppe zu meinem Zim-
    mer hinauf. Jeder Schritt fiel mir schwer. Meine Füße schie-
    nen aus Blei zu sein. In meinem Zimmer angekommen, fühlte
    ich mich etwas wohler. Die vertraute Umgebung half tatsäch-
    lich, zumindest etwas. Ich zog mir den Parka, den Pullover
    und die Jeans aus, befreite mich von meiner Unterwäsche
    und schlüpfte in ein neues Paar aus Slip und BH. Die erste
    Jeans vom Stapel nahm ich mir und zog sie über. Auf dem

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