Wolfsfieber
eine Karte, auf der ein gelber Punkt blinkte.
„Der gelbe Punkt ist übrigens Woltan. Er ist gerade dran“,
bemerkte sie, auf den Bildschirm tippend, und lächelte.
Istvan schien noch nicht ganz überzeugt von ihrem Plan
zu sein und ich warf Serafina einen flehenden Blick zu, den
sie sofort verstand. Ich hoffte, zusammen mit ihr, Istvan von
der Notwendigkeit ihres Vorgehens zu überzeugen.
„Serafina, ich bin dir, euch allen, sehr dankbar für euren
Einsatz. Aber mal im Ernst, wieso dieses Hin und Her? Wir
sollten ihn direkt angreifen. Zusammen haben wir eine gute
Chance. Wieso dieses unnötige Risiko eingehen?“, fragte er
sie eindringlich, wobei ich immer wieder bemerkte, wie sein
Blick in meine Richtung streifte.
„Istvan, du weißt, dass ich ohne seine Zustimmung nicht
eingreifen darf, und damit würde er, so wie die Dinge liegen,
niemals einverstanden sein. Du kennst doch meinen Vater.
Er schickt seine Familie nur dann in einen Kampf, wenn es
unbedingt sein muss. Und gegen das Farkas-Rudel braucht
er schon einen weiteren Anlass. Würde es nach mir gehen,
könnte ich entscheiden, würde ich diesen Bastard lieber heu-
te als morgen zur Rechenschaft ziehen. Nach allem, was er
sich mit dir, mit euch, geleistet hat!“, stellte sie aufgebracht
fest und ich konnte die Entschlossenheit in ihren dunkel-
braunen Augen funkeln sehen.
„Danke. Du bist eine wahre Freundin. Ich hätte mir aber
denken können, dass Valentin nicht bereit ist, euch in einen
Kampf mit dem Farkas-Rudel zu schicken. Mein alter Freund
liebt seine Familie genauso sehr wie ich meine“, beteuerte
Istvan und legte seinen Arm um meine Schultern, während
er seine andere Hand auf Serafinas Unterarm platzierte.
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„Dann haben wir also einen Plan“, fasste ich zusammen
und schloss erleichtert die müden Augen.
„Ja, den haben wir und er wird funktionieren. Das Ein-
zige, worauf ihr achten müsst, sind die Vollmondnächte. Wir
können unsere Handys dann nicht bei uns behalten, also
solltest du in diesen Nächten in Istvans Nähe bleiben. Ein-
verstanden?“, wollte sie von mir wissen.
„Abgemacht“, versicherte ich ihr und blickte auch zu-
versichtlich in Istvans grüne Augen. „Du bleibst doch heute
Nacht? Wir haben Vorräte für ein Dutzend hungriger Wer-
wölfe!“, bat ich sie mit einem breiten Lächeln.
„Du hast mir nie gesagt, wie witzig sie ist!“, schalt sie jetzt
Istvan freundschaftlich.
„Es gibt vieles, was du nicht über sie weißt“, deutete er
schmunzelnd an und hatte dabei dieses zweideutige Grinsen,
von dem ich schon dachte, er hätte es für immer verloren.
Ich machte uns einen Salat und ein paar Brote. Wir aßen
und Serafina erzählte Istvan alle Neuigkeiten aus ihrer Welt
und von zu Hause. Woltan schien sich wieder verliebt zu ha-
ben, wieder in eine Menschenfrau. Er überlegte, es ihr bald zu
sagen. Sein Vater war natürlich wenig begeistert, konnte aber
den Wunsch seines Sohnes verstehen. Serafina versprach mir
zu berichten, sobald sie selbst wüsste, ob er den Mut dazu ha-
ben würde. Als es fast Mitternacht war, wurde ich hundemü-
de und ging zu Bett. Istvan und Serafina plauderten noch ein
oder zwei Stunden lang. Ich vermutete, Istvan wollte ihr alle
Details der vergangenen Tage berichten, und war mir sicher,
es wäre besser, wenn ich dann nicht im selben Raum wäre.
Ich hatte schon tief und fest geschlafen, auf einem der
ausgezogenen Schlafsofas, als mich Istvans Anwesenheit
weckte.
„Hey, wo ist Serafina?“, wollte ich, mit vom Schlaf beleg-
ter Stimme, wissen.
„Sie wollte lieber unten auf einem der Feldbetten schla-
fen. Sie möchte uns unsere Privatsphäre lassen“, gestand er
zögerlich und leicht schmunzelnd.
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„Nett von ihr, aber sie kann dennoch jedes Wort und je-
des noch so kleine Geräusch von hier hören!“, bemerkte ich
etwas peinlich berührt.
„Es ist der Gedanke, der zählt!“
Ich nickte und winkte ihm mit einem Finger, zu mir zu
kommen. Er folgte meinem Ruf und legte sich an meine Sei-
te. Ich konnte nicht einmal richtig die Augen offen halten,
so schwer waren sie schon von dem Schlaf zuvor. Doch jetzt
suchte ich dennoch, mit geschlossenen Augen, nach seinem
Mund. Sobald ich seine weichen Lippen an meiner Wange
fühlen konnte, presste ich meinen Mund auf seinen und leg-
te mich mit der Schwere meines ganzen Körpers auf ihn. Als
ich mich wieder etwas von ihm entfernt hatte, fragte ich ihn:
„Also darf
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